Geschichten:Irion Quarzen

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Am Rande des Düstertann, 6. Boron 1044 BF:

Auf seinen Magierstab gestützt, schritt Irion den Ringweg entlang, der den unheilvollen Düstertann umrundete. Seine hüftlangen, schwarzen Haare, die mittlerweile von unzähligen silbrigen Strähnchen durchzogen waren, wehten im lauen Wind. Das Gehen tat dem über 60 Götterläufe zählenden Magier schon manches Mal schwer. Doch seine wachen Augen waren fokussiert und hatten den düsteren Tann immer im Blick.

Der Düstertann war ein von vielen Sagen und Legenden umranktes Waldstück im Südwesten des Junkertums Tannengrund in der Baronie Tannwirk. Ringsum wurde der Reichsforst in den langen Jahrhunderten der Besiedlung abgeholzt, lediglich dieses Waldstück entzog sich bisher erfolgreich jeglicher Rodung. Der Düstertann bestand, wie der Name schon erahnen ließ, hauptsächlich aus hohen, dunkeln und bisweilen unnatürlich verwachsenen Tannen, vereinzelt fanden sich auch andere Nadelbäume. Tatsächlich rief der Anblick des Düstertanns oft Beklemmungsgefühle und Gänsehaut hervor, ohne dass der Betroffene genauer sagen könnte, warum. Die Bewohner anliegender Gehöfte oder Dörfer fürchteten die Kreaturen, die in den Tiefen des Waldes hausten. Denn es war keine Seltenheit, dass ein Bär mit seltsam verholzten Krallen und Zähnen oder ein Wolf mit unnatürlich von Baumflechten überzogenem Fell das Umland in Angst und Schrecken versetzten. Und immer kamen diese Kreaturen aus den düsteren Tiefen des Tanns.

Um den gesamten Düstertann verlief besagte Ringstraße, an der in regelmäßigen Abständen Bosparanien wuchsen. Ebenso fand man entlang der Straße sieben Wegschreine und ein Praios-Kloster - einem praiosgefälligen Schutzwall gegen den Düstertann gleich.

Irion, der den Zwölfen treu ergeben war, pilgerte so oft er konnte zu einem der Wegschreine. An diesem Tage sollte es der Schrein des Urischar sein, der unweit der Ruine Hohenleppstein zu finden war. Der Praiosglaube in Tannwirk hatte sich aufgrund der Abgeschiedenheit noch sehr ursprüngliche Ansichten bewahrt, die zum Teil älter waren als das Silem-Horas-Edikt. So wurde Praios als oberster (und im geheimen einziger) Gott verehrt: Darüber hinaus fanden auch seine Alveraniare große Verehrung und wurden in bestimmten Situationen angerufen: Jermoran der Greif des Sommers für eine gute Ernte; Branibor für Schutz und Gerechtigkeit gegenüber Praios und der weltlichen Obrigkeit; Schelachar für (Ehe-)schwüre; Urischar für Ordnung wider des Chaos; Ucuri als Verkünder von Praios Wille; Garafan für den Kampf gegen die Kreaturen des Düstertanns; und Darador als Licht des Jenseits der die Toten führte.

Für Irion war es besonders der Urischar-Schrein, der in immer wieder anzog. Weil er sich mit zunehmenden Alter nach mehr Ordnung sehnte? Es waren bewegte Zeiten, in denen er lebte. Nach dem Kampf gegen die Schwarzen Schwergen in Tobrien verschlug es den Magier mit seinen beiden Kampfgefährten Marek Tannhauser und Safiriel Tauträumerin nach Waldstein. Er wurde Teil der Schwarzpfeile, einer schlagkräftigen Söldnereinheit, die sich aus Überlebenden der Tannwirker Landwehr gebildet hatte. Neben den Schrecknissen des Düstertanns, waren es besonders Geheimaufträge gegen Verbündete der Namenlosen-Buhlerin Simiona, mit denen Irion und die Schwarzpfeile in den vergangenen Götterläufen betraut wurden. Bis 1038 BF kämpften die Schwarzpfeile im Namen des Tannwirker Vogtes Alrik Herdan von Prailind. Seit dessen Internierung auf den Efferdstränen agieren die Söldner nun wieder weit unabhängiger. In den letzten Götterläufen waren es wieder die Kreaturen des Düstertanns, die die Aufmerksamkeit der Schwarzpfeile auf sich zogen – für gutes Gold von Landvogt Rondred von Derrelsbach.

