Geschichten:Bündnistreue – Licht in der Dunkelheit

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Stadthaus der Familie Storchenhain, Reichsstadt Hirschfurt, Ende Praios 1044 BF:

Mit einem Seufzen legte Albin den Brief seiner Gemahlin auf das kleine Tischchen neben ihm. Sie war sein Auge und Ohr am Grafenhof in Grafenruh. Wohl seine einzig verbliebene Verbündete dort. Seit dem der Hofkaplan Gutfried von Weißenstein dort das Sagen hatte, hatte er sich nicht mehr hin getraut. Zu recht, denn Thyrias Zeilen sprachen eine eindeutige Sprache. Die offenen Parteigänger der Elfengräfin waren nunmehr alle geflohen – primär an den sogenannten Silzer Elfenhof. Der Weißenstein nutzte dabei seine Macht geschickt aus. Während er gegen die Elfenherrschaft und alles Magie innewohnende polemisierte, waren es die Jungspunde - die Hausritter, Knappen, Gardisten und Höflinge, die den Elfenfreunden Zusehens gewalttätig auf die Pelle rückten und sie so zur Flucht drängten. In Waldstein hatten sich nunmehr mehrere Machtzentren gebildet. Der Grafenruher Grafenhof war fest in den Händen der Verbündeten des Hofkaplans, allesamt sogenannte Waldsteiner Traditionalisten. Dem Grafenhof gegenüber stand der Silzer Elfenhof um Landvogt Vallbart von Falkenwind, der dort die Waldsteiner Elfenfreunde um sich scharte. Und die gräfliche Administration in Hirschfurt? Die war indifferent. Während der Seneschall öffentlich mit den Waldsteiner Traditionalisten sympathisierte und sie gar hofierte, verhielt sich Landrichterin Yalagunde von Zweifelfels neutral. Er selber, seines Zeichens gräflicher Kämmerer, neigte deutlich zu den Elfenfreunden und bisher machte der Seneschall auch keine Anstalten ihn aus dieser Position zu entfernen. Wie auch, schließlich wurde er von der Elfengräfin persönlich per Dekret zum Kämmerer erhoben. Er wusste, wem er das zu verdanken hatte.

Die Zeilen seiner Gemahlin stimmten Albin nicht gerade zuversichtlich. Ihm dräute, das Schlimmste würde Waldstein noch bevorstehen. Ein sachtes Klopfen an der Tür ließ den jungen Kämmerer, der mehr Bürokrat als Ritter war, aus seinen Gedanken aufscheuchen. Es war sein Adjutant und Vertrauter Sindor Falkenschlag.

„Ah Sindor, mein Guter, komm trink mit mir!“ Albin machte eine einladende Handbewegung.

„Schlechte Neuigkeiten von Grafenhof?“, fragte Sindor mitfühlend. Er kannte Albin gut und wusste wenn dieser etwas auf dem Herzen hatte.Vor kurzen war er mit in das Stadthaus der Familie Storchenhain eingezogen. Albins Gemahlin lebte mit den Kindern am Grafenhof und Sindor hatte das Gefühl, der junge Storchenhain brauchte etwas Gesellschaft.

„Das Übliche eben.“ Albin seufzte umso schwerer. „Und noch so vieles mehr. Thyria hat den Grafenhof fluchtartig verlassen und ist auf dem Weg nach Storchenhain zu meinem Vater.“

„Warum nicht zu dir nach Hirschfurt?“

„Sie mag die Reichsstadt nicht.“

„Vermisst du deine Kinder?“ Der großgewachsene, schlanke Mann mit den geheimnisvollen, bernsteinfarbenen Augen schenke beiden etwas Wein ein und ließ sich dann zu Albin auf das gut gepolsterte Sofa fallen. Dabei legte er den Kopf auf den Schoss des anderen Mannes. Dieser legte seine linke Hand vorsichtig auf die Brust des Halbelfen.

„Ich denke, ich werde Jendor nach Hirschfurt holen. Er ist nun alt genug. Auch will ich Thyria nicht die ganze Bürde der Kindererziehung auflasten. Selinde ist noch zu klein, sie braucht ihre Mutter.“

„Jendor wird sich hier sehr wohlfühlen. Sicherlich vermisst er seinen Vater sehr.“ Ein liebevolles Lächeln huschte über die Lippen Sindors. Ein Lächeln, das von Albin erwidert wurde.

„Ach, bevor ich es vergesse“, sagte Sindor gespielt beiläufig, „ich habe da was für dich.“ Der junge Mann zog einen Packen Dokumente aus seiner Brusttasche und wedelte damit herausfordernd vor Albins Gesicht umher.

„Was ist das?“, fragte dieser überrascht.

„Nun, nach unserem letzten Abenteuer in der Amtsstube des Seneschalls, war ich heute noch mal in der Grube der Schlange.“ Sindor blickte seinen Gegenüber triumphierend an.

„Du hast was?“ Die Stimme Albins überschlug sich, während er nach den vor seiner Nase rum wedelnden Dokumenten schnappte. „Du sollst dich nicht in Gefahr bringen! Wenn die Kreaturen des Seneschalls dich erwischt hätten … .“

„Oh, sorgst du dich etwa um mich?“, Sindor knuffte Albin neckisch in die Seite.

„Hör schon auf!“ Albin bekam die Briefe zu fassen, öffnete sie und begann zu lesen.

„Und, kannst du was damit anfangen?“

„Das ist … das kann doch nicht.“ Albin stockte und blickte Sindor entgeistert an. „Ich muss umgehend die Silberzunge kontaktieren. Es ist wichtig!“

„Der wird sicher schon auf dem Weg nach Perricum sein … zu dieser Heerschau“, entgegnete Sindor mit einem Achselzucken.

„Pack deine Sachen wir reisen nach Perricum! Sofort!“