Geschichten:Der uralte Bund - In die Finsternis I

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Pfalz Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF

Nach anfänglichem Zögern hatte Yolande ihre Liebste in der Schwärze des Kellergewölbes zurückgelassen und war die steinernen Treppen hinauf in den Burghof geeilt. Hier wollte sie auf Salix von Hardenstatt warten. Mit Unbehagen blickte sie auf den Karren, der immer noch vor dem Bergfried stand, nun aber verwaist war. Schnell wandte sie ihren Blick wieder ab und hielt auf dem Hof Ausschau nach dem Perricumer Adligen. Ihre langen, blonden Haare fielen auf ihren Mantel, unter diesen sie einen Wappenrock in den Reichsforster Farben trug.

Es sollte auch nicht lange dauern und der Erwartete erschien mitsamt eines etwa 14 jährigen Jungen im Schlepptau vor dem Bergfried. Der Perricumer hatte blonde, kurze Haare und trug einen braunen, fast bodenlangen Mantel mit Pelzbesatz. Der Junge war in einfachen braunen Gewändern gekleidet und hatte struppiges, kastanienbraunes Haar. Yolande und Salix begrüßten sich, wechselten ein paar Worte miteinander und machten Anstalten wieder in den Bergfried abzutauchen, als der Hausritter Aldemar von Plitzenberg schnellen Schrittes auf die Drei zueilte – gefolgt von einem fast zwei Schritt großen Mann mit kahlgeschorenen Schädel, der eine klassische Geweihtentracht des Götterfürsten trug.

Plitzenberg stellte den Hünen den anderen im Vorbeigehen vor. „Frau von Raukenfels, Herr von Hardenstatt, das ist Euer Gnaden Wilbur von Eichstein. Ich muss zugeben, er ist nicht der Praiosgeweihte den ich gesucht habe, aber“, Aldemar holte tief Luft, „ein Praiosgeweihter ist schließlich ein Praiosgeweihter und die Seneschallin verlangt nach einem Praiosgeweihten. Wir sollten uns nun wieder in die Totenkammer begeben und auf die Seneschallin warten.“

Der Geweihte des Praios nickte den Anwesenden kurz zu “Wilbur von Eichstein, Lichtträger der Kirche des Götterfürsten” stellte er sich kurz vor, dann folgte er dem Hausritter weiter in das Gebäude hinein.

Etwas gehetzt scheuchte der Hausritter Yolande, Salix und Wilbur in den Bergfried. Der junge Lingmar, entschwand derweil auf ein Zeichen seines Herrn hin in der Menge. Nachdem die Herrschaften die Treppe hinunter gestiegen waren, blieben sie vor der Tür zum Kellergewölbe stehen, vor der die beiden Hausritter Ischtan und Danos Wacht hielten. Offenkundig war der Seneschallin sehr daran gelegen, die delikate Angelegenheit eher in der Dunkelheit des Kellers zu belassen.

Auf ein Nicken des Plitzenbergs hin, öffneten die beiden Wache Stehenden die Tür und Aldemar, Yolande, Salix und zuletzt Wilbur schritten hindurch. Ein Aufruhr hinter den breiten Schultern des hünenhaften Praiosgeweihtem, fing die Aufmerksamkeit der Gruppe und ließ sie zur bereits durchschrittenen Tür umblicken. Dort stand ein junger Mann mit leicht maraskanischen Gesichtszügen, langen schwarzen, zu einem Zopf gebundenen Haaren und einem ausladenden Vollbart, den die beiden Wachen offenbar nicht durchlassen wollten.

"Ich bitte die Herrschaften um Verzeihung. Wenn ich mich vorstellen darf, Anaxagoras von Amselhag. Ich müsste dringend mit der Boroni über die Leiche mit der abgeschnittenen Zunge sprechen. Da ich annehme, dass sie auf dem Weg zu derselben sind, würde ich mich gerne anschließen."

„Woher…?“, entfuhr es Yolande von Raukenfels sichtlich entsetzt, da selbst die grausamen Details der Tat bereits bekannt geworden waren zu sein scheinen, als wäre der Mord an einer Geweihten nicht schon genug des Übels, „Ich denke Ihr könnt mit Ihro Gnaden sprechen. Ich denke, das geht. Darüber hinaus war es ohnehin angedacht, dass sich ein Magier die Tote einmal genauer ansieht. Nur um sicher zu gehen…“ Sie blickte etwas fragend in die Runde. „Vielleicht könntet Ihr dies tun?“

Der Magier musste schmunzeln. "Ich nehme Euer Woher… dankend als meine Empfehlung an und bringe gerne meine bescheidenen magischen, wie auch anatomischen Fähigkeiten mit ein um dieses Verbrechen aufzuklären. Nun müsste ich aber doch recht dringlich mit der Rabenpriesterin mit der Narzisse im Wappen etwas vertraulich besprechen. Es würde mir sehr helfen, wenn man mir auf den Weg so detailliert wie möglich erläutern könnte, wie die Leiche aufgefunden wurde, ob die Verstorbene oder jemand von ihnen im Besitz einer verstümmelten Fuchs-Statuette ist oder welche Spuren sie bisher gesichert haben. Bei der Schönheit der Welt, das könnte interessant werden.”

