Geschichten:Von einem Abendessen und einer neuen Pagin

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Nach einem exquisiten Essen, begleitet von allerlei mehr oder weniger belangloser Plauderei, kam der Heermeister Zivko von Zackenberg schließlich auf den eigentlichen Anlass dieses Treffens zu sprechen.

"So, bevor die Nachspeisen serviert werden, möchte ich die Gelegenheit nutzen und zum eigentlichen Grund dieser Zusammenkunft zu kommen. Meine Enkelin und präsumtive Erbin, Leonore, vollendet in einigen Monden ihr siebtes Lebensjahr. Damit ist sie nun alt genug, um mit den höfischen Sitten und dem Leben abseits der Zacken vertraut gemacht zu werden. Im Folgejahr soll sie dann ihren Pagendienst anzutreten, denn mir und meiner Gemahlin ist es sehr wichtig, dass dem Kind eine ritterliche Ausbildung zuteilwird, die wir als weit charakterformender ansehen, als die Absolvierung irgendeiner Kriegerakademie oder Kadettenanstalt. Schließlich wird Leonore, so die Zwölfe wollen, dereinst über Zackenberg herrschen und was es dazu braucht, kann man nun einmal nicht an irgendeiner dieser, hm, 'Schulen' lernen.
Ihr habt Euch als ebenso fähiger wie verlässlicher Offizier erwiesen, der auch ungewöhnliche Aufgaben zu meistern versteht, ohne dabei der Prahlerei zu verfallen. Auch seid ihr mit dem Leben respektive den Verhältnissen in der Capitale gut vertraut und wart selbst Knappe bei einem der bedeutendsten Ritter seiner Zeit, bevor Ihr von ihm die Schwertleite empfinget. Daher möchte ich Euch ohne weitere Umschweife fragen, ob Ihr Euch vorstellen könntet, meine Enkeltochter als Pagin anzunehmen und dereinst zum Ritterschlag zu führen. Sie ist ein für ihr Alter sehr kluges und anstelliges Kind, das alle Anlagen mitbringt, die sich für eine spätere Ritterin geziemen. Ich weiß, dies ist wahrlich keine kleine Bitte und verstehe natürlich, dass Ihr eine solche Entscheidung nicht hier und jetzt treffen könnt. Nehmt Euch dafür so viel Zeit wie Ihr braucht und lasst sie mich wissen, wenn ihr euch ihrer sicher seid."

Siegerain war ob dieser für ihn unerwarteten Wendung zunächst sprachlos und hoffte, dabei wenigstens kein allzu dummes Gesicht zu machen.
"Nun, Ihr seht mich überrascht, Exzellenz. Überrascht und zugleich höchst geehrt ob des Vertrauens, dass ihr mir erweist. Ich werde Eure Bitte sorgsam erwägen, mich mit meiner lieben Frau Olberthe hierzu beraten und Euch dann zeitnah meine Entscheidung bekanntgeben."

"Ausgezeichnet, mehr wollte ich von Euch hier und jetzt dazu auch gar nicht hören. Ah, der Nachtisch!"

Auf dem Heimweg und die folgende Nacht über ließ sich der Oberst die Bitte seines Vorgesetzten immer wieder durch den Kopf gehen und wog dabei das Für und Wider gegeneinander ab. Einerseits war es zweifellos eine große Ehre, die Erbin Zackenbergs als Pagin anzunehmen und so seine Vertrauensstellung bei deren Großvater nicht nur zu festigen, sondern zugleich auch gegenüber allen relevanten Dritten offenbar werden zu lassen. Andererseits war Siegerain durchaus bewusst, dass er damit eine große Verpflichtung einging, denn größere Nachlässigkeiten oder Fehler könnte er sich im Umgang mit dem Mädchen nicht erlauben, ohne dass ihr Großvater eher früher als später davon erführe - mit allen daraus resultierenden Konsequenzen. Seine Gattin zog der Kommandeur des Bombardenregiments hierbei natürlich nicht zu Rate; für sie hatte er andere Pläne, die hoffentlich bald Früchte trugen.

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Zwei Tage später suchte Siegerain Baron Zivko erneut auf, um ihm seine Entscheidung mitzuteilen. "Noch einmal meinen ergebensten Dank für die Wertschätzung und das Vertrauen, dass Ihr, Exzellenz, mir entgegenbringt. Nach reiflicher Überlegung und Rücksprache mit meiner Gemahlin habe ich mich dazu entschlossen, mich der ehrenvollen Aufgabe, Eure Enkelin und Erbin zur Schwertleite zu führen, zu stellen. Ich bin noch nie vor einer Herausforderung zurückgescheut und werde hier und jetzt nicht damit beginnen!", beschloss Siegerain seine Antwort mit feierlichem Ernst.

"Hervorragend. Eure Antwort freut mich ungemein und ich denke, dass ihr Zwei euch gewiss prächtig verstehen werdet. Um die Eingewöhnung zu erleichtern und damit Ihre Eure verantwortungsvolle Tätigkeit als Regimentskommandeur weiterhin mit dem bisherigen außerordentlichen Maß an Einsatzfreude, Gewissenhaftig- und Zuverlässigkeit wahrnehmen könnt, werde ich Leonore für eine gewisse Übergangszeit ihr Kindermädchen mitgeben. Eine kluge und pflichtbewusste junge Frau, in die meine Enkelin ganz vernarrt ist und die Euch und Eurer werten Gemahlin bei der Betreuung des Kindes unterstützen wird. Alles Weitere hierzu können wir zu einem späteren Zeitpunkt in aller Ruhe besprechen, wenn ich zeitlich etwas weniger gebunden bin.
Ach, bevor ich es vergesse: Ich habe seiner Erlaucht wie versprochen von Eurer exzellenten Arbeit in Mardramund sowie im Heer berichtet. Herr Rondrigan wirkte recht beeindruckt von Euren Leistungen und geruhte anzumerken, dass er diese nicht unbelohnt lassen will."

"Zu gütig, Euer Exzellenz. Aber wie gesagt: Mir geht es bei meinem Dienst im Heer einzig und allein um das Wohl der Provinz. Die Gewissheit, dass dieser Dienst von Euch und dem Markgrafen geschätzt wird, ist mir hierbei Belohnung genug.
Mit Eurer Erlaubnis zöge ich mich nun gerne zurück, da auf mich noch allerlei Arbeit wartet."

"Natürlich, mein Guter. Wir sprechen dann später weiter."

Beim Verlassen des Zimmers hatte Siegerain ein selbstzufriedenes Grinsen im Gesicht, das beinahe von einem Ohr zum anderen reichte. Daran konnte für den Moment auch der Gedanke an seine nervtötende Gattin nichts ändern, für die er aber bereits die passende "Medizin" gefunden hatte, um sie damit aus seinem Umfeld entfernen zu können.