Geschichten:Der uralte Bund - Thiomaras Weg

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Kaiserlich Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF

Thiomara sah sich in der Remise erst genau um und näherte sich der Familienkutsche. Wenn alles in Ordnung ist und niemand sie störte, öffnete sie die gesicherte Tür und nahm ein paar Reisekisten aus dem Innenraum und schob sie unter die Kutsche. Sobald sie genug Platz hatte, schlüpfte sie in die voll gestopfte Kutsche und schloss die Tür. Im Sichtschutz der aufgehängten Kleider, schaute sie in das geheime Diplomatenfach, dessen Giftnadel sie vorher entsicherte. Sie holte den Fuchs hervor und stellte ihn auf eine Kiste vor sich ab. Daneben platzierte sie ihren Schminkkoffer und suchte in seinen tieferen Fächern nach etwas, das ihr die Nerven beruhigte. Sie nahm sich einen halbe Stunde für eine kleine Entspannung und betrachtete sich im Spiegel. Was für ein Phexisches Spiel ihr doch geboten wurde. Dann zog sie sich um und vollzog mit neuem Gewand und ihrem Farbkasten eine Typveränderung.
Am Ende der Verwandlung schob sie den Fuchs in einen schwarzen Beutel, der sich im schwarzen Faltenrock versteckte. Sie schaute sich in den tieferen Fächer ihres Schminkkoffers nach hilfreichen Mittelchen um und legte lange Haarnadeln aus Mahagoni und Stahl für eine strenge Frisur bereit. „Lange nicht gesehen“ begrüßte sie die Person im Spiegel, als sie zufrieden war. Dann schob sie ihr Schminkutensiel wieder unter die Kisten, die den meisten Innenraum ausfüllten. Nach dem Thiomara von Amselhag für diese Scharade optisch ausgelöscht war, entstieg eine strenge, biedere Hauslehrerin die Kutsche, wie sie an den Garether Höfen gerne für Zucht und Ordnung der Adeligen Jugend gesehen wurden. In der Tat hatte sich Thiomara in ihren ersten Jahren im Schlund in dieser Tätigkeit versucht. Aber ihre labile Psyche hatte leider Damals nicht lange mitgespielt. Sehr zum Leid ihrer Zöglinge, die ihre Strenge zu spüren bekamen. Sie hob die Kisten wieder in den Innenraum und schloss die Kutsche ab. Als Haus- und Tanzlehrerin fragte sich Frau von Eggtal wegen einer angeblichen Anstellung bis zur Entourage des geltungssüchtigen Wägevogtes Germuth von Königslinden durch. Vor dem Morgigen Ereignis, versuchte vielleicht noch Jemand aus dem Umfeld ein paar Schnitzer aus dem zur Schau geführten Nachwuchs zu bekommen und war sicher froh, wenn sich eine erfahrene Dame aus dem Niederadel anbot, diese Aufgabe zu übernehmen, damit man selber sich den Feierlichkeiten widmen konnte.
Erkenntnisse aus den Gesprächen mit den Schwestern:

"Du weisst doch Edala, Vater will endlich eine gute Partie für sich finden ... du bist nicht mehr die Jüngste. Du hättest schon längst heiraten sollen, aber da in Neerbusch, da zählen doch nur Rahjas Gaben. Vater und Mutter sind nicht glücklich mit deinem Lebenswandel!"

Zulias Stimme klang vorwurfsvoll, als habe sie die Wünsche ihrer gemeinsamen Eltern verinnerlicht. Auch im Allgemeinen schienen sich die Schwestern sehr unähnlich zu sein. Es trennte sie mehr als sie verbannt.

"Du bist doch nur neidisch", ätzte Edala zurück. "Neidisch auf meine Schönheit und meinen Erfolg!"

"Erfolg? Du bist die Hure eines der Ritter des Bräutigams, worauf sollte ich da neidisch sein?"

Es folgte ein Keifen und Haareziehen.