“Ähm”, machte die Raukenfelserin da nur, weil sie das Wort Schönheit in diesem Kontext doch irgendwie unpassend fand, “ja.”

Der Perricumer setzte ein freundliches Lächeln auf, machte einen Schritt zur Seite und deutete an sich vorbei, “ah Ihr wollt ebenfalls zu Ihre Gnaden ni Rian dann folgt uns, wir wollten gerade aufbrechen”. Dann sah er kurz die Ritterin an und fügte hinzu, “tatsächlich befindet sich, meines Wissens nach, eine entsprechende Statuette im Besitz der genannten Geweihten”.

“Ja, so ist es”, bestätigte Yolande, “Der Schweif ist abgebrochen. Bisher konnten wir nicht herausfinden, wer ihr diese Statue hat zukommen lassen. Wir wissen sonst auch kaum etwas über die Bedeutung, obwohl wir - wie wohl die Tote auch - es durchaus für möglich halten, dass es sich hierbei um einen Hinweis auf eine mögliche Bedrohung für die Winterhochzeit handeln könnte. Genaueres wissen wir allerdings nicht. Die Vermutung liegt daher naher, dass Ihre Gnaden Pilperquell ihr Wissen mit dem Leben bezahlt hat. Vielleicht hatte es bereits mehr herausgefunden als wir…”

“Eine weitere Statue eines Fuchses? Interessant”, äußerte sich der Praiosgeweihte, während er der Gruppe ebenfalls weiter folgte.

Der Magier nahm die Einladung mit einem freundlichen Nicken dankend an und schritt an die Seite der Ritterin und quasselte gleich los.

“Ich vermute, die Suche nach den Überbringern wird recht mühselig und nicht direkt zum Donor führen. Jemand hat sich sehr viel Mühe beim Hinterlassen der Statuetten gemacht, um nicht selber in Erscheinung zu treten. Beim Hinterlassen eines Fuchses gab es eine Erpressung, mit einem nahezu ungefährlichen Gift das nur zu einer Vomitis bei zwei Hunden führte und einem Heiltrank als Gegenmittel. Nicht gerade sehr skrupellos. Eher aufwändig, rücksichtsvoll, bedacht geplant. Dabei haben wir jedoch einige Spuren gefunden. Ein Gift, ein Heiltrank ein Erpresserschreiben mit Anweisungen und wir suchen noch eine kleine, ältere Frau mit weißen Haaren und einem auffälligen Amulett. Wenn alle Übergaben ähnlich über verschiedenen Mittelsleute abgelaufen sind, braucht es ein großes Netzwerk und sehr viel Aufwand für simple Specksteinfiguren, deren Botschaft sich noch nicht ergründen lässt. Es scheint als habe man bestimmte Personen für etwas ausgewählt und markiert.”

Die Raukenfelserin nickte. Jemand mit einem auffälligen Amulett? Von so jemanden hatte der Wirt erzählt. Und eine ältere Frau? Ob sie ihr Haar braun gefärbt hatte?

“Verstümmelte Füchse deuten auf jemand hin, der etwas gegen Jemanden hat, der den Fuchs als Zeichen trägt. Da fallen mir das Haus Gareth, das derzeit zum Ehebund gut vertreten ist, das Fuchsrudel, das auch gerne um so ein Ereignis von politischer Strahlkraft herum tollt, die in der Fehde aktive Kaisermark oder die Phexkirche, in deren hochheiliger Halle die Trauung vollzogen werden soll, ein. Die Figuren gingen unterdessen, wie bisher bekannt, alle an weibliche Gäste von Außerhalb und mit einem gewissen Stand. Die Frage ist wie viele Figuren im Spiel sind. Wir haben derzeit also einen Schweiflosen, einen Nasenlosen und einen Pfotenlosen Fuchs. Drei ist die Zahl des Phex. Aber man kann nicht ausschließen das wir noch nicht alle kennen. Wenn man überlegt was man einer solch kleinen Statuette aussagekräftig abbrechen kann, grenzen sich die Möglichkeiten ein. Da der Fuchs auf den Hinterpfoten sitzt tippe ich auf maximal vielleicht Sechs, wenn man sich mühe macht die Augen auszustechen sogar acht Möchlichkeiten. Gleichgewicht, Spürsinn, Tastsinn? Oder auf was möchte man uns nur deuten. Wenn man so heran geht, könnte man noch ein Ohr abbrechen und ein Auge. Also sind eventuell noch zwei Statuetten im Umlauf. Und wie machen wir weitere mögliche Fuchsbesitzerinnen ausfindig. Und was könnte dahinter stecken.“

