Geschichten:Waldsteiner Totenbuch - Olwyn von Grabenau

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Geliebter Ulfwin,
 
 
 
 
wie sehr ich doch deine besonnenen und aufrechte Art hier vermisse. Es vergeht kein Tag an dem sich meine Gedanken und Sehnsüchte nicht um dich drehen. Hauptmann Leustein hat uns nach dem glorreichen Sieg in der Brückenschlacht bei Salzkotten befohlen die Umgebung zu plündern. Bei den Göttern, was haben wir gewütet, besonders der Grabenau hat maßlos über die Strenge geschlagen. Der Leustein hat darüber aber nur schallend gelacht. Als die große Euphorie verflogen war, wurde mir richtig flau im Magen. War das wirklich rechtschaffen? Ich kenne deine Antwort, mein Liebster, du hast mich gewarnt - vor den Verlockungen des Kampfes, den Versprechungen von Hauptmann Leustein und von den Brandreden von Hochwürden Weißenstein. Du warst schon immer der Klügere von uns. Dennoch, ich musste in diesen Kampf ziehen. Meiner Ehre und meiner Schwerthand dürstete es nach Blut. Und ist das nicht das Recht unseres Standes und der Wille der Götter? So hat es der alte Grabenau gesagt, Leuenfried will es so, die Frau Rondra und ihr Sohn Kor wollen es auch.

Ich weiß was du jetzt sagen wirst. Ob mir die Schlachten in Tobrien gegen den Erzverräter Haffax nicht genug gewesen sind. Du weiß was wir beide Seite an Seite dort erlebt haben, welche Grauen wir dort überlebt haben. Sie verfolgen mich in den dunklen Nächten in meinen Träumen noch heute. Aber mein Schwert will seit dem keine Ruhe mehr finden und wie Balsam für meine geschundene Seele ist der Zweikampf. Nur die Kräfte miteinander messen, ohne dunkle Dämonen und Monstren. Jeder Schwertstreich in dieser Fehde vertriebt meine eigenen inneren Schatten und lassen mich freier werden, bis ich eines Tages wieder befreit und unbeschwert zu dir zurückkommen und in deinen Armen liegen kann. Ich weiß du verstehst mich, keiner kennt mich so wie du.

Ich hörte wir der Hauptmann mit dem Grabenau siegestrunken am Feier sprach. Wenn er erst wieder Baron von Linara wird, dann macht er den Grabenau zum Junker. Wie so oft hattest du recht! Es geht um Macht und Einfluss. Wie mir scheint, bekämpft ein jeder seine eigenen Schatten.

Nur der Grabenau, der bekämpft gar nichts mehr. Sturzbetrunken ist er in der Nacht von der Brücke gefallen und ersoffen.

So schließt sich ein Kapitel im ewigen Buch der Toten. Ich kann es kaum erwarten dich wieder in meine Arme zu schließen.
 
 
 
 
Dein dich liebender Iriold

Dorf Salzkotten, 12. Peraine 1043 BF