Die Hauslehrerin knallt mit der Hand eine Münze laut auf den Tisch um die Aufmerksamkeit der beiden Damen zu erlangen, bevor sie in eine handfeste Keilerei übergingen, wie zwei Stallburschen. Sie stellt die Münze auf und lässt sie mit einem Schnipsen der Finger auf dem Tisch rotieren. Die Münze dreht und dreht sich während Frau Eggtal spricht.
„Zwei Seiten einer Münze. Die eine von Rahja gesegnet, die andere vom Herrn des Lichtes. Wie stolz eure Eltern sein dürfen so gesegnet zu sein. Neid und Hochmut sind Untugenden und so solltet ihr eure Zankerei doch bitte unterlassen, um euch am Hofe nicht lächerlich zu machen. So wie sich der Reigen der Zwölfe bei Liebe und Gesetzt schließt und die freudlose Leere überspannt, so last nicht den Zwist des Namenlosen zwischen euch geraten. Den der Gekettete spaltet und lacht gerne über so törichte Zankerei, an deren Ende es nur zwei Verliererinnen gibt. Zusammenhalt macht Familien, genauso wie den Reigen der Zwölfe stark.
Edala hat sicher alles Nötige in Neerbusch gelernt um eine gute Partie für einen Edelmann zu sein und Ihm Lebensfreude und einer guten Erblinie Nachwuchs zu schenken, so wie es der göttlichen Ordnung angenehm ist. Und du Zulia, wirst dem Herrn des Lichtes und deinem Haus zu einer guten Dienerin heranwachsen und deinen Weg gehen. Da bin ich mir sicher. Beides wichtige Rollen im großen Spiel, die beide ihre Bürden haben, die ihr mit Würde tragen werdet.“ Die Hand schlug auf die Münze und begrub ihren Tanz. „ Und nun werden wir uns etwas bewegen, meine Damen. Mal schauen ob man in Neerbusch auch das Hoffische Tanzspiel gelernt hat und ihr Zulia das komplexe Reglement dahinter verstehen könnt. Ohne Regeln, keine Ordnung! Ohne Freuden keine Grazie! Beides wird der Tanz euch lehren. Also auf auf. Der Tag ist Kurz.“ Frau Eggtal klappste in die Hände und scheuchte die Damen in den Tanzraum in dem sie die Beiden ordentlich ins schwitzen brachte.

Als Frau Eggtal Zulia mit ein paar Beinübungen an einem Stuhl an einer Wand stehen ließ, um mit Edala an der anderen Zimmerseite Haltungsübungen zu dozieren, wollte sie doch mehr über deren Liebsten wissen. „Was für eine Grazie, was für ein gesegneter Körper. Wer ist den der Liebste dem ihr euer Herz geschenkt habt? Hat euch etwa der stattliche Ugdalf vom Berg mit seinem Minnegesang umgarnt?

Edala errötete und lächelte verlegen.

"Ein Berg ist doch eine Gute Partie. Was hat eure Schwester nur? Erwidert er eure Liebe den auch. Nicht das ihr nur eine seiner Spielerein seid. Dazu solltet ihr euch zu schade sein. Vielleicht müssen wir da sonst etwas nachhelfen." Die Tanzlehrerin zwinkerte der Schönheit verführerisch zu.
„Zulia sagt, er sei nur im Namen der holden Rahja, nicht aber im Namen Traviens an mir interessiert. An den Höfen wird getuschelt, er sei sehr umtriebig. Aber das ist mir egal, ich will ihn für mich gewinnen. Versteht, er ist der Bruder des Oberhauptes der Kaisermärker Bergs, also eine sehr gute Partie.“
„So einen feurigen Hengst muss man sich zähmen! Da wäre es doch gut wenn man gutes Zaumzeug hätte und ich habe da so etwas gehört. Aber dafür brauchen wir vielleicht die Hilfe deiner Schwester. Lass mich mal machen. Mach du nur deine Übungen weiter und stell dir vor, Seine Augen würden auf dir ruhen.“ Die Tanzlehrerin zwinkerte ihr noch einmal zu und ging dann zu ihrer Schwester hinüber, die sich fast am Stuhl umbrachte.

