Geschichten:Der uralte Bund - Durch die Pfalz und hoch in der Luft

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Pfalz Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF

Salix von Hardenstatt durchschritt die dunklen Gänge des Kerkers der Pfalz. Alle fünf Schritt wechselte sich Licht mit Schatten ab. Alle fünf Schritte sah man für fünf weitere Schritte das aufgesetzte Lächeln, welches aus dem Gesicht des Perricumers scheinbar nicht weichen wollte. Es war ein freundliches Lächeln, das Naivität und Wärme ausstrahlte und im krassen Wiederspruch zu den Geschehnissen stand, welche die Winterhochzeite einrahmten. Doch sobald der Adlige in die dunklen Bereiche der Gänge schritt, stahlen sich lange dunkle Schatten in sein Gesicht, welches sich in eine groteske Fratze verwandelte. Die rehbraunen Augen, welche ansonsten von Zuversicht trotzten, verwandelten sich in schwarze, schier unendlich tiefe Löcher, das Lächeln, ansonsten stehts Zuversicht verbreitend, weitete sich zu einem breiten Grinsen, welches sich von einem Ohr zum anderen zog.
Die Welt des Salix von Hardenstatt war spätestens seit dieser Hochzeit in Licht und Schatten getrennt, zwei Welten in einer Person, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, so war er bereits zu einer Schattengestalt geworden, deren Maske das Licht war.
Dann stieß er die schwere Tür zum Innenhof der Pfalz auf. Von der Dualität war nichts mehr zu geblieben und unscheinbar wie immer wandelte er durch den Innenhof, unbehelligt von den Personen, die hier verkehrten, scheinbar zufällig zu einer weiteren Tür, durch die er verschwand. Im Raum dahinter saß ein braunhaariger Junge, der gelangweilt auf einem Stuhl umherwippte.

„Meister!“, brach es aus Lingmar überrascht hervor, der wie von der Maraske gestochen aufsprang. „Lingmar, genug herumgelungert! Es wartet Arbeit auf uns, du hast ein neues Ziel!“, erklärte der Adlige, welcher den Jungen vor wenigen Tagen “adoptiert“ hatte.

„Eine weitere Aufgabe?“, fragte der neuste Schreiberlehrling Zackenbergs neugierig, während sich Salix vor ihm stellte.

„In der Tat. Du wirst dafür sorgen, dass eine gewisse Jolande von Grevinghoff nicht aus deiner Aufmerksamkeit verschwindet! Ich will über all ihre Schritte und Taten Bescheid wissen. Außerdem muss die Zelle des festgesetzten Hünen im Kerker der Pfalz unter Beobachtung gestellt werden. Ich will wissen, wer dort hinein geht, wann er hineingeht und wann er wieder herauskommt!“, erklärte der Zackenberger seinem etwas verwirrten Schützling. Dieser nickte nur knapp und verschwand geschwind durch eine Hintertür. Auch wenn Lingmar nicht ganz die Tragweite seiner Handlungen oder die Salix´ verstand, so hatte er schnell erkannt, dass die Aufgaben, die ihm übertragen wurden, von äußerster Wichtigkeit waren. Entsprechend gewissenhaft verfolgte er diese, um sie zum Wohlgefallen seines Meisters auszuführen.

Dieser hatte sich ebenfalls wieder aufgemacht. Dieses Mal ging es in Richtung Vogtstuben. Dort hoffte er die Marktvögtin Adersin zu treffen und ihr die ein oder andere Frage stellen zu können. Zu seiner Überraschung kam ihm ebenjene in dem Flur vor der Stube entgegen. Mit einer Verbeugung begrüßte der Adlige seine Standesgenossin aus dem Märkischen. „Euer Wohlgeboren! Welch erfreulicher Zufall, Euch hier zu treffen! Hättet Ihr vielleicht einen kurzen Augenblick für mich und meine Fragen?“, wollte Salix mit einem süffisanten Lächeln wissen.

„Ah, Herr von Hardenstatt, ich bin in Eile, aber einen Moment kann ich für Euch erübrigen.“ Die Hofmarschallin blickte den Perrcumer von der Seite an. Ihre Gesichtszüge waren wie gewohnt emotionslos.

Der Angesprochene blickte etwas überrascht, fing sich dann jedoch schnell. „Natürlich! Ich hatte gehofft, dass Ihr mir das ein oder andere zu eurer Heimat und den Familien dort erzählen könntet“, begann der Hardenstätter.
„Was wisst ihr über die Ritterin Jolande von Grevinghoff? Und Thimorn Runkel zum Rübenhain? Stehen diese Personen oder ihre Familien irgendwie in Verbindung zueinander?“, interessiert blickte er zur Marktvögtin, ehe er nachsetzte: „Oh und wisst Ihr wie die Beziehung zwischen der Ritterin und ihrer Schwertmutter war?“. Neugierig und freundlich wie eh und je musterte der Perricumer die Frau, welche eindeutig Abscheu gegenüber den Spinnenweben an der Fackel zeigte.

