Geschichten:Hülle & Fülle – Die Zusammenkunft II

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Schloss Reichsgarten, Ende Peraine 1045 BF

Im Anschluss an diese sehr waghalsig-abenteuerlich vorgetragene Geschichte, folgte der deutlich trockenere Holmreich von Kressenrück. Von der Brücke waren sie entlang von Darpat und Darpatweg durch die westlichen Perrinmarschen nach Gnitzenkuhl gereist. Um dort den mittlerweile berühmten Rothandfelsen aufzusuchen, dort waren sie einigen Pilgern begegnet, Alt- und Neu-Raulsche, Nebachoten, Aranier, die sowohl zu Göttern als auch dem Land hier gebetet hatten, ein Ort der Einigung und Einheit Perricums, der viele verschiedene Riten kannte und natürlich einer der Orte war, an denen sich die Zeichens Korgonds manifestiert hatten. Ein bedeutungsschwangerer Ort, für alle, betonte der etwas schiefe Kressenrücker immer wieder. Man hatte es dann tatsächlich nicht so einfach, die Scherbe zu finden, weil erstens, viele Opfergaben mittlerweile ihren Weg an Fels und Altar dort fanden und zweitens, die Ritter der Gnitze auf das Treiben ein wachsames Auge warfen. An dieser Stelle, betonte Serima von Hengefeldt nochmals, wie schade es war, dass man die Gnitzenkuhler Baronin damals nicht hatte völlig mitnehmen können für die eigene Sache. Worauf der Kressenrücker fortfuhr, dass es der Hilfe eines jungen Gnitzenkuhlers namens Enisian bedurfte, ein kecker Bursche eines reichen Rinderbauern, mit gewisser Bauernschläue, Geschäftssinn und vor allem einem großen Interesse für den Felsen und die diversen Feierlichkeiten und Riten dort. So kannte er hier die Efferdhuldigen der Gnitzenkuhler Fischer, die Tsarituale vieler Pilger aus den ganzen Perrinlanden, die Tage der Klagen, in denen man Geister der Schlacht am Darpatbogen bzw. neuerdings auch der an der Gaulsfurt verscheuchte oder besänftigte. Ganz zu schweigen von den Festen der Korgonder und der drei betenden Schwestern. Auch wurden viele Ehebünde oder Riten des Erwachsenwerdens hier gefeiert, all das wusste Enisian zu berichten. Auch von den verschiedenartigen Geschenken und Opfergaben, “die Raulschen bringen meist Wertsachen, die Nebachoten zahlen gern mit Blut, Waffen oder Werkzeugen, die Aranier wiederum bringen meist etwas selbstgemachtes, schönes.” Scherben, seien eher selten, außer wenn mal was kaputtgeht. Aber er hatte gewusst, wo man eine besondere finde, dazu musste man allerdings schwimmen. Etwas das Orelian übernommen hatte. Aufgefallen war dies nicht mal sonderlich, da sich nicht wenige Pilger im Wasser nahe dem Felsen rituell wuschen oder sich gar etwas von dort mitnahmen. Holmreich hatte sich nicht nehmen lassen, es den Pilgern gleichzutun, während Orelain nach Enisians Anweisung getaucht war. Dort hatte er die dritte Scherbe gefunden. Die Gravuren und Steine waren zu meist ausgewaschen gewesen, doch schienen sie auf "Herrschaft, Bündnisse und Riten" verwiesen zu haben, einem solchen Orte Korgonds angemessen, dabei schaute er stolz und wissend herüber zu seiner Lehnsherrin Serima, die das nur kurz abtat.
