Geschichten:Grauen am Darpat - Ein Zaungast mit Absichten

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Dramatis Personae

Es führt kein Weg dran vorbei

Baronie Gnitzenkuhl, kurz vor Stadt Gnitzenkuhl – Ingerimm 1032 BF

Kor'win kniete am Ufer des Darpat und zerrieb etwas Erde zwischen seinen Händen, den Blick dabei gedankenverloren auf den Darpat gerichtet. Sein Ross graste etwas hinter ihm und hob kurz den Kopf, als sich ein Reiter im schnellen Galopp näherte. Als das Pferd Kain in dem Reiter erkannte, senkte es wieder den Kopf und graste ungestört weiter.

"Du warst langä weg." Begrüßte Kor'win seinen jüngeren Begleiter ohne vom Darpat wegzusehen. Dieser zügelte sein Ross und sprang kurz vor dem Ufer aus dem Sattel. "Sichär, aber dafir wissen wir jetzt, was wir bishär nur vär'mutet haben."

Als Korwin noch immer keine Anstalten machte sich zu erheben, für Kain schließlich fort. "Die Marbena hat wirklich selbst ainige Rittär auf das Wäsen angesetzt. Und mähr noch. In Gizien'chul sollän sich sogar richtigä Monstärjäger sammeln." Das Wort Monsterjäger verzog und betonte Kain absichtlich. "Sie sollän sogar schon ärste Spuren nachgegangen sain.". Schließlich brachte es den gewünschten Effekt. Kor'win sah jetzt doch auf, erhob sich und blickte Kain mißmutig ins Gesicht. Genervt ausatmend und ohne ein Wort zu sagen warf er die restliche Erde zur Seite und stapfte zu seinem Ross. Es führte wirklich kein Weg daran vorbei, sie mußten nach Gizien'chul, wollten sie mehr erfahren.

Ein Zaungast mit Absichten

Stadt Gnitzenkuhl, Stadtteil Boronshof – Ingerimm 1032 BF

"Gut ich reite also den Darpat gen Boronshof und postiere mich an der Stelle, wo das Untier das letzte Mal an Land ging." Feixend musterte Leomara noch einmal ihren Knappen. Unwillig hatte er das Pferd an einem der Ställe festgebunden und stand nun unschlüssig vor der Admiral Dozman. "Willst du lieber doch auf deiner braven Stute mit am Ufer entlang zockeln…?" Röte flammte im Gesicht den Knaben auf, dem er nach einem kurzen Moment nur ein bestimmtes „Nein!" folgen ließ, und ohne ein Blick auf das Wasser zu werfen die Schiffsplanke erklomm. Lachend ritt Leomara von Isenbrunn los und begab sich auf ihren Posten. Unswin ließ sein Pferd noch einen Moment verharren und warf seinem Herren einen letzten Blick zu, bevor er sich auf machte der ungestümen Ritterin zu folgen.

Der Edelknappe hatte sich während des Ritts immer ein paar Pferdelängen hinter Leomara gehalten und nahm auch wie selbstverständlich die Zügel von Leomaras Pferd entgegen als diese sich in den Schilfgürtel schlug. Sofort hieß er die Tiere still zu stehen und besah sich gründlich den Boden so er ihn auf Sichtweite deutlich erkennen konnte. Da die Ritterin von Isenbrunn bereits berichtet hatte, dass es von dem vermeintlichen Untier keinerlei Spuren gegeben hatte, erwartet Unswin nicht wirklich etwas zu entdecken. Doch widersprach es allem was er über die Jagd gelernt hatte, dass ein Geschöpf mit der vermuteten Größe spurlos auftauchen und verschwinden sollte.

Plötzlich wurde er aus seinen Gedanken aufgeschreckt, als er das Hufgetrappel eines schnell reitenden Pferdes hörte. Schnell dirigierte er die beiden Pferde hinter eine Gruppe von hohen Büschen und band sie dort fest. Dann nahm er einen Kriegsbogen zur Hand, als erwartete er jeden Augenblick einen Angriff und spähte aufmerksam durch die Blätter zum Schilfgürtel hinüber in dem Leomara verschwunden war. Alles war so schnell gegangen, dass er sie nicht mehr hatte warnen können, doch hatte er den Pfeil bereits aufgelegt um wenn nötig zu Hilfe zu eilen. Doch stellte sich seine Vorsicht als unnötig heraus, schien es doch eine aufrechte Rittersfrau zu sein, die sich näherte und sich sofort an Leomara wandte. Erneut blickte Unswin sich misstrauisch um, konnte jedoch keine weiteren Begleiter der Reiterin entdecken.