„Grevinghoff und Runkel? Ah, die Hauberach fragte auch gerade nach den beiden.“ Die Hofmarschallin zog eine Augenbraue hoch, die Gesichtszüge der Greifenfurterin entspannten sich etwas, auch wenn der Odem des Kellergewölbes, der von Salix auszugehen schien, in ihr merklich Unbehagen verursachte. „Gerne werde ich Euch berichten, was ich weiß. Beide Familien stammen aus dem märkischen Königsgau, die Runkel auf dem Rübenhain sind die Vasallen der Grevinghoffs. Letztere haben gute Beziehungen nach Weiden soweit ich weiß. Beide dürften sich also kennen. Der Runkel hat in der Schlacht am Stein gekämpft, wobei die Gerüchte nicht verstummen wollten, er habe mit dem Verräter Tildan von Nebenstein gemeinsame Sache gemacht. Bewiesen werden konnte ihm nichts.“

Salix hörte aufmerksam zu und nickte anschließend verstehend. „Dieser Tildan war der ehemalige… Meister der Mark? Und in diese Schlacht mischten, wenn ich mich nicht ganz irre, Schwarzpelze mit?“. Der Adlige legte nachdenklich den Kopf schief. Mehr zu sich als zu seiner Gesprächspartnerin sprechend kratzte er sich am Kinn. „Dieser Hüne hatte wahrscheinlich einen Partner oder… Partnerin. Außerdem war er sehr daran interessiert, zur Grevinghoff zu gelangen“. Salix stockte, War die Grevinghoff tatsächlich die Partnerin des Hünen? Aber weshalb war sie dann nicht untergetaucht oder abgereist? Irgendwas hielt sie noch hier und was es auch war, es konnte nichts Gutes für die Hochzeit bedeuten. Dann fasste er die Adersin wieder in den Blick, „Ihr sagtet, die Reichsedle hat sich ebenfalls über die beiden informiert?“.

„In der Tat, was aber auch nicht verwundern mag, schließlich waren die Reichsedle und Ihr Zeugen des gleichen Vorfalls.“ Huschte da etwa ein Anflug eines Lächelns über die Lippen der Hofmarschallin? Nein, Salix musste sich getäuscht haben. „Wenn das alles wäre, würde ich mich empfehlen. Ich habe dafür Sorge zu tragen, dass diese Hochzeit stattfinden wird, komme was wolle.“

Der Angesprochene nickte knapp und als die Marktvögtin an ihm vorbeiging, kratzte er sich nachdenklich an der Stirn. „Eine Sache noch, wo ist denn die Reichsedle hingegangen? Wisst Ihr das?“.

„Ich bin mir nicht sicher … ich meine die Hauberach hat die Seneschallin um Verlegung des Gefangenen an einen geheimen Ort gebeten und wollte diesen dann ein weiteres Mal verhören. Wie mir scheint, hat die Dame ein Händchen für Verhöre.“ Die Hofmarschallin machte eine kurze Pause. „Der Runkel scheint mir also in guten Händen. Vielmehr bereitet mir die Grevinghoff Unbehagen. Sollte sie etwas mit den Umtrieben dieser …“ Die Stimme der Greifenfurterin wurde leiser. „Na, Ihr wisst schon.“

Salix nickte verstehend. Er wusste nun, was zu tun war. Diese märkische Ritterin durfte weder verschwinden noch ungehindert ihr Ziel erreichen, wie auch immer dieses aussah. Dafür jedoch brauchte er Unterstützung. Er bedankte sich mit einer knappen Verbeugung bei der Greifenfurterin und schritt den Gang weiter entlang. Die Seneschallin würde sich sicherlich für die neusten Entdeckungen interessieren und wer weiß, eventuell würde er ja bei ihr die Unterstützung finden, die er brauchte, um die Grevinghoff aufzuhalten – ohne dabei selbst aufgehalten zu werden.

Trenner Garetien.svg


Salix von Hardenstatt klopfte zwei Mal an der Tür und wartete auf eine Reaktion. Diese kam entsprechend schnell; ein kurzes „Herein!“, verriet ihm, dass die Seneschallin sich derzeit in diesem Raum aufhielt.

Geschwind öffnete er die Tür und schritt herein. Tatsächlich, die Seneschallin saß an dem langen Tisch und blickte dem Hardenstätter fragend entgegen. Dieser verbeugte sich angemessen vor der Dame. „Euer Hochgeboren! Ich hätte einige Neuigkeiten Euch zu berichten!“. Salix umrundete den Tisch und stellte sich ihrer Hochgeboren von Eslamsgrund gegenüber. Diese bedeutete ihm mit einem knappen Nicken fortzufahren, was sich der Perricumer nicht zwei Mal sagen ließ.

