Geschichten:Der uralte Bund - Schwarze Vögel umflattern die Pfalz

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Pfalz Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF

Madara wartete erst einmal anständig vor der Tür, bis die Geweihte fertig war und ihr mehr zur Stimmung der Seneschallin sagen konnte.

"Und? Was hat euer Gespräch ergeben, euer Gnaden" erkundigte sich Madara sogleich.

“Er muss sich wohl vor uns zu dem Toten hinab aufgemacht haben”, gab die Geweihte Auskunft, “Über seinen anschließenden Verbleib konnte mir die Seneschallin jedoch nichts sagen.”

"Dass der Hardenstatt vor uns da war, haben die Wächter ja erwähnt. Ob er in die Stadt gegangen ist oder noch auf der Pfalz weilt, müssten die Wachen uns sagen können. Wie ist denn die Laune der Seneschallin? Der Herr Radewitz hier hat noch Fragen zur Bestellung des Herrn Pfannenwenders in der Küche aufgeworfen. Vielleicht sollte ich versuchen, das zu klären. Dabei können wir gleichsam klären, wie wir ohne Aufsehen, Frau Bergensteens Leiche in den Keller der Pfalz Keller und ihr eine borongefällige Aufbahrung ermöglichen, bevor ihr Ableben auffällt. Der Wirt denkt ja noch, ihr sei unwohl."

Die Geweihte nickte: “Zumindest das werden uns die Wachen sagen können. Im Übrigen möchte ich noch hinzufügen, dass ich mit der Seneschallin über den Herrn Pfannenwender gesprochen habe und sie damit einverstanden war, dass ich mich um seine göttergefällige Bestattung kümmere, sobald die Hochzeit vorüber ist. Was die andere Tote angeht, so fürchte ich, dass wir - sofern dies überhaupt gelingen kann - bis zum Einbruch der Dunkelheit warten müssen. Im Schutz derselbigen könnte sie gewiss einigermaßen ungesehen auf die Pfalz gebracht werden. Außer…” Sie dachte einen Moment nach. “Den Wirt könnten wir gewiss auch ablenken, doch was ist mit den anderen Leuten?” Nun zuckte sie mit den Schultern. “Spricht etwas dagegen, die angeschlagenen Frau Bergensteen aus dem Gasthaus herauszubringen? Sagen wir zu einem… hm… Heilkundigen? Allerdings muss ich gestehen, dass ich das nicht als unser dringendstes Problem ansehe. Die Vorgänge auf der Pfalz - unter den noch lebenden - erscheinen mir gravierender. Aber sagt, von welchen Fragen den Herrn Pfannenwender betreffend reden wir hier eigentlich? Ich nehme an, dass Ihr von Ungereimtheiten sprecht?”

"Vielen Dank, dass ihr das mit der Beisetzung geklärt habt. Der Herr Radewitz meinte, dass es noch ungeklärt ist, wer unsere Auftraggeber sind. Entkräften kann ich diesen Verdacht, der auf uns lastet, zur Gänze bestimmt nicht. Aber die Intention meines Bruders, den Herrn Pfannenwender aufmerksam die Abläufe in der Küche verfolgen zu lassen, kann ich gerne weitergeben. Was Frau Bergensteen angeht, so würde ich da zur Eile raten. Da wir zum frühen Abend Silvanos Erkenntnisse über den Ring erfahren möchten und ihr ja auch noch Jolandes Amnesie ergründen wollt, werden wir nicht die Zeit finden, wenn es dunkel geworden ist und die Gefahr der Entdeckung ist zu groß. Zudem wir heute Abend dann bestimmt neue Dinge zu klären haben. Wir sollten Frau Bergensteen mit einem Wagen abholen und vorgeblich zu diesem Heiler bringen, der auch das Gift in der Suppe nachgewiesen hat. Der weilt doch hier auf der Pfalz. Das sich der Zustand Frau Bergensteens verschlechtert hat, wird der Wirt dies hoffentlich glauben, so dass wir sie mit einer Bahre aus ihrem Zimmer holen können. Wir müssen dieses Mal nur darauf achten, nichts zu verlieren und alles gut reinigen. Den Herrn Hardenstatt werden wir schon finden. Er und Frau Raukenfels werden doch spätestens zur Verkündung von Silvano zurück sein. Wenn der Hardenstatt nicht schon selbst aufgebrochen ist, Frau Bergensteens Zimmer zu begutachten. Es macht Sinn, wenn beide Zeugen der Befragung unseres Kochs anwesend sind. Wie ist die Seneschallin denn gerade gestimmt? Hat Silvano ihr den Brief Loderias gezeigt? Wir können ihr Einverständnis doch einholen und ich kann versuchen, zu erklären, warum der Koch die Augen offen alten sollte. Oder gedenkt ihr, etwas Wichtigeres zu tun?"