Die Dame stellte sich zu Zulia und gab ihr ein paar Verbesserungsvorschläge. Sagt dann aber in vertraulichem Ton, so das ihre Schwester am anderen Ende des Zimmers nicht mithören konnte. „Meine Liebe, setz dich bitte kurz. Mir scheint dir schwirrt zu viel im Kopf herum. Ich habe das untrügliche Gefühl, das hinter dem Zorn auf deine Schwester mehr steckt. Ein staatlicher Herr wie der von Berg ist doch eine gute Partie und eure Familie würde von einer Verbindung sehr profitieren. Du bist die Zweitgeborene, die in der Praios gegebenen Ordnung ihren Platz einnehmen muss. Das ist bestimmt nicht immer leicht. Aber du bist doch auch von den Göttern mit Gaben gesegnet, für die du dankbar sein solltest. Deine Mutter hat dir einen respektable Karriere ermöglicht und du hast ein gutes Auge auf die Geschicke deiner Familie. Wenn du deine Schwester mit deinem Talenten leitest, wird ihr Aussehen eurer Familie Wege öffnen, die eine von Euch alleine nicht gehen kann. Oder stört dich etwas anderes an dem Liebesglück deiner Schwester?“

„Es geht hier nicht um mich oder meine Fähigkeiten, Frau von Eggtal.“ Zulia warf ihrer neuen Haus- und Tanzlehrerin einen strafenden Blick zu. „Meine Zukunft liegt in der Hand des Götterfürsten und wenn es ihm gefällt, wird er mich in der Hierarchie seiner Kirch emporheben. Es geht um unsere Familie, aber was wisst Ihr schon davon. Der Berg wird meine Schwester niemals heiraten, dafür sind die Sitten am Hof von Neerbusch zu verkommen.“

Die Tanzlehrerin setzte ein nachdenkliches Gesicht auf und nickte dem Mädchen zu. „Eure Familie möchte also eine gute Partie unter Travias Namen für eure Familie gewinnen. Aber eine gute Partie, wie einen von Berg, traut ihr eurer Schwester nicht zu, da sie, wir ihr meint, die falschen Ideale lebt. Ein Dilemma wie mir scheint, das ihr erst lösen müsst. Dabei ist Rahja aber eine gleichberechtigte Göttin im Reigen der göttlichen Ordnung, so wie Boron für die Toten sorgt und Travia für die Treue einer Beziehung steht. Ich weis nicht wie es dazu kam das eure Schwester nach Neerbusch ging. Ich glaube aber an die göttliche Fügung und ergebe mich gerne dem Gedanken, das alles so richtig ist, wie es kommt. Nur ab und zu prüfen uns die Götter in ihrem Treiben. Wenn es jetzt euer Prüfstein sein sollte, eure Schwester auf einen Travia gefälligeren Pfad zu lenken, wie würdet ihr es bei diesem Dilemma anstellen, das eure Schwester nicht zu euren Vorstellungen passt?
Ich hatte vor ein paar Tagen die Gelegenheit über die Dogmen eurer Kirche mit Ehrwürden Silvano von Hagenau-Ehrenfeldt zu diskutieren. Er erteilte mir eine großartige Lektion seiner praiosgefälliger Demut und Toleranz gegenüber anderen Aspekten des Zwölfgöttlichen Pantheons. Vielleicht solltet ihr einmal mit ihm sprechen. Mir hat der gute Mann zumindest sehr geholfen und so will ich hoffen das es göttliche Fügung ist und ich euch beiden etwas helfen kann.

