Geschichten:Der uralte Bund - In der Turmkammer II

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In der obersten Kammer des Bergfrieds der Pfalz Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF

Ein Klopfen an der Tür ließ die Anwesenden aufhorchen und die Frage der Seneschallin unbeantwortet. Die beiden Hausritter Ademar und Albur führten den jungen Magier Anaxagoras in die Turmkammer, in deren Mitte eine großer Holztisch stand. Am linken Ende, vor dem wärmespendenden Kamin, saß Seneschallin Josline von Eslamsgrund; rechts neben ihr Salix von Hardenstatt und neben dem Perricumer Yolande von Raukenfels. Salix gegenüber und linkerhand der Seneschallin saß Fredegard von Hauberach.

“Ah, der junge Maraskaner mit der losen Zunge”, entfuhr es der Seneschallin mit einem gewissen Unterton. Dass der Vergleich im Hinblick auf das Opfer eher unangebracht war, störte sie scheinbar wenig. “Erhellt uns, Magier! Welche Personen suchen wir?”
"Wie wir gesehen haben, geht es auch noch loser, was Zungen angeht. Wir haben es mit einem äußerst brutalen Mörder mit einer wohl möglich magischen Waffe zu tun. Aber das war ja offensichtlich. Damit ich meine Zunge noch etwas behalten darf, würde ich dem Täter schnellstmöglich habhaft werden wollen. Deswegen würde ich mit dem Praiosgeweihten gerne den Tatort genauer inspizieren. Bisher konnte mir noch niemand eine genaue Beschreibung der Auffindesituation geben. Und da das Tageslicht uns gleich verlassen wird, möchte ich mich etwas sputen. Deshalb wollte ich nur noch kurz vorstellig werden, um euch nach einem Schreiben zu bitten, das uns in eurem Namen legitimiert, zu ermitteln. Das könnte uns so manche Tür öffnen und unsere Ermittlungen beschleunigen. Wenn es nicht zu viele Umstände macht. Möchte mir noch jemand etwas zum Tatort sagen, sonst würde ich gerne aufbrechen."
“Ich denke, Herr von Amselhag, wir haben Euch alles gesagt, was es das zu sagen gibt”, entgegnete Yolande von Raukenfels und blickte kurz zu Salix hinüber: “Was meint Ihr, Herr von Hardenstatt?”
Dieser blickte die Ritterin an und wandte sich dann an den Magier. “In der Tat, wenn der gelehrte Herr dennoch das Bedürfnis verspürt, sich im Zimmer der Verstorbenen umzuschauen - nur zu!” Mit einem freundlichen Lächeln nickte er ihm zu, “Zwei weitere Paare Augen sind sicherlich nicht schlecht, vor allem, wenn sie magische Spuren erblicken können”.
"Haben die Herrschaften noch Pläne für den Abend? Wenn ihr eurer Schnittertheorie noch nachgehen wollt, so kann ich euch die Schenke zum Steigbügel empfehlen. Dort sind einige Greifenfurter abgestiegen, die euch vielleicht weiterhelfen können. Aber sagt, ihr seid mir noch schuldig, zu erklären, wie ihr auf die Theorie gekommen seid, meine Dame. Ihr wart so plötzlich weg. Nur eine Kupferscheibe war es ja scheinbar nicht, die euch diese weit hergeholte Vermutung äußern ließ." So schaute der Magier die Altbaronin auffordernd an, während er auf sein Schreiben wartete.
Die Seneschallin hob an, um etwas in Richtung des Maraskaners zu sagen, atmete jedoch nur tief aus, ließ Anaxagoras Frage nach einem Schreiben also erstmal unbeantwortet und blickte zu ihrer Rechten. “Meine gute Fredegard, würdest du so gut sein, dem Herrn Magier deine Theorie mit den Schnittern nochmals zu erläutern?”.
Die Reichsedle versuchte gar nicht erst, ihren Unmut darüber, dem offenbar ein wenig begriffsstutzigen Magier ihre Annahme erneut erläutern zu müssen, zu verbergen.
“Bis repetita non placent.”, begann sie sarkastisch auf Bosparano und mit leicht spöttischem Blick auf den Magier. “Aber Dir zuliebe, meine Teure”, Fredegard hatte sich nun der Seneschallin zugewandt, “werde ich dem Herrn meine Vermutung gerne noch einmal erläutern. Vorweg: Ich habe einen Großteil meiner Jugend und auch darüber hinaus in Weiden verbracht. Daher denke ich, mit den dortigen Gepflogenheiten - schönen wie unschönen - zumindest leidlich gut vertraut zu sein. Zu letzteren gehören besagte Schnitter; eine Sekte, die in Weiden und Greifenfurt schon seit vielen Jahrhunderten - trotz aller Bemühungen, ihr den Garaus zu machen - ihr Unwesen treibt. Angehörige sollen zumeist menschliche Krieger oder Ritter sein, die sich von den Idealen der Sturmherrin und damit von den Zwölfen ab- und stattdessen den ketzerisch-barbarischen Riten der Schwarzpelze zugewandt haben. Hierzu gehören auch grausame Ritualmorde an ihren Gegnern, wozu auch Gläubige und Diener des zwölfgöttlichen Pantheons zählen. Kupfer und die Farbe Blutrot sind Tairach, dem wohl übelsten aller Orkgötzen, wohlgefällig. Und aus welchem Metall samt Farbe die bei der Toten gefundene Scheibe bestand, dürfte, so hoffe ich, noch jedem hier erinnerlich sein. Und hätte man die Geweihte einfach nur zum Schweigen bringen wollen - warum dann eine solche Scharade? Das hätte man doch gewisslich schneller und unauffälliger erledigen können.” Dann sah´ die Perricumerin Anaxagoras direkt in die Augen: "Natürlich kann ich nicht mit letzter Gewissheit sagen, ob meine Vermutungen zutreffend sind. Ich erachte sie aber zumindest als schlüssig und damit für so lange bedenkenswert, bis sie widerlegt wird. Aber sagt an: Wie sieht denn Eure Theorie zu den Hintergründen dieser schändlichen Bluttat aus? Ich nehme doch an, ihr habt Euch auch dazu Gedanken gemacht.”