An der Stelle unterbrach der Geweihte des Praios kurz: “Eine Statuette ohne Ohr fand sich in der Tat vor kurzem im hiesigen Praiostempel der Pfalz. Sie stand vor dem Portal, maß ungefähr einen Spann in der Höhe, bestand aus Speckstein und ihr fehlte ein Ohr.”

"Aha. Wer hat die Figur denn wann dort stehen sehen und hat euch davon unterrichtet und wer hat sie dann genommen?"

“Ich habe die Figur wie oben schon gesagt dort selbst gesehen, als ich den Tempel gerade verließ. Über den Verbleib kann ich allerdings nicht berichten, da ich selbst sie nicht mitnahm. Ob es noch weitere Personen gab oder sich gar jemand fand, der sie mitnahm, kann ich euch nicht sagen, denn zum Zeitpunkt der Entdeckung habe ich dem noch nicht sehr viel Bedeutung beigemessen.”

“Was könnte man zu möglichen Motiven sagen? Mir ist zu Ohren gekommen das der Bräutigam und seine Kumpane am vergangenen Abend eine phexgefällige Tradition seines Hauses abgeschlossen haben, bei der es wohl auch recht feucht fröhlich zuging. Bei einem alten Haus wie den Gareths gab es bestimmt alte Rituale von Vorherrschaft, Dynastie und alten Bünde, die nach Korgond wieder mehr Beachtung finden. Aber eine Leiche passt nicht zu einem Junggesellenbrauchtum oder einer phexgefälligen Quest vor der Zeremonie im Rakulus Tempel. Verstümmelungen eines heiligen Tieres und Störung einer heiligen Zeremonie könnte man geistig verwirrten Okkultisten zutrauen, die ansonsten immer noch auf der Suche nach einem Namen für ihren irren Götzen sind. Aber die wären bei der Erpressung vermutlich skrupelloser vorgegangen. Das es etwas mit den Bekennern zu tun hat, schließe ich erst mal aus.” Anaxagoras schaute zu dem kahlen Priester empor.

“Verzeiht, mir ist die Botschaft die die Ucurie Statuette im hiesigen Tempel des Lichtes in der Klaue hält bekannt geworden. Ein herrliches Rätsel. Aber vielleicht sind wir da nur über einen philosophischer Gedankenaustausch von verschiedenen Braniborischen Strömungen gestolpert, die uns nun ablenken und nichts mit den Füchsen zu tun haben. Aber wir sollten die Braniborer oder gar eine Bekenner Sekte im Hinterkopf behalten. Genauso wie wir die blutrünstigen Schmierereien im Rondratempel erstmal ignorieren.

“Oh, erzählt gerne mehr - ich hatte gar nicht viel Gelegenheit, mich mit dieser Geschichte zu beschäftigen. Was für eine Art Rätsel gibt es denn dort?"

"Beim Fuchsrudel bin ich mir sicher, das es als großes Solches nichts mit den Statuetten zu tun hat, nicht aber bei einzelnen Kreisen oder Personen innerhalb des Rudels, die vielleicht etwas neognostisches um ihren Korgond Mythos stricken. Aber sagt doch. Was könnt ihr mir zur Leiche erzählen? Wer hat sie wo und wann und unter welchen Umständen aufgefunden und warum vermutet ihr das Ehrwürden vor seinem Ableben mehr ergründet hat?“

“Gefunden wurde sie von Herrn von Hardenstatt, Ihro Gnaden Rían und mir in der Herberge Einhorngruß. Sie lag auf dem Bett. Beinahe enthauptet. Ihre Zunge auf ihrer Brust. Das Fenster weit geöffnet. Unter dem Fenster waren Fußspuren zu erkennen, aber sie verloren sich, oder?”, wandte sie sich an Salix.