So schritt Irion mit wallenden Gewändern an den Schrein Urischars und kniete etwas umständlich nieder. Seine Knochen waren nicht mehr so agil wie früher. Urischar, der Herr der Ordnung wider des Chaos, auch er schien dem Gefühlschaos in Irions Herzen nicht Herr zu werden. Fast schon vorwurfsvoll blickte der Magier zur luchsgestaltigen Statur empor, als er hinter sich Schritte vernahm.

„Wer wagt es uns bei der Andacht zu stören? Was will er von uns? Entferne er sich! Und zwar subito!“ Irion machte keine Anstalten sich umzudrehen.

„Kleines Magierlein, du hast etwas was ich begehre?“, raunte eine tiefe Stimme.

Umständlich, auf seinen Magierstab gestützt, erhob sich Irion nun doch und drehte sich um. Vor ihm stand ein fast zwei Schritt großer Hüne. Eine zerschlissene grau-braune Kutte verbarg den muskulösen Körper nicht, noch schmälerte sie sein Auftreten. Dieser Mann brauchte keine goldbestickten Roben oder prunkvolle Plattenrüstungen um Autorität und Macht auszustrahlen. Seine eigene Aura genügte völlig. Er hatte eine Glatze, ja mehr noch, er besaß nicht einmal Augenbrauen oder Wimpern. Die Stirn war zerfurcht, seine Hände schwielig. In den dunklen Augen blitzten goldenen Sprenkel auf. Hinter dem Hünen standen drei weitere Menschen in ähnliche zerschlissener Kleidung. Auch sie hatten keinerlei sichtbare Behaarung.

„Wir haben nichts was Euch interessieren könnte. Hinfort.“ Der Magier ließ drohend seinen Magierstab in der Luft kreisen.

„Kleines Magierlein, du hast eine goldene Schuppe es goldenen Drachen, gib sie mir!“ Der Hüne legte seinen Kopf schief und streckte seine schwielige Hand Irion entgegen.

„Wir lassen uns von Euch nichts befehlen! Ignifaxius!“ Mit diesen Worten schoss ein Flammenstrahl aus den Händen des Magiers und umhüllte den Hünen vollends. Doch, zur Überraschung Irions, trat der Mann vollkommen unversehrt aus dem Feuerstrahl hinaus und schritt auf den Magier zu.

"Schon bald wird der Große Drache vom Himmel herabsteigen, ER wird die gleißenden Ketten sprengen. Das Praiosauge wird in tausend mal tausend Splittern herabregnen, wenn sein Karfunkel befreit wird, und dann werden wir alle im Dunkeln versinken."

Der Hüne war an Irion herangetreten, umfasste ihn an der Gurgel und hob ihn an, sodass die Beine des Magiers in der Luft baumelten. Mit hypnotischem Blick starrte er dem Magier in die Augen. „Wo, kleines Magierlein, hast du die Drachenschuppen versteckt?“

Irion war wie geblendet, wie in Trance berichtete er bereitwillig, wo er das, was der Hüne begehrte, verborgen hatte.

„Deine Aufgabe ist nun erfüllt, kleines Magierlein!“ Mit diesen Worten warf der Hüne den Magier in Richtung des Wegschreins. Irion prallte mit dem Kopf gegen die Statue des Urischar und blieb mit einer blutenden Kopfwunde am Fuße des Schreins leblos liegen.

So schloss sich ein weiteres Kapitel im ewigen Buch der Toten. Mochte Darador die von ihrem weltlichen Körper befreite Seele auf ihren weiteren Weg führen.



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Autor: Bega