Geschichten:Grauen am Darpat - Nebachotische Finessen
Dramatis Personae
- Marnion von Kelsenstein- Junker zu Kelsenburg
- Leomara von Isenbrunn, Ritterin zu Gnitzenkuhl
- Kor’win Beshir’a Danal han Bahr ai Danal - Großwildjäber aus Brendiltal - Alex K.
- Kain han Bahr ai Danal - Gehilfe Kor'wins – Alex K
- Unswin von Keilholtz ä.H., Edelknappe und Novize im Zornesorden
- Alexis Colon Darios, Praetor des Rondratempels zu Schwertwacht, Leutnant im Zornesorden
- Selinde von Löwenhaupt-Hauberach, Junkerin zu Allwinnen und Erb-Baronesse zu Vellberg
- Palinai von Isenbrunn, Altjunkerin von Kaltengrundt
- Roderick von Isenbrunn, Vogt von Gnitzenkuhl
Harro tat wie ihm befohlen, und hielt nachdem er den Gefangenen unwirsch in die Zelle gestoßen hatte mit einem unsicheren Blick auch Kor’win die Türe auf, damit er dem Söldner in den kargen Raum folgen konnte.
Leise, fast unhörbar trat Kor’win in die Zelle. Der Gefangene wusste noch nicht genau, was ihm geschah, da hatte er schon einen Sack über dem Kopf und sah absolut nichts mehr. Er musste sich jetzt darauf verlassen was er hörte. Das leise ‚bei den Göttern‘ Flüstern, was Harro mit angehaltenem Atem ausstieß, ließ ihn jetzt doch nachdenklich werden.
„Was? Was ist los, nä? Was macht ihr, nä?“ Seine Stimme klang bei weitem nicht mehr so sicher….
Der Vogt war Kor’win fast ebenso so leise nachgegangen, und warf nun seinerseits einen Blick in die Zelle. Er suchte den Blick des Jägers. Rodericks eisblaue Augen waren emotionslos, doch mit Gesten, die Mäßigung in seinem Gebaren bedeuteten, zeigte er ihm an, dass er hier nicht völlig freie Hand hatte.
Nachdem der vorlautere der beiden nun bei Kor’win war, verblieb der unsicher wirkende zweite Söldner bei den Adligen. Kain wand sich derweilen an Selinde.
„Würdest Du mir nuochmal helfen?“ Die Baroness schaute den Nebachoten fragend an, stützte ihn dann aber wieder und trat mit ihm hinaus auf den Gang. Als sie draußen alleine waren, blieb er stehen und fing langsam an zu zählen. Irgendwann unterbrach Kain sein Zählen und meinte zu Selinde.
„Ich dänke, duas reicht. Wundäre Dich jetzt bittä nicht, sondern haltä mich ainfach.“ Damit hielt sich der junge Nebachote bei der Baroness fest, warf seinen Kopf soweit in den Nacken, wie es seine Verletzung zuließ und stieß einen markerzitternden, langgezogenen Schrei aus, der voller Schmerz, Pein und Leid steckte. Überrascht schaute Selinde ihn an, doch als er ihr in den kurzen Pausen immer wieder lächelnd zuzwinkerte, beruhigte sie sich etwas.
Die Vellbergerin zuckte trotz Kains Vorwarnung kurz zusammen, als dieser plötzlich wie am Spieß zu schreien begann, hielt den Nebachoten aber weiterhin fest. Für einen Moment war die Baronesse irritiert, da sie zunächst den Sinn dieses Schreis nicht erkennen konnte.
Roderick von Isenbrunn ging mit einem Kopfschütteln an den beiden vorbei. Er war aus der Zelle gekommen, wo sich auch Kor’win und der störrische Gefangene befanden. Was genau in dem Moment in dem Kopf des Vogtes vor sich ging, war schwer nachzuvollziehen. Er sah zumindest einigermaßen verwundert aus, als er wieder in der Zelle mit Leomara und den Ordensbrüdern verschwand.
Nachdem Kain Selinde kurz zugezwinkert hatte, fiel bei ihr der Heller und am Ende der Scharade sprach sie leise mit breitem Grinsen zu Kain:
„Du kannst ja auch auf anderen Gebieten sehr erfinderisch sein! Und besser als Leute einfach zusammenzuschlagen oder zu foltern ist es allemal, auch wenn ich befürchte, dass Kor`win das anders sehen mag.“
Kains Grinsen wurde bei diesem Lob nur noch breiter. „Mir mir wird äs jedenfalls nichts langgwailig.“ Raunte er ihr zu und musterte sie eingehender und offensichtlicher als es sittlich gewesen wäre. Ganz allgemein fragte Selinde:
„Ich denke, unsere – oder besser Deine – Komödie hier hat ihren Zweck erfüllt. Was hältst Du davon, wenn wir zu dem anderen Gefangenen zurückgehen und Du mir dann in seiner Gegenwart Vorwürfe machst, dass ich seinen Kumpanen so hart angegangen bin und ihm die rechte Hand zertrümmerte, weil er nicht sofort redete? Nach Deinem Geschrei wird dieser Mistkerl das sicher glauben und singen wie ein Vögelchen, wenn er es nicht schon von sich aus getan hat.“
„Wie wäre es, wenn Du mich hier hart angähst? Äs sind duoch alle gerade beschäftigt.“ Fragte er dagegen.
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