Nach der etwas trockenen Wiedergabe, freuten wir uns die frohgemute und kräftige Stimme Deidre von Salicums zu hören, die nahtlos anschloss, denn so hatte sich ihr nächstes Ziel nicht weit vom letzten befunden. Denn so war der Hinweis im Reimvers auf den Obelisken von Mittstätten, wenn man erstmal vor Ort war und sich zuvor in den Wissensarchiven der Reichsstadt herumgetrieben hatte, ziemlich offensichtlich gewesen, betonte die fahrende Ritterin und Gattin Nazirs lapidar. Der Obelisk sei eine Huldigung einer bestimmten bosparanischen Einheit, die hier während der Schlacht am Darpatbogen gegen die Nebachoten eine besonders große Tat vollbracht hatte. Die Raulschen der Region hielten dies in hohen Ehren, aber selbst die Erben Nebachots hatten einen zwar ambivalenten, aber hochgradig respektvollen Umgang mit dieser Geschichte, da die Männer und Frauen der bosparischen Einheit, deren heiliges Zeichen die Hornisse gewesen war, wohl große Ehre, Anstand und Herz gegenüber den Besiegten bewiesen hatten. Das Problem war nur gewesen, dass die Scherbe nirgends offensichtlich an der Säule angebracht gewesen war und die Gruppe befürchtet hatte, dass sie in der kleinen Kammer im Sockel, zusammen mit anderen alten Hinterlassenschaften und Ehrengaben untergebracht worden war. Es war kein Grab, somit zwar verzwickt, aber keine Schändung. Dennoch hatte man sich dem erneut in der Nacht nähern müssen. Wobei Seniia und Melandra mehr nach evtl. Nacht-Patrouillen Ausschau gehalten hatten, während die anderen drei sich um den schweren Verschluss der Kammer gekümmert hatten. Als dies bewerkstelligt worden war, hatte man die Scherbe recht schnell in der recht kleinen Kammer zwischen den alten, bosparanischen Waffen, Schilden und Beigaben gefunden. Als man allerdings herauskam und den Verschluss wieder verschlossen hatte, hatte man nicht unweit Seniia und Melandra in “Begleitung” des ersten Ritters von Gnitzenkuhl und zwei seiner Gardeleute vorgefunden. Man hatte eine Nacht in der Stadt Gnitzenkuhl verbringen müssen, um den Umstand zu klären. Zum Glück hatten sie die Gruppe nicht auf frischer Tat, sondern nur unter seltsamen Umständen aufgefunden. Es raubte also nur Zeit, wobei gerade Deidre seitdem wohl eine persönliche Fehde mit dem Gnitzenkuhler Ritter ihr Eigen nannte. Wie viel die Baronin davon letztendlich mitbekommen hatte, wussten sie nicht zu sagen. Doch die Scherbe hatten sie ergattert, ein recht kleines Stück, doch war darauf eine Hornisse abgebildet, die drei Zyklen mit einer Löwin kämpfte, beider Augen waren Edelsteine. Mal gewann die eine, mal die andere, aber in ihrer Feindschaft lag auch Größe und Respekt. “Wahrlich kämpferisch, wahrlich ritterlich.”, schloss die kräftig gebaute Deidre in ihren stolzen Farben.
Nachdem unsere Herrinnen dies mit einem Nicken bekräftigt hatten, stand die Geweihte Seniia gewohnt zaghaft auf. Sie erzählte beinahe im Flüsterton von ihrer letzten Queste. Die so einfach schien, da sie in Rashia’Hal vorsprachen, zu dem Seniia, eine gute Beziehung pflegte, weil dies traditionell so war zwischen Dreitempelhof und dem altehrwürdigen Kloster in Haselhain. Dort hatte man schon irgendwie einen kleinen Einblick in die Queste der Gruppe erhalten, wie auch immer dies geschehen war, ich vermutete ja, dass wir zuvor ein paar Spuren in Haselhain hinterlassen hatten und es sich irgendwie rumgesprochen hatte, in gewissen Kreisen. Allerdings wusste die Tempelvorsteherin nicht genau, um was es ging. Doch Seniia weihte sie daraufhin recht offen ein, nicht ohne vorher ihr Versprechen auf schwesterliches Stillschweigen unter Geweihten eingeholt zu haben. “Was in Rashia’Hal passiert, bleibt in Rashia’Hal.” ;-) war daraufhin das Motto der Yarasha von Weißbarûn gewesen. Und tatsächlich wusste die Vorsteherin von einer Scherbe, die man im Tempelschatz aufbewahre, ein besonders großes und schmuckes Exemplar, das ein frühperricumsches Zeugnis der, hier noch viel älteren, Verehrung der drei lieblichen Schwestern sei und die Drei als mehrgesichtige Herrinnen darstelle, was sich sehr mit unserem Fund im Alkrawald deckte. "Tempelschatz", hatte Seniia da betont und ihre Geschichte kurz unterbrochen, um dies wirken zu lassen. Und dies war letztlich auch der Grund, warum man nicht etwas früher hier gewesen war. Die Tempelvorsteherin hatte erst von der Ehrenhaftigkeit und Frömmigkeit des Unternehmens überzeugt werden müssen, in dem die fünf drei Tage lang den (einfachen) Besuchern des Klosters die Annehmlichkeiten und Kostbarkeiten der drei lieblichen Schwestern antrugen - Waschung, Bedienung, Unterhaltung etc.. Was für Seniia kein Problem gewesen war, war den vier Standesbewussten Adligen zumindest zu Anfang nicht ganz leicht gefallen. Doch letztlich hatten sie ihre Demut bewiesen und die Vorsteherin hatte ihnen die Scherbe aushändigen wollen, aber nicht ohne ihnen abzuringen, dass unsere Auftraggeberinnen die Glaubensgemeinschaft der drei, speziell Rashia’Hal lobend erwähnen und eine entsprechende Spende erwartet wurde, als Ausgleich für dieses tönerne und edel besetzte Zeugnis. Dem hatten sie gerne zugestimmt. Aber die Hochstimmung des Abends und unserer Herrinnen konnte dies nicht trüben. Sie waren erfüllt vom Moment, dem vielen Wissen und dem letztlichen Erfolg. Die Scherben lagen vor ihnen und mussten nur noch zusammengefügt werden.