Geschichten:Elmenbarths Lehre – Funkenflug

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Herberge Fuchsbau im Dorf St. Ancilla, 23. Hesinde 1037 BF, vor der Morgendämmerung

»Silentium.«

Augenblicklich verstummte das wütende Gekreische und Geplapper, als der Zauber seine Wirkung entfaltete und sich über den Käfig aus massiven Eisenstäben legte. Das Wesen darin blickte aus seinen dunklen Augen zunächst irritiert, dann umso wütender im Raum herum, als ihm klar wurde, dass niemand sein Geschrei hören würde.

»War gar nicht so einfach, das kleine Biest zu schnappen«, schnaufte Orrik.

»Egal. Hauptsache, es hat geklappt, und nur darauf kommt es an.« Yelwyn beugte sich zu dem Käfig hinunter und besah sich das kleine Drachenwesen. »Ich habe schon viele Kreaturen gesehen, aber einen Meckerdrachen noch nicht. Der hier macht seinem Namen zumindest alle Ehre – wenn wir ihn denn ließen.« Der Magier legte den Kopf schief, doch die kleine Echse blinzelte ihn nur bösartig an.

Ein wenig hatte er daran gezweifelt, dass dieser Plan Erfolg haben mochte, und n och vermochte er noch nicht so wirklich einzuschätzen, was dort hinter den Klostermauern vor sich ging. Orrik, der Druide, hatte lediglich bei seinen Streifzügen etwas von der Zusammenkunft hinter den Klostermauern mitbekommen und dass es um Steine ging, und Steine interessierten ihn schon immer. Die Gegensätze von Luft und Erz waren Orriks Spezialgebiete, also hatte er darauf gedrängt, mehr herauszubekommen. Yelwyn hatte dem Drängen schließlich nachgegeben, und so waren sie hierher gereist – nur um festzustellen, dass Druiden kaum willkommen waren in Hesindes Hallen. Also hatten sie sich auf das Beobachten und zuhören beschränkt, bis Yasia schließlich den kleinen Drachen entdeckt hatte, der offenbar vom Kloster aus auf Streifzüge ging. Seit diesem Moment war Orrik davon besessen gewesen, das Wesen zu fangen und in dessen Gestalt in das Kloster einzudringen. Er hatte es bereits in Gestalt eines Habichts versucht und bis in den Garten gelangt, doch in die Räume selbst konnte er in Gestalt des Raubvogels kaum unbemerkt eindringen. Der Drache hingegen hatte genau das getan, denn er hatte eine junge Frau als Verbündete, auf deren Schulter er in die Gebäude hineingelangt und auch wieder herausgekommen war.

Yelwyn bedauerte, den Verwandlungszauber nicht selber zu beherrschen. Er hätte versuchen können, als Magier eingelassen werden zu können, doch sein Lowanger Akademiesiegel und die Tatsache, die Zauberkunst des Dämonenmeisters zu beherrschen, hatten ihn davon absehen lassen. Das Risiko war einfach zu groß. Immerhin hatte er die arkane Gabe, während seine Schwester nur wenige Sprüche beherrschte, die allesamt auf Borbarads Kunst beruhten und die sie mangels einer Astralkraft aus ihrem Blut speisen musste.

Neben ihm murmelte Orrik einige Worte, und wenig später schrumpfte der Druide, ledrige Schwingen wuchsen aus seinem Rücken, und mit ein paar noch unbeholfenen Flügelschlägen sprang und flog ein weiteres Drachenwesen auf den Tisch neben den Käfig. Sie sahen, dass der gefangene Meckerdrachen vor Wut schrie, doch der Stillezauber sorgte dafür, dass niemand sonst in der Herberge etwas davon mitbekam.

Yasia öffnete das Fenster, kalte Luft kam herein, und nach ein paar weiteren Flügelschlägen erhob sich der Druide in Drachengestalt in die Luft und flog davon – hinüber zum Kloster.



Texte der Hauptreihe:
P10. Briefe
K83. Zweifel
Autor: Uslenried