***

Auf dem doch recht langen Weg aus Vellberg gen Darpat war die junge Baronesse Selinde von Löwenhaupt-Hauberach zu Vellberg zwar auf keine Spuren des Monstrums gestoßen, wohl aber auf verschiedene Reisende, die ihr - mehr oder weniger stark übertrieben - von dessen Untaten berichteten und daß sich bereits eine illustre Schar von Adligen und Geweihten aufgemacht habe, um dieses Untier aufzuspüren und zur Strecke zu bringen. Nach einigem Herumfragen hatte die einstige kaiserliche Hauptfrau erfahren, daß besagte Gruppe mittels einer Flussgaleere ihre Suche fortsetzen wolle. Zwar war das Schiff schnell gefunden, aber keine Möglichkeit mehr gegeben, an Bord zu gelangen. Stattdessen gewahrte Selinde am Ufer eine Frau, anscheinend eine Ritterin, die nach etwas zu suchen schien und immer wieder auch zur Galeere blickte. Vielleicht gehörte die vermeintliche Rittsfrau ja zu der von ihr gesuchten Gruppe und ermöglichte so eine Gelegenheit, sich dieser anzuschließen.

Als sie die Frau erreicht hatte, zügelte die Baronesse ihr Pferd, saß ab und sprach: "Rondra mit Euch, edle Dame! Selinde von Löwenhaupt-Hauberach ist mein Name. Ich komme aus der Baronie Vellberg und habe sowohl von einen furchtbaren Monstrum gehört, daß den Fluss und dessen Ufer heimsuchen soll als auch einer Schar Recken, die diese Kreatur zur Strecke bringen will. Wisst ihr vielleicht mehr darüber? Ich schlösse mich dieser Gruppe nämlich gerne an."

Leomara, die gerade versuchte ihren Fuß aus dem schlammigen Boden zu ziehen, ohne ihren rechten Stiefel zu verlieren schaute erstaunt hoch. Sie hatte kaum freie Sicht auf die junge Frau da das Schilf ihr den Blick zu einem Gutteil versperrte. Wenig geistreich sondern mehr darum bemüht, nicht ihr einziges noch wirklich intaktes Paar Stiefel zu ruinieren, sprach sie daher ohne erneut aufzusehen weiter. "Die Götter mit euch. Gerade versuche ich besagter Gruppe anzuzeigen" sie deutete dabei auf das Schiff in Ufernähe "wo sich das Untier ans Ufer gewagt hat. Leomara von Isenbrunn mein Name. Vielleicht kann euch derweil mein Begleiter" sie deutete an eine Baumgruppe in ihrem Rücken wo sie den Mann mit den Pferden vermutete „Unswin, Edelknappe und Novize des Zornesordens erste Fragen beantworten."

Wissend, dass man sie vom Schiff aus im Blick hatte trat Unswin schließlich hinter den Bäumen hervor und ging gemessenen Schrittes auf die beiden Frauen zu, behielt den Pfeil jedoch noch immer auf der Sehne. Jemand der ihn nicht kannte mochte beim Anblick seines entstellten Gesichts zu der Meinung gelangen, das er höchst selbst das Monster aus dem Darpat sein mochte. Mit einem abschätzenden Blick vergewisserte er sich, dass Leomara mit dem schlammigen Boden alleine fertig werden würde, bevor er sich äußerlich emotionslos an die Reiterin wandte. "Praios und Rondra zum Gruße, edle Dame. Stellt eure Fragen und ich werde sie wahrheitsgemäß beantworten."

