Geschichten:Tashold von Hohentann

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Schloss Schwanenkron, Rahja 1045 BF:

Stumm standen die drei Geschwister da, Berla, die auch sonst nicht viel sagte und so selten wie möglich an den Schwanenbrucher Hof kam, Storko, der bodenständige Junker der Alt-Gobsümpfe und Perainehild, die verbitterte Landvögtin des Blutmoores. Es klang wie ein schlechter Witz: Kamen eine Ritterin vom See, ein Junker eines Sumpfes und eine Landvögtin eines Moores zusammen … doch es war kein schlechter Witz, es war bitterer Ernst, denn es war die Nachricht vom Tod ihrer Schwester, die die so ungleichen Geschwister an den Hof kommen ließ.

„Ertrunken … sie ist ausgerechnet ertrunken.“ Perainehild reckte kopfschüttelnd ihre Hände nach oben. Ja, ihre Zwillingschwester war ausgerechnet ertrunken. Es war, als würde sich der schlechte Witz fortschreiben.

„Beten die in Derrelsbach nicht irgend so eine Entenheilige an, die über den Fluss dort wacht?“, fragte Storko in die Runde.

„Was weiß ich, was die da im verfluchten Serrinwald alles anbeten“, zischte Perainehild zurück, die ihrem Ruf somit wieder alle Ehre tat. Die in die Jahre gekommene Landvögtin von Moorwacht war mit der Zeit zynisch und verbittert geworden. Wohl auch, weil ihre einzigen Untertanen eine Handvoll gräfliche Kämpfer waren – und eine schrullige Magierin, die ihr in dem beengten Wachturm das Leben schwer machte. Als ob die Wacht über das Blutmoor nicht schon zehrend genug gewesen wäre.

Berla schwieg, wie immer. Gesellschaft mochte sie nicht, sie war froh in ihrem Wehrturm in Ruhe gelassen zu werden. Doch der plötzliche Tod ihrer Schwester nötigte auch sie in den Schoß der Familie zurückzukehren.

„Was für ein Jahr!“, seufzend ließ sich Storko auf einen Sessel fallen.

Krachend flog die zweiflügelige Tür auf und Bosper Cyberian von Hohentann trat mit wehenden Gewändern ein. „Mein Beileid für den ach zu frühen Tod eurer Schwester“, säuselte der Hofkaplan, „ich werde mein verehrtes Tantchen missen. Und ja, die Derrelsbacher beten irgend so ein Wesen an und wir sehen jetzt wohin das führt, wenn die Menschen Praios Pfad verlassen!“

„Hast du uns etwas belauscht?“, fragte Perainehild und stemmte ihre Fäuste an ihre Hüfte.

„Ihr wart ja nicht zu überhören“, Bosper zog seine rechte Augenbraue hoch, „und ja, Onkel Storko, was für ein Jahr. Wir haben uns noch immer nicht von der unehrenhaften Hinrichtung von meinem Bruder erholt. Ritter des Fuchsrudels und dann in Meilersgrund seines Standes beraubt und wie ein gemeiner Dieb am Strang aufgeknüpft. Das sieht Movert ähnlich. Welch Demütigung für unsere Familie. Da ist Tantchens Tod ja fast schon eine Randnotiz.“

„Bitte was?“ Perainehilds Stirn durchzog sich mit Zornesfalten.

„Wer weiß, was die da im Serrinwald getrieben hat? In einem Bach ertrunken? Meine Güte, welch schlechter Scherz. Wir müssen alles daran setzten, die Scharte meines unvernünftigen Bruders wieder auszuwetzen, sonst verlieren wir an Einfluss. Der schmierige Eulensteiner bat um die Hand von Moverts Sohn Quendan für seine erstgeborene Tochter. Kann er haben, Moverts Blutlinie ist nun eh wertlos. Streitzig, Weißenstein und Leustein stehen weiterhin fest zu uns. Wir müssen uns den Derrelsbacher versichern, Tantchens Gemahl ist der Landvogt von Tannwirk, wir müssen jemanden an seinen Hof schicken, er ist ein wichtiger Verbündeter. Und wir werden ihm anbieten seinen nichtsnutzigen Sohn Valpo als Hausritter bei uns am Hof anzustellen, soweit ich weiß ist der immer noch ohne Dienstherrn.“

„Meine Zwillingsschwester ist noch nicht mal kalt und du spinnst schon deine Ränke?“ Perainehild schüttelte verständnislos ihren Kopf.

„Falsch, Tantchen, sie dürfte schon sehr kalt sein, ist sie doch ertrunken … aber sei es drum, irgendwer muss sich ja um die Familie kümmern. Ihr tut es offenkundig nicht. Aber da ihr schon mal hier seid, könnt ihr auch gleich den Feierlichkeiten in der Hohlbrache beiwohnen.“ Bosper lächelte erquickt.

„Welche Feierlichkeiten?“, wollte Storko wissen.

„Unsere gute Koscherin Thalessia wird von unserem 'weisen' Baron zur Junkerin erhoben. Sie schätzt den Ort als Landsitz sehr und plant dort viel Zeit zu verbringen. Ist das nicht rührend? Wer liebt sie nicht, die Sommerfrische auf dem Land … umgeben vom wuchernden Reichsforst … Wölfen … Waldschraten … und was weiß ich noch.“

„Aber gehört das nicht diesem Kupferstecher aus Gareth?“, fragte Perainehild.

„Ich sagte doch, ich kümmere mich um unsere Familie! Die Nadorets sind wichtige Verbündete. Und nun sputet euch!“