Geschichten:Auf nach Maraskan!

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Auf der Kressenburg, Ende Ingerimm 1043 BF

Der Paligan bittet zur Herrschau?“, fragte der Baron nach, während er weiter sinnend aus dem Turmfenster gen Praios blickte.

„So hört man es die Ausrufer in Greifenfurt sagen.“ Bestätigend nickte der ältere Ritter. „Eldwin und Brin kamen gerade mit dem letzten Handelskarren und haben es selbst gehört.“

„Und die Rondra-Kirche ruft die Pilger an den Altar von Sankt Leomar.“ Nachdenklich trat Ardo vom Fenster zurück und setzte sich zu seinem Vater an den Tisch.

„So ist es. Es hat den Anschein, als sei die himmlische Leuin den Twist überdrüssig, den sie mit ihrem Urteil ausgelöst hat.“

„Schon möglich“, gab der Jüngere grübelnd zu. „Trotzdem verstehe ich Rondrigans Absicht hinter dem Ganzen nicht. Wozu das Schauspiel? Er sammelt alle Truppen die ihm als Markgraf direkt unterstehen, dazu noch alle kaiserlichen Einheiten. Obendrein die Perlenmeer- und die Darpatflotte! Nimmt man noch all jene Krieger hinzu, die zum Schwertfest pilgern, dann hat der Paligan dort eine Truppe zusammen, mit der er nach Maraskan übersetzen und die halbe Insel im Sturm nehmen könnte!“

„Ich denke, dass du zu viel in die Sache hinein interpretierst Junge.“ Wulfhart schob seinem Sohn den gefüllten Bierkrug vor die Nase, den dieser bisher verschmäht hatte. „Vermutlich wollen Paligan und die Kaiserin einfach Stärke zeigen. Denn des Reiches Truppen wird Rondrigan kaum ohne ihre Zustimmung sammeln. Du weißt selbst um das Gerede, dass Rohaja im letzten Götterlauf dem Treiben der garetischen Fehde seltsam untätig zugesehen hat, obwohl es ihre eigene Krondomäne ist, die sich hier innerlich zerfleischt.“

„Die Frage ist, wem gegenüber diese Machtdemonstration eine Warnung sein soll.“ Nachdenklich führte der Baron den Krug zum Mund und trank ein paar tiefe Schlucke, bevor er weitersann. „Aller Wahrscheinlichkeit den Grafenhäusern und den großen Familien Garetiens, die in der Fehde alle Federn gelassen haben. Reichsforst und Hartsteen voran, aber auch die anderen haben geblutet und sind nun weder so vermögend noch so stark wie vor zwei Götterläufen.“

„Da hast du zwei Punkte, die unmittelbar miteinander zusammenhängen.“ Wulfhart öffnete erst die eine Hand und dann die andere. „Geld und Macht. Die Grafschaften sind ausgeblutet und kaum einer hat noch die finanziellen Mittel, um seine Leute ordentlich auszurüsten. Erst gestern hat Phexian uns ja wieder erklärt, was für ein Loch es in deine Kassen reißt, dass der Handelsvertrag mit Graf Drego nicht verlängert wurde. Außerdem hat Rahjamunde mir erzählt, dass Meister Durac sich ernsthafte Gedanken macht, wie es demnächst mit den Schmieden weitergehen soll. Im Moment kommen die Plättner zwar endlich dazu, die Aufträge für Kressenburg nachzuholen, die wir wegen der Lieferungen nach Reichsforst zurückgestellt haben. Aber das wird nicht ewig vorhalten.“

„Ich werde mich einmal bei meinen Freunden im Garafanbund umhören. Vielleicht brauchen Urion oder Anselm mal wieder etwas für ihre Waffenknechte. Letztlich müssen Meister Durac und seine Leute aber selbst schauen, wo sie Aufträge herbekommen. Ich bin nicht der Laufbursche für die Zünfte!“

„Nein, da sei Praios vor. Aber letztlich füllen die Steuern der Händler auch deine Taschen“, gab Wulfhart zu bedenken.

„Das weiß ich sehr gut, danke Vater“, gab Ardo leicht gereizt zurück. Er hatte nie die kaufmännische Ader seines Vogtes besessen und auch nicht die überlegte Art seines Vaters. Trotzdem war er es leid in seinem Alter noch von ihnen belehrt zu werden. Der junge Baron trank einen Schluck, um sich abzuregen und dachte dann kurz nach. „Weißt du was, Vater? Ich werde nach dem Neujahrsstechen gen Perricum reisen.“

Verblüfft sah ihn das Keilholtzer Familienoberhaupt an. „Warum das denn Junge?“

„Ganz einfach. Seine kaiserliche Hoheit ruft zur Heerschau. Zugleich ruft die Rondra-Kirche zur Pilgerreise. Alles was Rang und Namen in Garetien hat wird in Perricum sein. Ich bin der Baron von Kressenburg. Ich bin der Träger von Feuerschlag und der Erste der Vertrauten der Krone. Ich bin jemand von Rang und Namen und gehöre demzufolge während der Heerschau nach Perricum.“ Der Baron sah, dass sein Vater ihn forschend anblickte, ob er jetzt dem Größenwahn verfallen war. Ardo machte eine wegwerfende Handbewegung, wie um den gerade geäußerten Gedanken von sich zu weisen. „Abgesehen davon“, fuhr er im Plauderton fort, „wird es in nächster Zeit keine größere Ansammlung von Adel und Militär geben als diese. Wenn ich irgendwo Handelspartner für unsere Waffen und Rüstungen finde, dann dort.“

Wulfhart entspannte sich erleichtert und lächelte milde in seinen Bart. „Das klingt tatsächlich nach einer klugen Idee, mein Junge.“ Er griff nach seinem Bier und setze gleich wieder ab, als ihm ein Gedanke kam. „Was aber tust du, wenn der Paligan tatsächlich spontan zu einem Schwertzug nach Maraskan aufbricht?“

„Das ist doch klar“, gab Ardo trocken zurück und leerte seinen Krug mit dem zwergischen Starkbier. „Ich werde der Erste aus dem Schwertzug sein, der maraskanischen Boden betritt.“