Selinde nickte der Frau kurz zu und wandte sich dann zu dem Ordensnovizen um. Zunächst war die Baronesse ein wenig beunruhigt und versucht, ihr Schwert zu ziehen, als sie Unswin mit eingelegtem Pfeil auf sich zukommen sah, doch erkannte die junge Frau rasch, dass dieses Verhalten nicht ihr galt sondern allgemeiner Vorsicht geschuldet war. Das entstellte Gesicht ihres Gegenübers war ihr hingegen nur einen beiläufigen Blick wert, sie hatte während ihrer Zeit in der Reichsarmee viele – zu viele – Versehrte und Entstellte gesehen, als dass sie derlei Anblicke noch aus der Fassung bringen könnten. "Ich heiße Selinde von Löwenhaupt-Hauberach und komme aus der von meinem Vater regierten Baronie Vellberg etwas weiter im Osten. Bis dorthin haben sich bereits die Existenz und die Untaten des von euch gejagten Monstrums herumgesprochen. Auch wenn manche Berichte übertrieben gewesen sein mögen, so schien doch festzustehen, dass es eine ernste Gefahr darstelle. Da zum einen nicht absehbar ist, ob diese finstere Kreatur nicht auch den Weg nach Vellberg findet und es zum anderen in meinen Augen die Pflicht eines jeden rondra- und praiosgläubigen Streiter ist, diese Bedrohung zu beseitigen, zog ich gen Darpat, wo diese Kreatur bisher ihr Unwesen getrieben haben soll, um mir selbst ein Bild von der Lage zu machen. Unterwegs vernahm ich auch, dass sich bereits eine Gruppe aufrechter Streiter aufgemacht habe, das Untier zu stellen und zur Strecke zu bringen. Ich vermute, dass Ihr und die Rittsfrau Teil dieser Gruppe seid; falls ja, schlösse ich mich euch in Rondras Namen gerne an, wenn es recht ist." Nach einem kurzen Moment schob Selinde noch eine weitere Frage hinterher: "Was gibt es denn bisher über dieses Monstrum zu berichten? Die Erzählungen der Reisenden, die ich unterwegs traf, stimmten fast ausschließlich nur darin überein, dass es sehr gefährlich sei." Fragend schaute die Baronesse den Novizen an.

"Der Orden leitet diese Untersuchung nicht und wir befinden uns zudem auf dem Land der Baronin von Gnitzenkuhl. Aber so die werte Ritterin von Isenbrunn hier, deren Lehnsherrin die Baronin ist, Eurem Anliegen nicht widerspricht, werdet Ihr eine willkommene Verstärkung sein. Die Baronin wird sich sicherlich glücklich schätzen, dass so vielen Fremden das Wohl ihrer Baronie am Herzen liegt." Bei diesen Worten zeigte sich zum ersten Mal so etwas wie eine Regung, man konnte es für ein Lächeln halten, auf dem Gesicht des Edelknappen wo es vorher wie eine Maske gewirkt hatte. "Was die Erzählungen angeht, so wisst Ihr darüber wahrscheinlich so viel wie alle anderen. Handfeste Beweise gab und gibt es bisher nicht, fast alles scheint aus mehr oder minder ausgeschmückten Berichten von Personen mit zum Teil zweifelhaftem Ruf zu stammen. Trotzdem haben wir vom Orden uns nur auf Grund dieser Berichte dazu entschlossen unsere Reise nach Perricum zu unterbrechen. Denn so unglaubwürdig ein einzelner dieser Berichte auch erscheinen mag, die Masse und die räumliche Verteilung lassen auf einen wahren Kern der Gerüchte schließen. Ohne Zweifel ist hier irgendetwas gewesen, das den Menschen und den Tieren Angst eingejagt hat. Doch wie in den anderen Fällen von denen uns zu Ohren gekommen ist, hat es wohl auch diesmal keine verwertbaren Spuren des vermeintlichen Untier gegeben." Mit einem Blick zu Leomara, die es nun endlich aus dem schlammigen Schilfgürtel herausgeschafft hatte beendete Unswin seine Ausführungen. "So Ihr also keine Angst vor Geistern habt, wird dies eine interessante Jagd werden." Wieder hatte es den Anschein als wolle sich ein Lächeln auf seine Lippen stehlen, bevor er sich selbst zur Ordnung zu rufen schien und das Gesicht erneut bis zur Ausdruckslosigkeit erstarrte.

Aufmerksam verfolgte Selinde die Ausführungen Unswins, nahm aber mit einigem Unbehagen zur Kenntnis, dass die Jagdmannschaft letztlich auch nicht mehr über das Monstrum zu wissen schien als die Baronesse selbst. Es wäre wirklich etwas beruhigender, wenn man wüsste, wen oder was man jagte. An die Ritterin und den Edelknappen gleichermaßen gerichtet sprach sie: "Gut, so ich und meine Hilfe willkommen sein sollten, schlösse ich mich gerne eurer Suche an. Nach was für Spuren sucht ihr denn konkret hier am Ufer, damit ich weiß, wonach ich Ausschau halten muss?"