“Ähm”, macht die Geweihte da, “Nein, ich denke nicht. Was die Seneschallin angeht, bin ich mir nicht sicher, wie es um ihre Laune steht. Auf der einen Seite scheint sie gegenüber manchen Belangen recht gelangweilt, auf der andere Seite fürchte ich, dass wir ihr so langsam auf die Nerven gehen, nichtsdestotrotz denke ich, dass wir sie aufsuchen sollten und sie uns so weit unterstützen wird, wie sie es kann.”

"Ich vertraue da ganz auf eure Einschätzung. Dann last uns mal vorstellig werden." Die Amsel bekreuzigte sich zum Schwert vor der Brust, wie Ritter die Göttin Rondra vor der Schlacht um Mut anbeten. Was Madara durchaus angebracht erschien, bevor sie in die Höhle der Löwin ging.

Dem Klopfen an der Tür folgte ein herrisches “Herein!” von Seiten der Seneschallin. Als hier Blick die Amsel fiel, verfinsterte sich die Miene der Eslamsgrunderin. “Was bei allen Göttern wollt Ihr hier?

Die Geweihte zuckte leicht angesichts der Reaktion der Seneschallin zusammen, das hatte sie nicht erwartet.

Madara machte einen Knicks vor der Seneschallin. "Verzeiht, dass wir euch noch einmal stören. Wir wollten nur gnädigst um die Erlaubnis fragen, die verstorbene Frau Bergensteen aus ihrem Zimmer zu bergen, bevor sie in ihrer unangenehmen Lage entdeckt wird. Der Wirt denkt derzeit hoffentlich noch, dass es ihr nur nicht gut geht und sie Ruhe benötigt. Wenn ihr erlaubt, würden wir uns gerne mit der Boroni und in Begleitung des Herrn Radewitz aufmachen, um die Verstorbene unter einem Vorwand zur Pfalz zu bringen. Dabei können wir gründlich die Indizien im Zimmer noch einmal prüfen und dann alle Hinweise auf das Geschehen auf die Pfalz zu bringen, wenn das auch eurem Sinne entspricht.
Zudem möchte ich noch einmal beteuern, dass meine Familie nicht zum Schaden des Festes, seiner Gäste oder Euch handeln wollte, als mein Bruder unserem Koch, den er mit einem offiziellen Schreiben an eure Hofküche empfohlen hat, auftrug, die Augen und Ohren aufzuhalten, nachdem er gewahr wurde, das namenlose Umtriebe zu vereiteln sind und Hinweise auf die Küche verwiesen. Leider hatte mein Bruder nach dem ersten Treffen im Pfalzkeller nicht sofort das nötige Vertrauen in euch und die dort Versammelten gefunden, um sich damit sofort an euch zu wenden. Er sah es für angebrachter, sich an die Praiosgeweihten zu wenden, da diese Namenlosen sich nach seiner Meinung gerne in höchste Kreise begeben und diese infiltrieren und manipulieren. Das sollte kein Affront gegen euch sein. Vielmehr war es ihm nicht möglich, nach dem Mord an der Hesindepriesterin, nicht alle Vorsicht walten zu lassen und sicher zu wählen, an wen er sich wendet. Ehrwürden von Hagenau-Ehrenfeld und der Herr Eichstein waren da die erste Wahl. Und auch der Herr Pfannenwender wollte sich, wie dem Protokoll zu entnehmen war, dem ehrwürdigen Silvano voll umfassend anvertrauen. Was ihm leider verwehrt wurde. Ich denke angesichts der aktuellen Lage, in die uns diese Vorsicht geführt hat, kann ich für mich dieses Misstrauen euch gegenüber mittlerweile ausräumen und hoffe, dass ich eure Gnade auch irgendwann erlangen kann.
Ich möchte euch dazu versichern, ob ihr es glauben wollt oder nicht, dass es keine Hintermänner oder Frauen gibt, die meine Familie geschickt haben. Der Antrieb meiner Familie entspringt lediglich aus der alten Freundschaft zweier Frauen, die sich einst geschworen haben, aufeinander und auf ihre Liebsten achtzugeben. Da ihr selber zu wissen scheint, wie wichtig gute Freundinnen sein können, könnt ihr sicher den Wunsch meiner Mutter nachvollziehen, einen alten Schwur über den Tod hinaus zu erfüllen, den sie zu Lebzeiten Davina von Sanzerforst gab. Meine Mutter hat uns aus alter Treue zu ihrer Freundin, die Boron zu früh zu sich holte, aufgetragen, alles zu tun, damit die Hochzeit von Davinas Sohn zu einem prächtigen Fest wird und kein Unheil seinen Schatten auf die Veranstaltung wirft. Es steht euch frei, das nicht zu glauben. Aber mehr steckt nicht hinter der Aufmerksamkeit meines Bruders und unseres treuen Kochs.“