Ich glaube, und da greife ich auf ein bewegtes Leben zurück, das man einen Heißsporn wie den Herrn vom Berg erst gewogen machen und dann fangen und zähmen muss, bevor man ihn in Travias Hafen lenken kann. Genauso wie man die Liebe die in eurer Schwester entfacht ist doch zu etwas gutem Leiten kann und sie mit einer guten Verbindung auch, so die Götter es mögen, an einen gesitteten Hof und zu einem gesitteten Lebenswandel führen kann. Da wäre es doch von Vorteil, wenn man dem Zukünftigen etwas gutes tut kann, in dem man die Wahrheit über eine missliche Lage ergründet und für den Anfang schon mal so etwas wie Dankbarkeit erntet. Denn im Treiben der Götter fügen sich manchmal Begegnungen wie sie nicht von Zufall sein können. Daher erlaubt mir euch im Vertrauen an etwas Teilhaben zu lassen.
Eine Frau wie ich kommt dieser Tage herum, müsst ihr wissen. Bevor ich diese Anstellung bei euch bekommen habe, durfte ich einer der Perricummer Amazonen ein paar Lektionen geben. Und diese hatte genau so ein Dilemma wie ihr in ihrem Kopf. Sie vertraute mir an, das den jungen Herren am Vorabend der Jagd ein kleines Missgeschick bei einem alten Brauch geschehen ist und dabei etwas Wertvolles verloren ging. Die jungen Herren sind aber wohl möglich Opfer einer Intrige geworden und sie trifft nicht die Schuld, die ihnen nun angelastet wird. Wenn man jetzt bei der Lösung dieses Problems behilflich sein könnte, so würde man doch sicher nicht nur Dankbarkeit ernten. Man würde auch gute Zügel in die Hand bekommen, mit denen man sich einen Ehegatten gewogen, ja vielleicht sogar in Travias Sinne etwas gefügig machen könne, auf das er eure Schwester, trotz ihrer vermeintlichen Defizite, zu sich an den Hof nehmen mag. Dazu müsste man aber ergründen, was in jener Nacht wirklich geschehen ist und die Praios gefällige Wahrheit zu Tage bringen. Und ich habe das Gefühl, das mich die Götter in das richtige Haus eingeladen haben. Aber vielleicht bin ich auch nur eine zu geschwätzige Hauslehrerin und wir sollten schnell weiter an eurer Haltung für den Ball arbeiten und sehen wen sich eure Schwester angelt. Ihr anständigen Mädchen wisst ja bestimmt nicht viel über den Abend vor der Jagd.“ Die Lehrerin korrigierte Zulias Haltung mit geschickten Händen.

Die junge Praios-Novizin hörte dem Gesagten regungslos zu. Einzig als der Name Silvano von Hagenau-Ehrenfeldt fiel, zuckte kurz missbilligend ihre rechte Augenbraue nach oben. „Ihr seid also mit dieser Person bekannt und verkehrt mit ihm? Ich sollte meinem Vater mitteilen, dass Ihr offenkundig nicht der richtige Umgang für uns seid. Ihr solltet lieber der wahrhaftigen Lehre vom ehrenwerten Custos Lumini Praiobur Neiding folgen. Ehrwürden Neiding sieht die theologischen Ausführungen Bruder Silvano sehr kritisch, zu progressiv und am Rande der Lehre des Götterfürsten. Womöglich gehört er gar zu diesen Ketzern mit ihren kruden Irrlehren.“

Zulia machte eine kurze Pause und fuhr dann fort. „Für den Adel haben einige Götter einen höhere Bedeutung als andere. Der Götterfürst geht selbstverständlich an oberste Stelle, das besagt schon sein Name, denn ohne seine göttliche Ordnung wäre nur Chaos. Frau Rahjens Belange sind für eine adelige Vermählung eher von nachrangige Bedeutung, Travias Treue hat Vorrang, will man doch sicherstellen, dass die Nachkommen auch die eigenen sind. Daraus ergibt sich, keine Hilfe wird meiner Schwester ihr Schicksal ersparen. Sie hat den Pfad gewählt, der nicht in eine standesgemäße Ehe führen wird. Aus diesem einfachen Grunde sind die Missgeschicke besagter junger Männer für uns nicht relevant, da sie nicht die Vergangenheit zu ändern vermögen. Und ja, selbstverständlich habe ich am Vorabend der Jagd geruht.“

„Eure verehrte Mutter wies mich an euch zu unterrichten. Wenn ihr meint das ich der falsche Umgang für euch bin, weil ich mit einem Geweihten des Herrn sprach, können wir das gerne gemeinsam besprechen. Als ich zum Gebet den Tempel aufsuchte, war nun mal dieser Herr Hagenau-Ehrenfeld dort. Und er war zu gegen als ich mich über diese lästerlichen Zettelchen der Bekenner die überall in der Stadt auftauchen aufmerksam machen wollte. Ich fand bei meinen Gebeten an den Herrn an verschieden Tagen diese Ketzerischen Nachrichten in der Klaue der Ucuri Statuette der Pfalzkapelle und machte gleich darauf aufmerksam. Ich kann euch etwas beruhigen. Er ist nur Branniborer und genießt scheinbar das Vertrauen der . Eine sehr pflichteifrige Gastgeberin, die sicher keine Ketzerei an ihrem Hof zulässt. Wenn man nur die Zeit fände, dort auf der Pfalzkapelle ein Auge auf die Statuette des Ucurie zu halten und den oder die Übeltäter auf frischer Tat zu ertappen, wie sie diese Schmierereien dort an der Greifenklaue hinterlassen. Der Custo Lumini würde es einem sicher danken und sein gerechter Zorn die Ketzer strafen. Achtet doch vielleicht mal auf die Statuette des Ucuri in der Pfalzkapelle, wenn ihr euch zu euren Gebeten begebt. Vielleicht könnt ihr eure Schwester dabei wenigstens in eure Gebete einschließen. Vielleicht geschieht ja doch noch ein Wunder und sie findet eine guten Weg. Mit eurem Bruder kommt ihr aber Beide gut zurecht?“