Leomara kam mit vor Wasser triefenden und seltsam quietschenden Stiefeln an ihre Seite. Mit einem jovialen Grinsen reichte sie dem Neuankömmling die Hand. Die Baroness konnte spüren wie klamm sie noch von dem Wasser des Darpat war. "Leomara von Isenbrunn, Ritterin von Gnitzenkuhl und Kaltengrundt. Soweit ich das beurteilen kann könnt ihr euch unserem Haufen gerne anschließen. Es handelt sich hier ja mehr um eine…informelle Sache. Nachbarn kommen zusammen und beratschlagen über ein Problem, nicht wahr?" Kurz ersuchte ihr Gegenüber wohl noch die Haltung der jungen Frau in dieser Sache einzuschätzen als ihr scheinbar etwas anderes in den Sinn kam. Leomara ließ sich mit einem entschuldigenden Schulterzucken auf den Boden sinken. "Welcher Art die Spuren sein sollen? Wenn wir das nur wüssten. Sie müssten auf ein großes Tier hinweisen, dass aus dem Wasser kommt. Manche berichteten von mehreren Köpfen andere wiederum von einem Schwanz - der Mann, der ihm hier entkommen ist, hat gemeint, dass es sehr groß sein muss, da sein Kopf deutlich über das Schilf hinausragte. Darum dachte ich ja, ich suche dort einmal nach Spuren, aber mit den Stiefeln, das war wohl keine gute Idee." Während sie sprach hatte sie versucht, die nasse Fußbekleidung von den Waden zu bekommen, doch das Unterfangen war wohl zwecklos. Sie saßen fest.

"Wenn Ihr erlaubt Euer Wohlgeboren?" Schnell steckte Unswin den Pfeil zurück in den Köcher, hing sich den Bogen um den Leib und trat an Leomara heran. Auffordernd deutete er mit der Hand auf ihren Stiefel. "Ich hoffe Ihr habt an ein Paar zum Wechseln gedacht?"

Irritiert sah sie auf ihre Stiefel. "Zum Wechseln? Nein…das habe ich wohl in dem ganzen Durcheinander …" Sie hatte ihn während sie sprach angesehen, genauer gesagt, sah sie in seine Augen. Dann als ihre Augen sein Gesicht in seiner Gänze wahrzunehmen schienen stockte ihre Rede. Eine betretene Pause entstand. Sie lächelte ihn dann kurz entschuldigend mit leicht gerötetem Gesicht an bevor sie weiter sprach. In den bernsteinfarbenen Augen hatte er Mitleid aufflackern sehen und auch etwas, was er nicht einordnen konnte. "Ich denke, da meine Füße schon nass sind, sollte ich vielleicht ins Wasser gehen, aber meine Stiefel, ich bekomme sie nicht mehr runter."

Da war es wieder. Ging inzwischen auch das vierte Jahre ins Land seit diese eine Schlacht ihn gezeichnet hatte, gab ihm diese Reaktion doch noch immer jedes Mal aufs Neue einen Stich ins Herz. Mit einem kurzen Zucken der Mundwinkel quittierte er den Versuch der Ritterin die Situation zu überspielen. Er senkte den Blick um das Mitleid nicht erkennen zu müssen. War ihm die Abscheu der Menschen zuwider, so hasste er noch mehr das Mitleid. Doch Rondra verlangte von ihm sich jedem Problem mutig zu stellen. Innerlich schalt er sich, dass ihm gerade diese seine eigene Unzulänglichkeit immer wieder in Verlegenheit brachte, wo er sich doch schon hunderte Male geschworen hatte die Reaktionen der Menschen um sich herum zu ignorieren. Also biss Unswin die Zähne zusammen und sah Leomara direkt in die Augen bevor er erneut sprach. "So Ihr mir dies jetzt erlauben mögt, will ich versuchen Euch aus Euren Stiefeln zu helfen. Das nächste Mal solltet Ihr Euch jedoch die Zeit nehmen dies vorher zu tun. Unsere Kameraden vom Schiff werden so wie es aussieht bald soweit sein die Stelle vom Wasser aus erkunden zu können." Mit diesen Worten kniete er sich kurz entschlossen vor die am Boden sitzende Ritterin und deutete erneut auffordernd auf die durchnässten Stiefel an ihren Füßen.

Ganz selbstverständlich streckte sie ihm den ersten Fuß hin, wobei sich ein breites Grinsen in ihrem Gesicht anfing zu formen, bis sie schließlich nicht anders konnte, als ihr lachen zu begründen. "Na wenn ich gewusst hätte dass mich heute noch ein Edelknappe des Zornesordens beknien würde, hätte ich meine Füße natürlich mit dem Duftöl meiner Baronin versehen." Der Gedanke daran schien sie sehr zu erheitern und nach der eben noch bedrückt wirkenden Situation klang ihr Lachen offen und heiter.

