Geschichten:Schluss mit Lüstern
Es war ein rauschendes Fest gewesen, eines wie es selbst die Kaiserstadt nur selten zu sehen bekam. In Strömen war der Wein die Kehlen hinuntergeflossen und hatte die Gäste in einem rahjagefälligen Rausch versetzt. Leckere Köstlichkeiten, egal ob Pasteten, Törtchen oder Zuckergebäck, alles Erdenkliche hatte es an diesem Abend gegeben. Doch dem nicht genug, denn auch die anderen Sinne wurden verzückt. Musiker hatten virtuos aufgespielt und waren dabei von lieblichen Stimmen begleitet worden. Tänzerinnen und Tänzer verführten mit ihren anmutigen Bewegungen und ansprechenden Liebreiz die Feiernden. Verführten sie nicht nur zum Zuschauen und Mittanzen, sondern weckte auch das Verlangen in ihnen. Lüstern war es zugegangen. Die Gäste fanden im rauschhaften Liebesspiel zueinander, Zu zweit, zu dritt, zu viert, Männern mit Frauen, Frauen mit Frauen und Männer mit Männern. Es gab keine Hemmungen und keine Reue, ganz so als hätte Kaiser Bardo ein weiteres Mal Hof gehalten. Ein Freudenfest zu Ehren der Schönen Göttin, ein Fest das der biederen Travia die Scharmesröte ins Gesicht trieb.
Als der Morgen anbrach Floss noch immer der Wein aus dem Springbrunnen. Ergoss sich aus der Amphore über den nackten Busen einer jungen Maid, die ein Bildhauer einst mit viel Mühe aus dem Stein geschlagen hatte. Auf Bänken, in Ecken oder auf weichen Sitzkissen schliefen zahlreiche Gäste vom Liebesspiel noch immer aneinandergeschmiegt ihren Rausch aus. Am Fuße des Springbrunnens, den Kopf in den Schoß einer drallen Brünetten gebettet, einen Weinkelch in der Hand haltend ruhte Movert von Lüstern. Der letzte der Lüstern und Gastgeber der gestrigen Festivität. Titel und Besitzungen hatte er verkauft, sich auf seine alten Tage in die Kaiserstadt zurückgezogen und ein rauschendes Fest gegeben. Ein zufriedenes Lächeln lag auf seinen Lippen, doch alles Leben hatte ihn verlassen.
Morvert von Lüstern war zu Boron berufen worden. Sein Abgang jedoch hatte dem Hause Lüstern alle Ehre gemacht und bestätigt was hinter vorgehaltener Hand vermutlich jeder über die Familie dachte. Oder hatte ihn die Herrin Rahja ihn in ihr Zelt gebeten? Ihn der Ihr in einem Fest huldigte, wie es einem ihrer Heiligen angemessen war?