Geschichten:Nimmgalfs 50. Tsatag - Ich werde nicht mitkommen

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ich werde nicht mitkommen

Auf dem Erlgardshof, Ende Travia 1044 BF

„Ich werde nicht mitkommen“, brüllte sie durch die schwere Tür.

„Ich weiß doch, dass Du Erlgardshof normalerweise nicht verlässt, aber es ist doch immerhin Nimmgalfs Fünfzigster!“ Drego seufzte. Das hatte er jetzt auch schon etwa siebzehnmal gesagt, irgendwie drehten sie sich im Kreis. Er blickte die Treppe hinab, die vom Fuß des dicken Turms, um den herum das gräfliche Gestüt errichtet worden schien, bis in das Gelass seiner Gattin führte. Unter ihm warteten seine Begleiter und schauten erwartungsvoll hinauf. Franwin grinste, die Kravetz verdrehte immer wieder gelangweilt die Augen. Drego seufzte erneut und wandte sich zum Gehen, als die feste Tür sich plötzlich öffnete.

Kurz schien es so, als wollten Franwin und Kravetz einfach an ihrem Grafen vorbeistürmen, um das Turmzimmer zu erobern, aber da erschien schon die Tsa-Geweihte auf der Schwelle, begleitet von ihrem wuchtigen Schatten, der jede Tür zu bewachen fähig schien.

„Hochwohlgeboren“, begrüßte Serina Schillerkraut den Grafen und begann die Stufen herabzusteigen, gefolgt von Boronir von Haderstein, der nur nickte und nichts sagte, während er die Tür zuzog, hinter der die Gräfin noch einmal „niemals!“ rief.

„Äh, Hochwürden …“ wandte sich Drego an die Tsa-Geweihte, die dem Grafen an Körpergröße gleichkam, sich aber noch zwei Stufen über ihm befand – und nun prustend zu kichern begann.

Drego brach ab: „Was ist, Hochwü…“

„Hochwürden? Im Ernst? Ich bin doch Serina, das wisst Ihr doch“, lachte sie Drego an und wandt sich an ihm vorbei die Stufen hinunter. Als sie ihn passierte, klopfte sie ihm kurz respektlos, aber vertraulich auf die Brust.

„Äh, Serina. Halt, wartet doch!“

Die Geweihte schlängelte sich nun auch an Franwin und Kravetz vorbei, während Haderstein sich oberhalb des Grafen hielt. Alle folgten nun Serina hinunter auf den Hof des Gestüts, wo sich die Geweihte im herbstlichen Sonnenschein endlich zu Drego umdrehte.

„Ja, Hochwohlgeboren?“

Franwin und Kravetz gingen zur Seite und flankierten Drego, während Haderstein um die drei herumging und sich neben Serina stellte. Es gab eine gewisse Spannung, die sich vor allem zwischen Dregos Begleitern und dem düsteren Haderstein aufbaute.

„Serina, was macht Korwinne da oben? Warum kann sie nicht einmal mitkommen? Ich habe sie praktisch seit Jahren nicht gesehen! Sie ist doch meine Frau!“ Drego wirkte ehrlich besorgt.

„Sie betet viel, Hochwohlgeboren. Dort oben ist ja nicht nur ihre Wohnung, sondern auch ein der jungen Göttin geweihter Schrein. Dessen heilige Aura unterstützt sie und schützt sie auch.“ Serinas Blick flackerte kurz zu Franwin hinüber.

„Schützt sie?“ Drego legte den Kopf auf die für ihn charakteristische Weise schief. „Wovor?“

Serinas Züge wurden plötzlich ernst: „Vor allem, was ihr schaden kann.“

„Ja, aber was soll das denn sein? Wenn sie so Angst hat, warum kommt sie denn nicht mit nach Burg Luringen? Wo könnte sie denn sicherer sein?“

Serina zögerte kurz, dachte offenbar nach. „Hochwohlgeboren, es gibt sichtbare und unsichtbare Gefahren. Es gibt solche, vor denen Mauern und Schwerter schützen, und solche, vor denen die Götter und der Glaube schützen. Wo hat denn Eure Gattin ihre Kinder verloren?“

Drego stutzte: „Was haben denn Grifo und Lechmin damit zu tun?“ Ein schmerzvoller Zug zerwühlte Dregos Gesicht. „Wieso Gefahren? Ich … verstehe Euch nicht.“

Serina zuckte die Achseln und lächelte wieder: „Ich weiß. Und deshalb kann die Gräfin nicht mit Euch nach Trollhammer kommen. Lasst Euch doch von dieser edlen Dame begleiten.“ Damit wies sie auf Selinde von Kravetz, die zusammenzuckte, als hätte eine Peitsche geknallt, während die Tsa-Geweihte sich zu Haderstein umdrehte und mit diesem zum Stall schritt, vor dem Erlan Cardona wachsam gewartet hatte. Er hielt die Stute an der Trense, die Nimmgalf zu seinem 50. aus dem gräflichen Gestüt erhalten würde.

Drego und Franwin blickte beide auf die Kravetz, die abwehrend die Hände: „Nicht meine Idee!“

„Haha, mach mal, das gibt Gerede!“, feixte Franwin, während Drego das alles mit einer fahrigen Bewegung abschüttelte: „Warum nicht, ich kann schließlich nicht allein tanzen.“

Damit ließ er seine Ritterin und den schadenfroh grisenden Franwin stehen.

Selinde von Kravetz wandte sich mit Leidensmiene an Franwin: „Alleine tanzen? Ich kann gar nicht tanzen!“

Trenner Garetien.svg