Geschichten:Waldsteiner Totenbuch - Borbert von Auweiler

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Rittergut Auweiler, Anfang Phex 1043 BF:

„Wann kommt Opa heim?“ Große, fragende Kinderaugen blickten zu Alfwing, der auf einer gepolsterten Bank in der 'Großen Halle' saß. In Wirklichkeit war diese 'Große Halle' eher gedrungen und klein – zumal auch der einzige beheizbare Raum des Gutes.

„Der Opa verteidigt die Waldsteiner Ehre in der Fehde, mein Kind.“ Liebevoll blickte der junge Ritter zu seiner Tochter runter, die zu seinen Füßen mit Holzpferdchen spielte.

„Was ist die Waldsteiner Ehre, Papa?“

„Die Pflicht eines jeden Waldsteiner Ritters für seine Tugenden zu kämpfen und in die Schlacht zu ziehen.“

„Was sind Tugenden, Papa?“ Die kleine Ceres hämmerte mit einem der Holzpferde auf ein anderes rum.

„Ein vorbildliches, ritterliches Verhalten, den Schutz seiner Familie und der Schwachen und Gehorsam gegenüber seinem Lehensherrn.“ Alfwing verzog wegen des Gehämmers seine Mundwinkel. „Ceres, mein Kind, hör auf mit dem Krach wenn du dich mit Papa unterhältst!“

„Was ist Gehorsam, Papa?“ Das kleine Mädchen hämmerte fleißig weiter.

Mit einer Handbewegung schnappte sich Alfwing die beiden hölzernen Spielsachen seiner Tochter und nahm sie ihr weg. „Das, mein Kind, passiert, wenn man NICHT Gehorsam ist!“ Ein triumphierendes Lächeln erhellte die Gesichtszüge des Vaters, doch dieser Moment sollte nicht lange anhalten.“

Lautstark fing die kleine Ceres an zu brüllen. Mit einem Kopfschütteln blickte Alfwings Gemahlin Tanit zu diesem.

„Ich weiß nicht was du hast, meine Liebe, es ist nie zu früh den Kleinen das ritterliche Leben zu zeigen.“ Alfwing lächelte etwas verkrampft seine Frau an.

„Du meinst also, es ist ehrenhaft für diese Tintenkleckser am Grafenhof in die Schlacht zu ziehen?“ Tanit funkelte ihren Mann finster an.

„Sehr wohl, es ist unser Recht und Privileg uns zu befehden! Das wohl!“

Tanit schüttelte nur wieder verständnislos ihre Kopf. Dann wanderte ihr Blick zum Fenster hinaus in den Hof, gerade war ein Reiter angekommen.

„Ah seht mal, da kommt Onkel Filrak.“

„Wunderbar, sicherlich bringt er Neuigkeiten vom Grafenhof?“ Freudig sprang Alfwing von der Bank auf und ließ die hölzernen Spielpferde aus seiner Hand fallen. Dankbar wurden diese von der kleinen Ceres aufgelesen, was sie auch dazu bewegte ihre Gebrülle einzustellen.

Die Tür der guten Stube sprang auf und ein ernst dreinschauender Gemmenritter trat an.

„Rondra zum Grüße! Onkel, was gibt es Neues von der Fehde? Ich hörte das Schlachtenglück ist mit den Unsrigen.“ Alfing umarmte seinen Onkel zur Begrüßung.

„Rondra zum Gruße, Alfwing. Ja, so war es, wir haben tapfer gekämpft. Doch die 'Schlacht an der Pulsa' ging für uns verloren und ich bringe weitere schlechte Kunde.“ Der Gemmenritte hielt inne und holte tief Luft.

„Sag schon!“, drängelte Alfing.

„Es geht um meinen Bruder … deinen Vater. Er ist in der Schlacht gefallen.“ Filrak senkte sichtlich betroffen seinen Kopf.

Mit großen Augen blickte Alfwing seinen Onkel einen Moment an. Dann straffte er sich. „Nun, so schließt sich wieder ein Kapitel im ewigen Buch der Toten. Es gibt für einen Ritter nichts ehrenhafteres als im Kampf zu sterben. Wir werden meinen Vater als großen Ritter in Erinnerung behalten.“ Alfwing wandte sich von den anderen ab und starrte ins Leere. „Ich werde noch heute aufbrechen und seine Platz im ritterlichen Aufgebot einnehmen, das bin ich ihm schuldig.“

Tanit wollte etwas sagen, doch erstickte ihre Stimme. Worte waren genug gesprochen worden, nun würden nur noch die Taten zählen.