Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Nacht über Feidewald

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Festung Feidewald, Praios 1047 BF

Lechdan von Quintian-Quandt lenkte seine Schritte zu seinem Gastquartier. Hier war er schon untergekommen, als Feidewald noch seinem Bruder als gräfliches Domizil diente. Das war nunmehr auch schon über zehn Jahre her. Lechdan stockte kurz vor der Tür. Irgend etwas stimmte hier nicht. Die Tür war nur angelehnt. Vorsichtig griff Lechdan nach dem Griff der Tür und lauschte angespannt.

Von drinnen war nichts zu hören. Ohne Hast schob Lechdan die Tür auf und blickte erstaunt auf das Sofa vor dem Kamin. „Ich wusste zwar, dass mein Quartier wegen des Kamins äußerst beliebt ist, doch hättet ihr nicht vorher fragen können, ob ihr euch hier wärmen könnt, hohe Dame?“ fragte er keck. Dabei war ihm durchaus bewusst, dass niemand bei den sommerlichen Temperaturen auf die Idee gekommen wäre, hier ein Feuer zu entzünden. „Ich bin nicht hier, um mich an einem Feuer zu wärmen. Auch wenn es mir kalt den Rücken runter läuft, wenn ich daran denke, wie man hier behandelt wird!“ antwortete Alagunde von Hirschenrode. Lechdan schloss die Tür hinter sich und setzte sich gegenüber der jungen Frau in einen Sessel.

„Was wollt ihr damit andeuten?“ fragte er nachdenklich nach. Alagunde schaute sich ihrerseits vorsichtig um. Sie räusperte sich: „Mein Gemahl wurde vor jetzt zwei Götterläufen getötet! Meine Kinder wachsen ohne Vater auf! Euer Vetter Werdomar hat damals gesagt, dass diese Tat gesühnt werde!“ Lechdan nickte zustimmend. „Haldrians Tod hat uns alle getroffen. Fakt ist jedoch leider auch, dass wir dieser Raubritter meist nicht habhaft werden. Zu zahlreich sind die Verstecke im Feidewald.“ Alagunde schien den Tränen nahe. „Seine Hochgeboren versucht es ja noch nicht einmal!“ Lechdan beugte sich vor und ergriff ihre Hände. Tröstend und verstehend sprach er: „Hohe Dame, ihr dürft nicht vergessen, dass wir es hier mit skrupellosen Subjekten zu tun haben! Einige von denen treiben ihr Unwesen schon ziemlich lange. Der Eichenblatt ist seit 20 Götterläufen als Raubritter unterwegs und keiner konnte seiner bisher habhaft werden.“

Alagunde schüttelte den Kopf. „Seine Hochgeboren versucht es ja nicht einmal!“ Lechdan nickte bestätigend. „Nun, er hat ein beachtliches Kopfgeld auf diesen Grimma vom Walde ausgesetzt. Und soweit ich weiß, sind die Hausritter angehalten, allen Hinweisen nachzugehen.“ Alagunde schaute ihn verzweifelt an. „Trotzdem habe ich das Gefühl, dass seine Hochgeboren gar nicht möchte, dass dieser Raubritter gefunden wird!“ Lechdan überlegte. „Was lässt euch denn so etwas glauben?“ fragte er vorsichtig. Alagunde straffte sich: „Ich denke, dass er mit diesem Raubritter gemeinsame Sache macht!“ Lechdan sog hörbar die Luft ein. „Das ist eine schwere Anschuldigung! Könnt ihr das beweisen?“ fragte er abwartend. Alagunde senkte bedauernd ihren Kopf. „Nein, Euer Wohlgeboren!“ sprach sie niedergeschlagen. „Ich habe aber Vermutungen!“

Lechdan erhob sich und ging durch den Raum. Dabei überlegte er angestrengt. Er konnte irgendwie nicht glauben, was für Anschuldigungen die junge Frau vor ihm aussprach. Andererseits war Werdomar ein Wendehals, welcher auf seinen persönlichen Vorteil bedacht war. Aber es fehlten die Beweise. Er wandte sich jetzt wieder an die junge Frau ihm gegenüber, welche zusammen gesunken auf dem Sofa im Zimmer saß. Er konnte das Elend und die Angst in ihren Augen sehen. „Habt ihr Eure Vermutungen mit noch jemandem geteilt?“ fragte er vorsichtig. Alagunde rollten Tränen die Wangen hinab. „Ich wollte mit meiner Schwester reden, doch hat sie mir nicht zuhören wollen.“ antwortete sie schluchzend. „Sie hat mir gesagt, dass ich an meine Kinder denken solle. Diese bräuchten mich jetzt! Gedanken über den Mörder meines Mannes seien da nicht angebracht!“

Lechdan setzte sich wieder. Bevor er irgend etwas tun würde, musste er Alagunde helfen. Während dem Gespräch war ihm klar geworden, dass sie sich fürchte. Seine Gedanken gingen zurück an ihren Mann zurück, welchen er zum Ritter ausgebildet hatte. Angestrengt dachte er nach. „Wo sind Eure Kinder jetzt?“ fragte er. „Na, hier auf der Feste!“ antwortete Alagunde vorsichtig. Lechdan nickte, weil er dies erwartet hatte. Er ging noch einmal verschiedene Optionen im Kopf durch, doch hatte er eigentlich schon eine Entscheidung getroffen: „Was haltet ihr davon, wenn ihr und die Kinder mich nach Königsgrund begleiten?“ Alagunde schluckte. „Meint ihr, seine Hochgeboren würde dies erlauben?“ fragte sie vorsichtig. Lechdan reichte ihr ein Taschentuch. „Ich werde Werdomar keine Wahl lassen!“ sprach er gelassen. Alagunde wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Dann, gerne!“ sprach sie lautlos.




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15. Pra 1047 BF 23:00:00 Uhr
Nacht über Feidewald
Das Haus Quintian-Quandt


Kapitel 61