Geschichten:Zum Wiegenfeste nur das Beste

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Burg Zweifelfels, Baronie Zweiflingen, 3. Efferd 1043 BF:

Der Palas der altehrwürdigen Feste auf dem Zweifelfels war festlich mit Blumen und allerlei Tand geschmückt, denn es war der Tsatag von Baronsgemahlin Isida von Salza. Da der Baron mit den Seinen noch auf einer Queste im Namen seiner Gräfin weilte, wollte die Nostrische Grafentochter den Tag ausgelassen mit ihren Hofdamen begehen.

Voller Vorfreude schlüpfte sie in ihr schönstes Kleid. Der Traum aus schweren Brokat und leichten elfischen Bausch war in dunklen Rottönen gehalten.

„Nur einen Mond nach der Geburt der kleinen Iriella und Ihr passt wieder in Euer Lieblingskleid.“ Bewundernd betrachtete Helana ihre Herrin, während sie einen Kelch mit Perricumer Roten auf ein Tablett platzierte, das von der jungen Pagin Derya mehr schlecht als recht gehalten wurde.

„Aber auch nur weil es mich fast zuschnürt!“, prustete die Baronsgemahlin sichtlich nach Atem ringend, während ihre Zofe Yera die Schnüre auf ihrem Rücken immer fester zog. „Wenn der Baron das nächste Mal gedenkt ein Kind zu zeugen, werden ich ihn von der höchsten Zinne von Arngrimms Wacht herunter stoßen.“ Der Blick Isidas fiel dabei auf die sanft schaukelnde Wiege.

„Och, du süßes kleines Ding!“, gluckste Samia vollkommen vom kleinen, dahin schlummernden Säugling verzaubert, während Isidas Leibpagin Eyala die Wiege sanft in Bewegung hielt. „Dieses kleine Goldstück ist doch jede Mühe wert!“

„Wenn du das sagst.“ Die Baronsgemahlin verzog ihr Gesicht. „Welchen Schmuck soll ich zu dem Kleid nur tragen?“

„Hochgeboren, ich soll Euch dies vom Baron geben.“ Eine Pagin mit dunklen Teint und vollem, dunklen Haar überreichte ihrer Herrin ein kleines, reich verziertes Kästchen. „Es ist ein Geschenk für Euch.“

Amara, Stern aus dem fernen Perricum, was hast du denn da für mich?“ Isida sprang entzückt auf, nur um so gleich festzustellen wie eng ihr Kleid doch geschnürt war.

„Ein Halskette zu Ehren Eures Tsatages.“ Die kleine Amara öffnete das kleine Kästchen. Zum Vorschein kam eine fein gearbeitete silberne Kette mit einem blutroten Feueropal.

„Ohh ein Traum“, quietschte Samia voller Begeisterung. „Der Feueropal steht für Simia und soll seinem Träger Glück bringen.“

„Der Herr Baron hat gesagt, die Halskette soll Euch an die tugendhafte Kvorvina erinnern. Ihr wisst schon … die auf ihrem feurigen Sitz Wacht hält … aus Korgonds Offenbarung.“

„Hab Dank, Amara, du hast sehr aufmerksam Meister Grimmbarts Ausführungen gelauscht.“ Die Baronsgemahlin strich der Pagin liebevoll durchs volle, dunkle Haar. Diese nickte eifrig.

In diesem Moment öffnete sich eine Holzvertäfelung hinter der sich ein Geheimgang befand und Nartara und ihre beiden puppenhaften Schülerinnen Argande und Thyria betraten den Raum.

„Könnt ihr nicht wie alle anderen auch die normale Tür benutzen?“ Isida wirkte mehr als ungehalten und vergaß dabei fast wenn sie da so unwirsch anfuhr. Ein Besuch der 'Hexe im Kettenhemd' bedeutete nie was Gutes.

Während sich das Oberhaupt der Familie Zweifelfels mit versteinerter Miene vor Isida aufbaute, huschten die beiden Mädchen geschwind zur Wiege und sprachen im sonoren Gleichklang ihrer Stimmen:

„Junge Maid, im blutigen Jahr geboren, so wird Blut ihr Leben geloben. Dem Land und der Schwarzen Kriegerin zur Ehr, steigt sie zu einer großen Heroin empor.“

Während die sonderbar durchdringenden Stimmen der Zwillinge waren durch den Raum hallte, umrundeten diese die Wiege mit dem Säugling.

Alle Heiterkeit war nun vollends verflogen. Stumm und mit dem Anflug von Unsicherheit und Entsetzen starrten die Anwesenden auf die puppenhaften Mädchen mit ihren langen, weißblonden Haaren und ihren unergründlichen, fast schwarzen Augen.

Von dem gerade passierten ungerührt, erhob Nartara ihre krätzige Stimme.

„Deine kleine, heitere Zusammenkunft muss warten, du wirst im Thronsaal erwartet!“

Die Köpfe der Zwillinge die keine Zwillinge waren drehten sich zur Seite und blickten aus scheinbar pupillenlosen Augen zu Isida.


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Wenige Augenblicke später fand sich Isida im altehrwürdigen Thronsaal wieder. Ihr Gemahl hatte sie während der Zeit seiner Abwesenheit zu seiner Stellvertreterin ernannt. Dabei gab er ihr wohlmeinend mit auf den Weg, den Rat von Brinian und eben Nartara einzuholen. Mit Brinian verstand sich Isida prächtig, er war ihr in diesen Tagen ein brüderlicher Freund und Ratgeber geworden. Doch der alten Hexe Nartara vertraute sie nicht. Sie hatte gar Angst vor ihr und ihrer Brut.

