Geschichten:Waldsteiner Totenbuch 1046 – Ulfhard von Düllerwüben

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Sertiser Forst, Grafschaft Waldstein, Ende Boron 1046 BF:

In den Tiefen des Sertiser Forstes, zur Mitternacht, als das Madamal sein bleiches Licht über die Bäume warf, lag eine unheilvolle Spannung in der Luft. Brin von Eulenstein spürte die Veränderungen in seinem Inneren, als er sich auf den Kampf gegen einen tollwütigen Bären vorbereitete. Das Knurren des Biestes drang durch die Dunkelheit, begleitet von einem grollenden Donner, der den beginnenden Sturm ankündigte. Als der geifernde Bär aus dem Schatten sprang, entbrannte ein Kampf zwischen Bestie und Mensch. Wobei, nein, nicht zwischen Bestie und Mensch, sondern zwischen Bestie und Bestie, denn Brin hatte sich mit einem markerschütternden Gebrüll in seine wölfische Gestalt verwandelt.

Was Brin nicht wusste, sein Vater Ulfhard, einst ein stolzer Adelsmann, nunmehr jedoch von den Geistern des Alkohols gepeinigt, beobachtete das Geschehen aus dem Dunkel heraus. Er war seinem Sohn einer Schnapslaune heraus in den finsteren Forst gefolgt.

Sein Sichtfeld getrübt von den Auswirkungen des Gebrannten, erkannte er dennoch zu was zu einer Bestie sich sein eigener Sohn verwandelt hatte. Brin, in den Kämpfen der Nacht verstrickt, ahnte nicht, dass in den nächtlichen Schatten der Blick seines eigenen Vaters auf ihm ruhten.

Die Auseinandersetzung zwischen dem Werwolf und dem Bären war ein Tanz des Todes, begleitet vom Heulen des Sturms. Die Krallen und Zähne der Werkreatur waren todbringende Waffen, denen der tollwütige Bär nach einem blutigen Kampf schließlich erlag.

In den Schatten verfolgte Ulfhard das grausame Schauspiel. Im Wahn des Gebrannten erkannte er in der Erscheinung des Werwolfes seinen Sohn. Ungläubig und unbeholfen stolperte er in den kläglichen Lichtstrahlen des Madamals. Die Wahrheit, von einem betrunkenen Verstand schwer zu begreifen, spiegelte sich in seinen Augen wider.

Ulfhard (mit stockender Stimme): "Brin? Was... was bist du?"

Brin, der mit weit aufgerissenen wölfischen Augen seinen Vater erblickte, sah die Erkenntnis in den Augen seines Vaters.

Es war eine Entscheidung, die Brin nicht leicht fiel. Der Vater, der nunmehr das dunkle Geheimnis kannte, musste schweigen. In der Verzweiflung der Nacht gruben sich die Krallen des Werwolfes tief in den Brustkorb des alten Mannes, und sein Vater sank zu Boden, sein Blut vermischte sich mit dem Herbstlaub des Waldes.


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Die Nacht brachte einen finsteren Krieger hervor, der aus den Schatten der Blätter in den Schein des Madamals trat: Yrasiel Eisauge hatte die ganze Zeit im Verborgenen gelauert. Seine dunklen Augen fixierten den am Boden über seinen toten Vater kauernden Brin, der nun wieder seine menschliche Form angenommen hatte. Das Geheimnis seiner Existenz sollte in den Tiefen des Waldes verweilen. Das Blut würde den Wald nähren, von der grausamen Tat würde bald schon nichts mehr übrig bleiben als ein Windhauch, von dem nur die schattigen Bäume Zeugnis ablegen konnten.