Der Magier musste fast lachen über den naiven Versuch der alten Dame. "Da darf ich Horaz zitieren: "Zum zehnten Mal wiederholt, wird es gefallen". Nur weil Kupfer Metall rot ist, stelle ich jedenfalls keine wilden Theorien aus einem Bauchgefühl und romantischen Abwandlungen an Weiden auf, wie ihr es euch erlaubt. Ich denke, die Seneschallin möchte eine fundierte Aufklärung der Tat. Deshalb werde ich nun mit dem Herrn von Eichstein den Tatort inspizieren und werde dann meine Meinung kundtun. Vielleicht haben die Damen und Herren ja noch das eine oder andere Körperteil oder Indiz dort übersehen, das wir in Betracht ziehen sollten, bevor wir mit Vermutungen die Gäste der Hochzeit erschrecken. So empfehle ich mich und suche euch auf, wenn ich euch weiterhelfen kann." Das letzte sagte er zu der Seneschallin gewandt, auf deren Federschwung er noch wartete. "Solange schließe ich weder die Theorie des Herrn Hardenstatt aus, dass Anbeter das Namenlosen in der Stadt aktiv sind,(der Magier nickte dem Adligen kurz zu), noch würde ich die interessanten Ideen der Boroni ablehnen." Dabei zwinkerte er der Dame Raukenfels zu.
„Gelehrter Herr!“, die Stimme der Seneschallin wirkte scharf und schneidend. Offenbar missfiel ihr das allzu forsche Auftreten des jungen Magiers. „Mit Verlaub, ich werde Euch mit dem von Euch erbetenen Schreiben nicht zu meiner rechten Hand machen. Ein junger Magier mit Eurer … Erscheinung würde mehr Aufsehen erregen, als uns lieb sein kann. Gerne werde ich jedoch seine Gnaden von Eichstein mit den gewünschten Privilegien ausstatten.“

Die Senschallin hatte gerade geendet, als Hauptmann Hagen von Rallerau an dem Magier vorbei in den Raum preschte.
„Seneschallin, verzeiht die Störung, aber die Garde hat soeben den Koch Albrax Pfannenhauser festgesetzt. Er hat versucht, die Vorsuppe für das Bankett heute Abend zu vergiften, doch die Küchenmeisterin konnte diese finsteren Machenschaften aufdecken.“
‘Ah, endlich wird es hier mal interessant!’, ging es der vormaligen Baronsgemahlin durch den Kopf, nachdem der Hauptmann Meldung gemacht und dem Ganzen eine gleichermaßen neue wie - auch für die Adlige - überraschende Wendung verliehen hatte.
Dann wandte sie sich der Gastgeberin zu. “Ich denke, hier solltest Du ebenso schnell wie diskret den Koch befragen lassen. Es erscheint mir schwerlich vorstellbar, dass er alleine und aus eigenem Antrieb heraus ein solch´ schändliches Verbrechen zu begehen gedachte. Gerne unterstütze ich Dich nach Kräften bei den Untersuchungen, Josline, sofern es Dir recht ist - natürlich mit aller gebotenen Zurückhaltung.” Innerlich musste Fredegard schmunzeln. Ihrem Onkel Nareb hätte das alles hier sicherlich sehr gefallen! Blieb nur die Frage nach dem verwendeten Gift, aber dazu vertraute die Reichsedle ganz auf ihre eigene Fachexpertise ...

“Na das sind ja Entwicklungen. Ich hole den Herrn Praiosgeweihten.”

Der perricumer Adlige hatte sich das kleine Wortgefecht zwischen der Altbaronin und dem Magier mit ungerührter Miene angehört. Bei dem hereinstürzenden Hauptmann hatte er erst überrascht aufgeschaut und dann eine Augenbraue hochgezogen. Wenn das so weiterging, würde der Wunsch der Seneschallin bald nicht mehr zu erfüllen sein. Zumindest das Küchenpersonal wusste über die versuchte Vergiftung Bescheid, das dürfte demnach bald die Runde machen. Er räusperte sich kurz und an Fredegard gewandt erklärte er, “ich würde Euch gerne begleiten” und fügte dann mit einem Lächeln ein, “wenn ich dürfte” hinzu, an die Seneschallin gewandt.
Josline von Eslamsgrund nickte den beiden Perricumern zu. Mit energischem Schwung war die Seneschallin aufgestanden und stemmte ihre geballten Fäuste auf die Tischplatte.
„Hauptmann Rallerau, ist der Gefangene jetzt dort, wo ich ihn vermute?“ Der Hauptmann erwiderte dies mit einem Nicken. „Sodenn, es gilt einen Gefangenen zu befragen.“ Mit Blick auf die Perricumer Altbaronin fuhr sie fort: „Du wirst die Befragung leiten, ich habe da vollstes Vertrauen in deine Fähigkeiten. Was immer du benötigst, es soll geschehen. Es mögen mir nun alle folgen!“


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Kapitel 11

In den Häusern von Greif und Leuin
In der Turmkammer I


Kapitel 7

Im Kerker