„Braniborier oder Bekenner, das ist einerlei. Vermögt Ihr zu sagen wo die Grenze ist?“ Die Novizin des Götterfürsten blickte ihre Lehrerin prüfend an und fuhr dann ungerührt fort. „Mein Bruder? Den bekommen wir nicht viel zu Gesicht seit seiner ritterlichen Ausbildung in Gareth. Er ist eher ein Stadtmensch.“

Die Dame schaute sehr verstehend. “Dann freut ihr euch sicher , das er heute wieder zu Gast ist? Aber zurück zu unserem Diskurs über die Glaubensnuancen. Wenn ich wüste wo die Grenzen der wahren Glaubensmeinung liegt, würde ich hier im Ornat einer Priesterin euch gegenüber sitzen und davon predigen. Dafür wurde ich aber nicht von eurer Mutter bestellt. Als Leihin scheinen mir die Grenzen nach der Qanionsquest da aber nicht mehr so scharf zu sein, wie man es sich gerne wünscht. Um so mehr brauchen wir Gläubigen, so im Glauben gefestigte junge Damen wie euch, die sich auf die Suche nach dem rechten Weg machen und die uns bald die Grenzen vermitteln können. Heute hat mir eure Mutter jedoch das Vertrauen geschenkt, eure doch schon recht ordentliche Konversationsfähigkeiten für den Festakt abzurunden und euch die nötige Außenwirkung nahezulegen.“
Die Freundlichkeit floh aus dem Gesicht der Hauslehrerin vor einer Strenge, die klar machte wer hier das sagen hatte und einem Custos Lumini Neiding in nichts nachstand. „Denn eine Grenze die ich kenne, wird sein, das ihr auf dem Fest bestimmt nicht mit eurer Schwester oder noch schlimmer mit hochgestellten Gästen über Glaubensfragen in Zank ausbrecht, wie ich es eben bei Tische erlebt habe, nur weil euch jemandes Gesinnung nicht zusagt. Das ist nicht der rechte Ort!“ Die wohlwollende Freundlichkeit floss wieder in ihre Züge und wusch die Strenge fort bevor sie weiter auf das Kind einsprach. „Damit euch so ein Fauxpas nicht geschieht und ihr euch wohl möglich von einem Gecken aus der Reserve locken last und die Kontenance verliert, erlaubt ihr mir sicher, euch weiter zu fordern und zu strapazieren damit wir eure Konversationsfähigkeit optimieren.
Nun also nehmen wir das Thema wieder auf. Die Bekenner scheinen eine zerstrittene Gruppe von Aufwieglern zu sein. Sie nehmen den Unmut des einfachen Volkes, kleiden ihn in ein scheinbar dem Praios gefälliges Gewand und verbreiten damit Unruhe und Angst. Wenn es eine Linie gibt, würde ich sie auf der falschen Seite einordnen. Der verehrte Custus Lumini Neiding ist ein Traditionalist der fest im Glauben ist. Er ist sicher auf der rechten Seite. Aber erreicht er die Menschen mit seiner Art seinen Glauben zu vermitteln? Die Seneschallin hat mit Ehrwürden Hagenau-Ehrenfeld und von Eichstein zwei mildere Vermittler einer Glaubensrichtung zu sich an den Hof gerufen, die sich von den Bekennern unterscheiden wollen. Das die beiden Herren auf der falschen Seite stehen mag ich nicht zu sagen. Aber das Tun der beiden scheint mir doch vom Herrn gesegnet zu sein. Sonst wären sie nicht mit dieser unangenehmen Geschichte beauftragt worden. Scheinbar steckt ja mehr hinter diesem Bekennerschreiben das ich bei meinem Gebet gefunden habe.“ Die Hauslehrerin wurde kurz nachdenklich.