Geschichten:Nimmgalfs 50. Tsatag - Hart wie Stahl

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Hart wie Stahl

Festhalle, ca 21:00h

Irnfrede saß an ihrem Platz und schaute seufzend den tanzenden Paaren zu. Außer ihrem Vater hatte sie bislang nur ihr Vetter Ludolf einmal zum Tanz aufgefordert. So schön das auch war, denn Ludolf war ein recht passabler Tänzer, war der Spaß auch schnell wieder vorbei. Die wenigen Barone, die überhaupt tanzen wollten, taten dies meist mit ihren Gemahlinnen, so blieb für sie nur der undankbare Platz als Zuschauerin. Es deprimierte sie sehr. Sie hätte auch längst verheiratet sein können, aber sämtliche potentiellen hochrangigen Kandidaten (darunter auch Prinz Finnian von Albernia und Graf Odilbert von Hartsteen) hatten sich letztlich für eine andere Gemahlin entschieden. Zuletzt waren auch noch die Verhandlungen ihres Vaters mit dem Nordmärkischen Haus Greifax gescheitert, es war schon fast zum Verzweifeln. Aber insgeheim wollte sie ohnehin nur mit einem tanzen und das war ihr heimlicher Geliebter. Aber dies war leider völlig unmöglich und hätte nur für lästiges Gerede und Getratsche gesorgt. Außerdem mussten sie vorsichtig sein, dass ihre Liebesbeziehung auch weiterhin geheim blieb, da wäre ein öffentliches Tanzen eher kontraproduktiv. So blickte sie etwas gedankenverloren zu Geromel, der als Hausritter im Hintergrund stand und den Saal im Blick hatte, und grinste verträumt, als sie an ihr kleines Schäferstündchen im Turmzimmer denken musste, weswegen sie vorhin beinahe zu spät gekommen wäre.

"Verzeiht, junge Dame. Dürfte ich Euch wohl um diesen Tanz bitten?" erklang eine tiefe Stimme neben ihr.

Sie war im ersten Moment völlig verdattert und blickte einen großgewachsenen Mann in feinem weißen Seidenhemd und schwarzer Weste an.

"Felian von Perainsgarten ist mein Name, Junker zu Perainsgarten aus königlich Mardershöh!" ergänzte er noch lächelnd und hielt Irnfrede auffordernd die Hand hin.

Für einen Moment sah Irnfrede ihn sprachlos an.

"Ich... oh ja, ja, sehr gerne!" antwortete sie strahlend, erhob sich und ließ sich von Junker Felian auf die Tanzfläche führen. Zwar überragte er sie fast um Haupteslänge, jedoch konnte sie den Größenunterschied durch ihre hochhackigen Schuhe etwas ausgleichen. Auf seine höfliche Referenz antwortete sie mit einem dezenten Knicks, und schon begann der Tanz.

"Aus Mardershöh sagtet Ihr? Das liegt doch im Schlund, oder? Ihr müsst wissen, ich lebe auch seit kurzem im Schlund, nämlich in der Baronie Erlenstamm", begann Irnfrede ihr Gespäch.

"Erlenstamm? Das ist ja interessant. Das liegt ja direkt auf meinem Weg. Perainsgarten liegt nur etwa 40 Meilen weiter östlich, ein Stückchen hinter Wandleth. Dürfte ich fragen, was Euch denn in den schönen Schlund verschlägt?" fragte Felian sie.

"Oh, ich werde dort in Kürze ein eigenes Lehen erhalten, nämlich das Edlengut Freiherrlich Freudenstein, in welchem sich auch die beiden Burgen Freudenstein und Erlenstamm befinden. Derzeit lebe ich noch bei meinem Vetter Ludolf auf Burg Freudenstein. Er ist der Verlobte von der neuen Baronin Selinde von Ruchin... dort drüben sitzen sie ja." Irfrede deutete mit dem Kopf in Richtung des Baronspaares.

"Ah, gut zu wissen. Und wo werdet ihr dann später Hof halten?"

"Ihr kennt doch sicher die Burg Erlenstamm, die liegt gleich südlich der Stadt Erlenstamm, direkt an der Kronstrasse. Sie ist zwar schon seit einigen Jahren fertig errichtet, es fehlt allerdings noch die komplette Inneneinrichtung. Ich bin derzeit bemüht, die Burg bezugsfertig zu stellen. allerdings wird sich das vermutlich noch bis zum Sommer hinziehen. Ich denke, dass ich aber spätestens dann im nächsten Götterlauf dort einziehen kann." Sie lächtelte ihn kokett an: "Wie wäre es, wenn ihr mich da dann mal besuchen kämet? Wo wir doch sozusagen fast Nachbarn sind?" fragte sie den Junker.

"Das... wäre sicher möglich. Es wäre mir eine Ehre, Euch dort einen Besuch abstatten zu dürfen, Euer Hochgeboren!"

"Wundervoll. Ich werde Euch dann eine Einladung schicken, wenn es einmal so weit ist", freute sich Irnfrede und lächelte.

Der Tanz zog sich noch eine Weile hin. Irnfrede war begeistert, wie kräftig und sicher der Junker sie zu führen vermochte. "Seid Ihr auch ein Lanzenreiter oder gar ein Heerführer wie mein Vater?" fragte Irnfrede ihn etwas unerwartet.

"Nun, als Ritter vermag ich durchaus mit Lanzen gut umzugehen - wobei ich mich natürlich nicht mit den überragenden Fähigeiten Eures Vaters messen könnte. Meine Stärken liegen eher im Fußkampf, speziell dem Kampf mit Äxten oder auch mit Zweihändern", erklärte Felian. Irnfrede machte große Augen. "Oh, also mit schweren Waffen? Na, bei Euren Muskeln sollte es Euch ja nicht schwerfallen, selbst solche Waffen zu führen." Sie strich mit ihrer rechten Hand leicht über Felians Oberarm und blickte ihn staunend an. "Hart wie Stahl!"

Felian grinste leicht verlegen: "Nun ja, meine Kraft ist durchaus ein gewisser Vortieil in den meisten Auseinandersetzungen. Zu Eurem Vater: wir kennen uns von diversen Turneien, aber wir haben auch schon in einigen Schlachten gemeinsam gekämpft, zum Beispiel in der Schlacht der drei Kaiser und auch beim Feldzug gegen Haffax. In der Garetischen Fehde standen wir zwar nicht auf derselben Seite, da der Schlund mit der Kaisermark verbündet war, aber zum Glück uns auch nicht im Felde gegenüber. Denn gegen einen Heerführer mit den Qualitäten Eures Vaters antreten zu müssen, wäre mir ein Graus."

"Immer diese furchtbaren Kriege und Schlachten. Ich hoffe doch sehr, dass wir davon künftig verschont bleiben. Aber wenn nicht, bin ich froh, dass unsere Heimat von so tapferen Rittern wie Euch verteidigt wird", lächelte sie ihn charmant an.

"Ihr sprecht mir aus der Seele, teuerste Irnfrede!" antwortete Felian. "Auch ich habe mir vorgenommen, den vielen Kriegen und Schlachten fernzubleiben, es sein denn, wenn mich meine lehnsherrliche Pflicht wieder zu den Waffen ruft."

"Wie wundervoll!" entgegnete Irnfrede. Nach dem Tanz geleitete Felian sie noch zurück an ihren Platz und zog ihr auch den Stuhl zurecht. "Ich danke Euch für diesen schönen Tanz. Hat mich überaus gefreut, Euch kennen zu lernen." Irnfrede strahlte glücklich und nahm wieder Platz, und Felian verabschiedete sich.