So stand die Baronsgemahlin vor dem Thron der Barone von Zweiflingen. Rechter Hand, etwas im Hintergrund, nahmen Burgvogt Brinian von Zweifelfels und Hofkaplanin Leuwyna von Zweifelfels Aufstellung. Linker Hand standen Nartara und vor ihr ihre beiden Schülerinnen Argande und Thyria. Seitlich vor dem Thron wachten mit strengen Blick die beiden Knappen Leuhelm von Sturmfels und vom Berg und Theria von Zerbelhufen-Zweifelfels.

Isida atmete noch einmal tief durch, bevor die beiden Hausritter Rondara von Zweifelfels und Wulfhelm von Breitefurten den angekündigten Gast in den Thronsaal begleiteten.

„Den Göttern zum Gruße, meine Name ist Hermine von Alka, Hausritterin am Waldsteiner Grafenhof. Ich überbringe Euch eine Nachricht aus Grafenruh. Im Namen unserer Gräfin rief der Obrist alle Ritter der Waldsteiner Lande zur Heerfolge an den Grafenhof.“ Sie übergab dem Pagen Rondrik ein gesiegeltes Dokument, welches dieser Isida überreichte. „Zweiflingen ist dem Befehl der Gräfin bislang nicht nachgekommen.“

„Mein Gemahl befindet sich mit unserer Gräfin auf einer wichtigen Queste, ich bin mir nicht sicher ...“ Die Stimme Isidas war brüchiger als von ihr erwartet. Unsicherheit machte sich in ihr breit.

„Wollt Ihr die Autorität des Obristen in Frage stellen, Hochgeboren?“, unterbracht die gräfliche Hausritterin Isida barsch.

Die Baronsgemahlin wollte gerade ihre Stimme zu einer Antwort erheben, als die beiden Schülerinnen Nartaras noch vorne traten. Ihre langen, weißblonden Haare umschmeichelten ihre puppenhaftes Gesichte, die keine menschliche Regung erkennen ließen. Mit kehliger Stimme schossen die Worte im Gleichklang wie Pfeile aus ihren ausdruckslosen Mündern.

„Ihr wagt es im Namen der Gräfin zu sprechen, obwohl der Quell Eurer Worte doch ein anderer ist. Verdorbenheit und Missgunst haben von der Grafen Ruh Besitz ergriffen. Wie feiste Maden fressen sie sich durch dass Fleisch der Waldsteiner Lande.“ Starrte Blicke fixierten die Hausritterin, die auf einmal unter Schmerzen auf die Knie fiel. Blut floss aus ihren Augen und rann über das zu einer Fratze verzehrte Gesicht. „Wie Ratten werden die Euren nun aus ihren Löchern kriechen um sich gegen die mit dem Land Verbundenen zu erheben, doch sie werden in ihrem eigenen Feuer vergehen!“

Ein markerschütternder Schrei hallte durch den Thronsaal, dann stemmte sich die Abgesandte des Grafenhofs auf ihre Füße und suchte panisch das Weite.

Schockiert blickte Isida zu den beiden Mädchen. So hatte sie sich ihre erste Audienz als Vertreterin ihres Gemahls nicht vorgestellt – und ihren Tsatag schon mal gar nicht.


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Nachdem diese denkwürdige Audienz zu Ende war und sich alle Anwesenden gedankenverloren zerstreuten, trat die Hofkaplanin Leuwyna von Zweifelfels an Isida heran. Die Geweihte der Leunin und Veteranin unzähliger Schlachten wirkte weit älter als sie eigentlich war. Seit dem Tobrien-Feldzug wirkte sie verhärmt, aber trotzdem ungebrochen und aufrecht.

„Hochgeboren, auf ein Wort, wenn ich bitten dürfte.“ Isida nickte der Hofkaplanin zu und signalisierte ihr so zu sprechen. „Auch wenn berechtigte Zweifel an der Rechtschaffenheit des Grafenhofes unbestreitbar sind, so bitte ich Euch, lasst diesen Gören nicht alles durchgehen. Ich vertraue Nartara und ihrer dunklen Brut nicht. Sie schöpfen ihre Macht aus Quellen die nicht den heiligen Zwölfen gefällig sein können.“ Mütterlich legte die alternde Geweihte ihre Hand auf Isidas Schulter.

„Ich teile ja das Misstrauen, aber was soll ich machen?“ Isida zuckte mit den Schultern. „Nartara ist das Familienoberhaupt der Zweifelfelser, die Zwillinge ihre Schülerinnen. Ich bin nur angeheiratet.“

„Aber Ihr tragt jetzt die Verantwortung! Diese Brut reißt uns in den Abgrund!“ Die Stimme der Geweihten wurde immer eindringlicher.

Isida war hin und her gerissen. Einerseits machten ihr die Zwillinge Angst und deren Hexenkünste waren ihre unheimlich. Anderseits hatte die keine Vorurteile gegenüber Hexen, Druiden oder Elfen. Sie glaubte fest daran, dass Nartara und die Zwilling nur das Beste für die Familie im Blick hatten.

„Ich werde sehen was ich tun kann“, antwortete Isida knapp, verließ dann schnellen Schrittes den Thronsaal in Richtung ihrer Gemächer. Sie brauchte jetzt einen starken Schnaps zur Beruhigung.

Doch lange sollte die Hofgeweihte nicht allein sein. Wie ein unsichtbarer Schatten, standen auf einmal die puppenhaften Zwillinge vor Leuwyna und schritten lauernd, fast schwebend, um sie herum. Wie friedlich sie doch eigentlich aussahen, wären da nicht diese unergründlich finsteren Augen. Die Mädchen legten ihre Köpfe zur Seite und sprachen:

„Wir haben auf dich gewartet!“