„Nun wo fange ich an?“ Der Mann schien kurz zu überlegen, dann aber fuhr er fort. „Ihre Hochgeboren von Hauberach, die hohe Dame von Grevinghoff und meine Wenigkeit versuchten, den im Rondra-Tempel aufgegriffenen Hünen zu vernehmen. Dabei fanden wir heraus, dass sein Name Thimorn Runkel zum Rübenhain ist. Leider konnten wir ihn nicht weiter befragen, biss er sich doch die Zunge ab und weigerte sich, auf anderem Wege mit uns zu sprechen. Dafür konnte ich beobachten, wie er vergeblich versuchte, zur hohen Dame von Grevinghoff zu gelangen und dabei immer wieder ihren Namen murmelte“. Salix stoppte kurz, zog sich die Weinkaraffe sowie ein Glas heran und goss sich etwas ein, um seine Kehle zu befeuchten.

Die Seneschallin blickte ihn dabei ungeduldig an und wollte schon etwas sagen, als Salix wieder anhob. „Die Hofmarschallin von Dunkelsfarn zeigte mir auf, dass die Familien derer von Grevinghoff und die von Runkel eng miteinander verflochten sind. Die von Runkel sind Vasallen derer von Grevinghoff, welche wiederum gute Verbindungen nach Weiden haben. Wo, wie wir dank Frau von Hauberach wissen, die Schnitter eine unangenehme Erscheinung sind. Der Runkel wiederum entblößte zwei kupferne Mondzeichnungen auf seinem Oberkörper und es gibt Gerüchte, wonach er ein Unterstützer des Tildan von Nebelstein war, welcher wiederum mit den Schwarzpelzen paktierte.“, Salix ließ seine Worte kurz sacken. Als er aber merkte, dass die Seneschallin immer noch auf das Eigentliche wartete, weswegen er hier war, schüttelte er verlegen den Kopf und fuhr dann fort.
„Worauf ich hinaus möchte: Ihre Hochgeboren von Hauberach und auch ich vermuten, dass dieser Runkel nicht allein agierte. Sein Verhalten, gepaart mit den Versuchen der Grevinghoff, die Bekenner auch noch als agierende Gruppe einzubringen und uns so zu verwirren, sowie der Umstand, dass sie an einem der Tatorte direkt anwesend war, lässt mich vermuten, dass die hohe Dame von Grevinghoff die gesuchte zweite Person ist. Der Umstand, dass sie noch nicht abgereist ist oder untergetaucht, lässt mich weiterhin vermuten, dass sie noch irgendetwas umsetzen möchte“. Salix gab sich selbst etwas Zeit, zu verschnaufen und der Seneschallin, seine Worte zu verarbeiten. Dann lehnte er sich auf die Tischplatte und blickte Josline von Eslamsgrund ernst an. „Wir müssen die hohe Dame von Grevinghoff festsetzen, bevor sie ihr Ziel, wie auch immer es aussehen mag, erreicht!“

Die Seneschallin hatte den Beginn des Perricumer Redeschwalls äußerlich ungerührt, innerlich ungeduldig, fast schon genervt über sich ergehen lassen, hatte sie das meiste doch bereits von ihrer Freundin Fredegard gehört. Bei den vom Perricumer Edlen dargestellten Verknüpfungen zwischen Grevinghoff und Runkel horchte sie auf. „Ihr habt recht, Hardenstatt. Ihr werdet Hauptmann Rallerau bei der Festsetzung dieses Subjektes unterstützen! Ich will sie aber lebend! Wir müssen wissen, was sie im Schilde führt und vor allem, was die Rolle der Amseln]] dabei ist. Begebt Euch in das Gardehaus, dort sollte der Hauptmann warten!“

Salix nickte verstehend, richtete sich auf und antwortete nur knapp: „Natürlich!“. Dann verbeugte er sich und machte auf dem Absatz kehrt. Geschwind verließ er den Raum und ließ die Seneschallin hinter sich.

Trenner Garetien.svg


Zügigen Schritts ging er durch die Gänge der Pfalz, in denen er sich nun schon recht gut auskannte. Das einstige Labyrinth war nicht mehr so undurchsichtig wie bei seiner Ankunft. Im Gardehaus wurde er ohne größere Probleme zum Hauptmann durchgelassen, der gerade dabei war, einige Berichte durchzusehen.
„Hoher Herr von Rallerau! Die Seneschallin schickt mich. Gemeinsam sollen wir die hohe Dame Jolande von Grevinghoff festsetzen! Sie steht unter dringendem Tatverdacht, die Komplizin des Hünen zu sein und gemeinsam mit diesem die Winterhochzeit zu sabotieren! Ihre Hochgeboren hat deutlich gemacht, dass sie die Ritterin lebend haben möchte!“.


 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Koenigreich Garetien.svg   Wappen Grafschaft Reichsforst.svg   Wappen Kaiserlich Randersburg.svg   Wappen Kaiserlich Randersburg.svg  
 Pfalz.svg
 
28. Hes 1043 BF zur nächtlichen Rahjastunde
Durch die Pfalz und hoch in der Luft
Rübensaft


Kapitel 49

Konfrontation
Rübenernte


Kapitel 25

Konfrontation
Autor: Bega, Vlad