Während die Amsel zwitscherte, hatte die Seneschallin ihren Blick wieder auf die vor hier liegenden Pergamente gerichtet. Offenkundig zeigte sie kein Interesse an dem Gezwitscher der jungen Amsel. Auch als der Gesang geendet hatte und sie ihre Stimme erhob, blieb ihr Blick auf ihren Pergamenten ruhen.
„Es ist nicht vonnöten, die Bergensteen auf meine Pfalz zu bringen. Bringt sie zum Boronanger, dort könnt ihr sie bestatten.“
Nach einer kurzen Pause schnellte der Blick der Seneschallin nach oben und blieb an der jungen Amsel heften. Kälte und Zorn sprachen aus ihren Augen. „Ich habe entschieden, Euch und euren Schwarm nicht zu glauben. Zu tief steckt Ihr in Euren Umtrieben von Verrat und Täuschung. Bruder Silvano hat Euch sicherlich über sein Vertrauensverhältnis zu meiner Person aufgeklärt und dennoch habt Ihr entschieden, Euch gegen die Obrigkeit zu wenden. Das ist Hochverrat an der Kaiserin, die in Persona meines Sohnes hier vertreten wird. Solltet Ihr Euren beschmutzen Namen nicht wieder reinwaschen können, wird dieser auf dem Richtbock sein Ende finden. Und nun entfernt Euch!“

„Vielen Dank. Dann wollen wir keine Zeit vergeuden.“ Madara knickste und wandte sich ohne Umschweife zum Gehen.

Vor der Tür der Vogtstube schaute sie erst neugierig über den Platz, ob jemand wichtiges zu sehen war und tippte dabei an ihre Nasenspitze. Dann schätzte sie die Uhrzeit ab und wandte sie sich dann an ihre drei Begleiter. „Sonderbare Frau! Wie wollen wir vorgehen und die gute Frau Bergensteen zum Boronanger geleiten? Können wir eine Kutsche organisieren? Und wir brauchen Putzzeug für das ganze Blut und Taschen und Tücher. Könnt ihr uns da weiterhelfen Herr von Radewitz? Euch wird die Dringlichkeit doch sicher einleuchten? Braucht ihr mehr Leute, um uns zu begleiten oder reicht euch unser Wort?“

Der Hausritter stimmte dem Vorgehen zu und veranlasste die nötigen Besorgungen, die die Damen auflisteten.

Madara nahm sogleich im Anschluss die Ritterin von Grevinghoff bei den Händen. „Wir können eure Schwertmutter am Anger sicher würdig in einer Halle aufbahren und segnen lassen. Aber nun lasst uns keine Zeit mehr verschwenden. Bis zum Sonnenuntergang sollten wir das doch hinbekommen. Dann haben wir noch zwei Stunden Zeit für eure Erinnerungen, bis Silvano seine Untersuchung abgeschlossen hat.“ Dabei sah sie die Borongeweihte fragend an. „Wir können Herrn Hardenstatt und eurer Jolande eine Einladung zur Beerdigung von Gwendare von Bergensteen auf dem Anger zum Sonnenuntergang in der Vogtstube, bei der Torwache und beim Wirt der Vogtstube hinterlegen, soddas sie uns finden können. Einverstanden?“

„Ja“, meinte die Geweihte da nickend, „So machen wir das. Obgleich ich nicht weiß, wie wir Frau von Bergensteen unauffällig zum Boronanger bringen sollten. Es wird auffallen…“ Sie hielt einen Moment inne. „So lasst uns doch beginnen, damit wir zu Ende bringen, was zu Ende gebracht werden muss.“


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Ende Hes 1043 BF zur abendlichen Boronstunde
Schwarze Vögel umflattern die Pfalz
Anaxagoras Weg


Kapitel 37

Gwendares letzte Reise
Anaxagoras Weg


Kapitel 21

Gwendares letzte Reise
Autor: Amselhag, Bega