Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Suche im Feidewald
Orbetreuer Hügel, 30. Efferd 1040 BF
Oderik hatte unverzüglich sein Pferd gesattelt. Sigmann hatte es ihm gleich getan und auch Hagen hatte sich angeboten, ihn zu begleiten. Arion von Wulfensteyr hatte Oderik klar gemacht, dass er einen guten Fährtenleser brauchen würde und ihm seinen Sohn Stordian von Wulfensteyr mitgeschickt.
Kurz bevor sie losgeritten waren, waren Rondriana und Dirion von Wulfensteyr zum Gut zurückgekehrt. Oderik wollte lieber nicht wissen, was genau die zwei gemacht hatten, aber ohne weitere Fragen zu stellen, hatten sich beide der Truppe angeschlossen. Noch am Abend waren sie auf Wulf gestoßen.
Ludegar hatte den Mann als seinen Leibwächter eingestellt. Oderik hatte nie verstanden, warum sein Bruder nur mit einem Leibwächter sowie seinen beiden Gehilfen auf Reisen ging. Er konnte sich diese Entscheidung nur so erklären, dass es Ludegars Art war, der Welt zu zeigen, dass er alleine klar kommen würde. Und doch hatte sich Oderik Vorwürfe gemacht, dass er nichts gegen diese Entscheidung Ludegars vorgebracht hatte.
Der Leibwächter konnte dem Suchtrupp berichten, dass die kleine Reisetruppe auf dem Weg von Orbetreu nach Pulping überfallen wurde. Er hatte Orlan losgeschickt, Hilfe in Pulping zu suchen, während er Ludegar mit Yasmina nach Orbetreu geschickt hatte. Wulf selbst hatte sich gegen die Strauchdiebe zur Wehr gesetzt.
Dem Leibwächter mochte Oderik nicht wirklich Vorwürfe machen, doch kurz darauf Ludegars Gaul durchgegangen sein musste, denn auf der Orbetreu war nur Yasmina angekommen. Oderiks Zorn richtete sich gegen Voltan, welcher es nicht für nötig erachtet hatte, noch am Abend einen Trupp zur Suche loszuschicken. So waren erst am nächsten Morgen Suchtrupps losgeschickt worden.
Doch es war mittlerweile der dritte Tag der Suche und von Ludegar fehlte jede Spur. Es schien fast so, als ob der Feidewald ihn verschluckt hätte. In Oderik wuchs langsam die Verzweiflung. Sigmann und Hagen waren nicht von seiner Seite gewichen und auch Stordian von Wulfensteyr hatte sich als wertvolle Hilfe erwiesen.
Der kleine Suchtrupp hatte sich gerade eine kleine Pause gegönnt. Oderik hatte sich auf einen umgestürzten Baumstamm gesetzt, seine Ellbogen auf den Knien abgestützt und hätte sich am liebsten die Haare gerauft. Er bemerkte, wie sich Hagen zu ihm setzte und ihm aufmunternd eine Hand auf die Schulter legte: „Dein Bruder ist ein zäher Kerl! Wir werden ihn schon finden!“
Oderik hob den Kopf. „Wir sollten hier nicht rasten! Wir müssen weiter!“
Hagens Miene zeigte Unmut. „Wir brauchen alle eine Pause!“ insistierte er. „Man hat mir gesagt, dass Du die gesamte letzte Nacht auf dem „Schwarzen“ Wache gehalten hast.“ sprach er beruhigend weiter. „Auch Du brauchst Ruhe!“
Oderik schüttelte den Kopf. Hagen konnte die Augenringe unter Oderiks Augen sehen, als dieser sprach: „Ich kann mich nicht ausruhen!“
Hagen stand auf. „So kann es aber nicht weitergehen!“
Oderik stand ebenfalls auf: „Ich habe meiner Mutter mein Wort gegeben, auf meinen Bruder aufzupassen!“
Hagen nickte. „Ich verstehe Dich! Wenn Lucarna, Sighardt oder Alrik etwas passieren würde, wäre ich bestimmt auch aufgebracht. Aber schau Dich an! Du wirkst übernächtigt. Lass uns eine Pause machen! Es nützt doch nicht, wenn Du Dich jetzt selbst geißelst!“
Oderik schaute seinem jüngeren Begleiter ernst an. „Also schön, dann zurück zur Orbetreu!“ Hagen nickte. „Schick auch eine Nachricht an den Wegevogt!“ Hagen stutzte, doch Oderik fuhr unbeirrt fort. „Das waren keine einfachen Strauchdiebe, die Ludegar überfallen haben. Ich weiß zwar nicht, wer dafür verantwortlich ist, aber der Wegevogt will bestimmt davon wissen.“ Hagen antwortete ruhig: „Ich glaube nicht, dass er bei dem Namen Schwingenfels große Begeisterung verspüren wird!“ Oderik nickte müde. „Das mag so sein, trotzdem schicken wir ihm die Nachricht!“

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