Unswin, der die Heiterkeit der Ritterin zuerst nicht wahrgenommen hatte, da er sich ganz auf seine Aufgabe konzentrierte, wurde von der Bemerkung über die Situation und das Duftöl vollkommen überrumpelt. Natürlich hatte er sich mal wieder keine Gedanken darüber gemacht, wie sein Verhalten auf Außenstehende wirken würde. Nicht nur für die neu angekommene Ritterin die inzwischen von ihrem Pferd stieg, sondern auch für Herren an Bord des Schiffes. Zudem war er sich nicht sicher, ob sie damit den modrigen Geruch des Uferschlamms der ihr bis in die Stiefel gequollen war hätte überdecken können. Doch bevor er zu Ende gedacht hatte und sich eine Antwort zu Recht legen konnte, brach Leomara bereits in Lachen aus. Ganz offensichtlich sollte dies ein Scherz gewesen sein und wenn man es genau betrachtete, so ging er auf Kosten der Baronin. Das war ein interessanter Gedanke. Zwar hatte Unswin das angespannte Verhältnis zwischen den beiden Frauen auf der Burg kaum übersehen können, aber nun machte es den Anschein als gäbe es da etwas was es für ihn noch zu ergründen galt. Zu spät bemerkte der Edelknappe, dass er Leomara in Gedanken versunken angestarrt hatte. Er brachte ein schiefes Lächeln zustande, bevor er den Blick peinlich berührt wieder senkte und sich im Geiste einen Idioten schalt. Zu seinem Glück befreite ihn die Ritterin von Vellberg mit ihrem Näherkommen von einer weiteren Erklärung.

Immer noch völlig gelöst, registrierte sie wie geschickt und kraftvoll zugleich Unswin inzwischen auch das zweite gequollene Leder von ihren Beinen gezogen hatte. "Sehr schön und vielen Dank auch. Dann wollen wir mal sehen, wer zuerst die Spuren entdeckt." Sie rieb sich unternehmungslustig die Hände warm. "Ein Silber auf mich- setzt jemand dagegen?" Derweil sie ihr Kettenzeug von sich warf, beäugte sie die beiden aufmunternd. "Wie ich sehe zögert ihr. Hm… mein Gedankenverlorenes Tun mit den Stiefeln. Naja, ihr werdet schon sehen…!"

Unbeirrt, schritt die junge Frau, inzwischen deutlich weniger bekleidet, auf den Schilfgürtel zu. Sie hatte ihren Dolch in der Hand. Schwertgehänge und ihre Rüstung hatte sie am Ufer zurück gelassen. Ihr Körper schien durchtrainiert zu sein. Am rechten Hemdsärmel lugten Linien eines Hautbildes hervor als sie es nach oben schob, um sich im Wirrwarr der Gewächse nicht allzu sehr zu verheddern.

Mit einem kaum unterdrückten Grinsen hatte Selinde diese merkwürdige Szenerie beobachtet, bis ihr einfiel, dass sie selbst ihre Stiefel auch noch trug und es sicher besser wäre, sie in diesem Morast auszuziehen, was der Baronesse mit einiger Mühe auch gelang. "Nun", begann sie an ihre beiden Begleiter gerichtet, "die Stiefel auszuziehen war in der Tat eine sehr gute Idee, sonst versinken wir hier noch völlig in diesem Matsch." Mit einem kräftigen Wurf schleuderte sie sie in Richtung ihres Pferdes, welches kurz zusammenzuckte und begab sich, nun barfuss, zu Unswin und Leomara, um die Suche aufzunehmen. "So, dann wollen wir mal sehen, was man hier so alles zu finden vermag. Und was das Silber angeht", fuhr sie lachend fort, „so halte ich dagegen!"

"Ich besitze kein Silber um das ich spielen könnte. Doch wenn dem so wäre, würde ich jederzeit auf meinen Herren Alfred Beradje setzen." Ohne ein weiteres Wort hob Unswin schnell die achtlos abgelegten Rüstungsteile vom Boden auf, um sie zu den Pferden hinter den Bäumen zu bringen. Auch die schlammverschmierten Stiefel nahm er mit. Aus den Augenwinkeln sah er Leomara hinterher die sich bereits wieder durch das Schilf kämpfte, was ihr ohne die behindernden Rüstungsteile nun deutlich besser gelang als beim ersten Versuch.



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Texte der Hauptreihe:
29. Ing 1032 BF zur abendlichen Hesindestunde
Ein Zaungast mit Absichten
Von Schlangen und Delfinen


Kapitel 13

Spurensuche im Wasser