Dieser lief etwas schräg hinter Yolande und dem, wie ein Wasserfall quasselnden, Magier und kratzte sich kurz am Kopf, “ja, die Spuren gingen recht bald, im Gewusel der Hauptstraße, verloren. Unterhalb des Fensters fanden sich auch Spuren einer Leiter aber die wurde wieder mitgenommen. Ansonsten flogen in dem Zimmer lose Blätter, Pergamente und sonstige Aufzeichnungen herum, wobei ich nicht sagen könnte ob jemand was gesucht hatte oder das offene Fenster für diese Unordnung zuständig war”, schloss der Perricumer.
Etwas nachdenklich schaute er in die Dunkelheit, die vor ihnen lag, “verstümmelte Füchse könnten auch auf etwas anderes hindeuten. Wenn man sich nicht auf den Träger des Fuchses konzentriert sondern eher... “, er stockte kurz, “auf die Verstümmelung an sich”. Dabei betonte er “Verstümmelung” besonders und setzte einen sorgenvollen Blick auf.

"Tödlich verstümmelt wurde mit ihro Gnaden aber bis jetzt nur jemand, der selber keine Figur bekommen hatte, oder? Und eine Zunge kann man an den Figuren auch nicht entfernen. Abgeschnittene Zungen weisen eher auf eine Strafe für Jemanden hin, der nicht plaudern sollte. Aber dazu müsste ich mir die Halswunde erst anschauen. Das Zungenbein kann natürlich auch in Folge einer tiefen Inzision mit abgetrennt worden sein. Aber ich Wette, die Zunge sah aus, wie auf der Brust platziert? Jetzt müsste ich einmal fragen, wie die Herrschaften überhaupt darauf kammen, das Zimmer des Mordopfers aufzusuchen? Und was wissen Sie über den Toten? Und wie kamen die Herrschaften darauf den Figuren nach zu jagen?"

Salix kratzte sich am Kinn, "gelehrter Herr, ich befürchte Ihr missversteht mich. Ich sprach nicht von der Geweihten, dass die herausgeschnittene Zunge ein Zeichen ist dass auf das Schweigen hindeuten soll steht außer Frage. Es ging mir eher um denjenigen der hinter den Verstümmelungen der Füchse steht". Salix machte eine bedeutsame Pause, "ich glaube nicht dass jemand der den Fuchs als Zeichen trägt anfangen würde Abbildungen desgleichen zu verstümmeln".

”Ihr denkt doch nicht etwa”, versuchte Yolande die Gedanken des Perricumers aufzugreifen, “an den ohne Namen?”

"Oh, ich bitte um Verzeihung und muss mich für den Redeschwall entschuldigen, den ich auf sie losgelassen habe, ohne mich zu vergewissern das sie mir folgen können. Aber manchmal platzt es so aus mir heraus. Wie ich vor einer halben Minute theorisierte, sind die Anhänger des Unvollkommenen auf Grund der besagten Indizien zu berücksichtigen. Aber nur ein paar Amputationen sagen noch nicht genug aus, um gleich auf das offensichtliche anzuspringen. Zu plump für die Mühen, die sich gemacht wurden ."

Der perricumer Adlige lächelte freundlich, "kein Grund Euch zu entschuldigen, werter Herr Magus". Salix verschränkte die Hände zwischen Rücken und Umhang. "Hm, ganz wie Ihr meint, Ihr scheint da besser im Bilde zu sein", er nickte dem Magier zustimmend zu.

"Ich meine, ihr solltet ruhig an eurem Verdacht festhalten und ihm nachgehen. So wird sich hoffentlich nur einer von uns geirrt und der andere die richtigen Schlüsse gezogen haben. Auch wenn ich in Anbetracht eures Verdachtes, hoffe, das ich mich nicht irre."

Der Magier unterbrach kurz mit einem erhobenen Zeigefinger und zog zwei, drei Mal die Gewölbeluft mit seiner Nase ein. "Ah ich rieche schon, wir kommen näher. Vielleicht sollten wir uns nun etwas in silencia üben, um die Totenstille nicht zu stören." Fuhr er im Flüsterton fort und blickte in die Halle.

Die Raukenfelserin nickte zustimmend: “Eine empfindliche Nase scheint Ihr Euer eigen zu nennen, Herr von Amselhag. Gewiss habt Ihr auch dafür Verständnis, dass ich Euch und eventuell weitere, die den Leichnam der Geweihten in Augenschein nehmen möchte, zuerst einmal bei Ihro Gnaden Rían und der Novizin der Allweisen ankündige.”

Salix blieb der Ritterin stehen und blickte sie fragend an, “mich auch?”

“Na ja, Euch gerne auch”, bestätigte sie nicken und erklärte etwas leiser, “Sie mag zwar tot sein, aber dennoch finde ich einen gewissen Respekt angebracht und wir sollten da nicht alle einfach so hinein… hm… marodieren.”

Der verstummte Magier sah gedankenverloren auf den Boden und nickte nur abwesend.


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