Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Gespräche unter Kaufleuten
Mümmelmannshag, Praios 1044 BF
„Wie seid Ihr in den Besitz davon gekommen?“ fragte Cordovan Grebelsteen wutschnaubend. Sein Gegenüber lächelte mild. „Ihr solltet mich doch besser kennen, Grebelsteen. Ich habe meine Quellen!“ antwortete Dinaria von Quandt gelassen. Ungläubig schüttelte der Kaufmann seinen Kopf. „Das mag ich gerne glauben!“ Er schaute ruhig auf den Schuldschein auf dem Tisch. Er deutete mit dem Finger auf Dinaria. „Ihr solltet wissen, dass ich nicht leichtfertig Schuldscheine ausstelle!“ Er lehnte sich zurück. „Also, sagt mir, wer hat Euch den Schein verkauft?“ Dinaria zuckte mit den Achseln. „Ihr solltet mich besser kennen!“
Cordovan lachte: „Wenn es Euch um Geld geht, dann nennt Euren Preis!“ Dinaria strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte. „Na schön, ich werde Euch jetzt eine Zahl auf dieses Papier schreiben! Doch lasst Euch eines gesagt sein. Mit einem weiteren Schuldschein werde ich mich nicht zufriedengeben!“ Mit einer Geste bedeutete Cordovan seinem Gegenüber, dass sie fortfahren möge. Dinaria schob das Papier über den Tisch. Cordovan schaute auf die Zahl und erhob sich dann. „Wartet hier!“ sprach er gelassen und verließ den Raum.
Dinaria wartete einige Zeit, bis der Kaufmann in Begleitung eines Reisigen den Raum erneut betrat. Der Reisige trug eine mittelgroße Kiste, welche er auf dem Tisch abstellte. Cordovan wartete, bis der Mann den Raum erneut verlassen hatte: „Das sollte sowohl diesen Schuldschein, wie auch Eure Auslagen ausgleichen!“ Er öffnete die Kiste. „Und jetzt will ich einen Namen!“
Dinaria von Quandt schaute abschätzend über den Inhalt der Kiste. Innerlich fragte sie sich, ob der Kaufmann geahnt hatte, dass sie Geld von ihm verlangen würde, als sie sich an ihn gewandt hatte. Eigentlich konnte es ihr ja egal sein. Cordovan Grebelsteen schaute sie herausfordernd an. „Roban von Eisenmuth kam vor drei Wochen hierher. Er hat mir den Schuldschein dort verkauft.“ antwortete Dinaria von Qaundt. „Wer soll das denn sein?“ Das Gesicht Cordovans zeigte deutlich, dass er mit dem Namen nichts anzufangen wusste. „Ein Gefolgsmann von Baron Werdomar!“ antwortete Dinaria. „Zugegeben, ich habe mich durchaus gefragt, was Ihr mit diesem Kerl zu schaffen habt!“ Cordovan schnaubte verächtlich. „Ich kenne diesen Mann nicht!“ Dinaria war sich sicher, dass der Kaufmann die Wahrheit sprach. Sie beschloss, ihm ihr Vertrauen zu schenken. „Er hatte auch diese Scheine dabei.“ Sie schob eine weitere Mappe über den Tisch.
Cordovan Grebelsteen stutzte. „Ich kenne den alten Bergsteen! Ein kleiner, unbedeutender Geldverleiher.“ Dinaria von Quandt zog eine Augenbraue hoch. „Ich dachte, der alte Kerl wäre bereits zu Boron gegangen!“ Cordovan hob tadelnd den Zeigefinger. „Ihr solltet das Alter nicht unterschätzen!“ Dinaria hob abwehrend die Hände. „Nun, ich wollte gewisslich nicht eine Verallgemeinerung vornehmen, aber ich hielt Bergsteen tatsächlich für tot!“ Cordovan hatte die Zahlen schnell im Kopf zusammen gerechnet. Darin war er immer noch ausgezeichnet. „Die entscheidendere Frage sollte doch eher sein, wie der Kerl auf einmal zu solchen Beträgen kommt?“ entfuhr es ihm. Dinaria lehnte sich zurück und hob den Schuldschein Cordovans hervor. „Wegen diesem hier hatte ich gehofft, dass Ihr mir die Antwort auf diese Frage geben würdet!“ Cordovan blickte noch einmal auf den Schuldschein. „Den habe ich ja vor einer halben Ewigkeit ausgestellt. Aber das Siegel ist echt!“ Dinaria beugte sich ebenfalls vor und deutete auf den Betrag. „Wisst Ihr noch, wem Ihr diesen Betrag geschuldet habt? Das könnte uns hilfreich sein?“ Cordovan kratzte sich am Kopf. „Ich fürchte, genau hier muss ich passen! Ich bin mir jedoch sicher, dass ich niemals mit dem Bergesteen oder diesem Roban von Eisenmuth geschäftlich zu tun hatte.“ Dinaria lehnte sich wieder zurück. „Und was machen wir jetzt?“ fragte sie. Cordovan überlegte angestrengt, doch sein Gedächtnis wollte ihm nicht verraten, wem er den Schuldschein ausgestellt hatte. „Phexverflucht! Ich werde wohl meine Bücher prüfen müssen! Dann sollte ich Gewissheit haben. Da sich keiner gemeldet hat, dürfte ich die Verbindlichkeit wahrscheinlich in den jüngsten Aufzeichnungen als sonstigen Ertrag verbucht haben.“
Dinaria schaute auf die kleine Kiste in der Mitte des Tisches. „Nun, ihr verzeiht, dass ich darauf keine Rücksicht nehmen kann und diesen Ertrag gerne in meinen Büchern verzeichne.“ Mit einer eleganten Bewegung hob sie den Schuldschein des Kaufmannes. Cordovan lächelte ein wenig wehmütig über seinen Verlust, dann ergriff er den Schuldschein. Sein Blick ging noch einmal zur Mappe der Edlen. „Was den Rest anbelangt, so kann ich Euch leider nicht weiterhelfen!“ Im Hinterkopf machte er sich eine Notiz, der Sache auf den Grund zu gehen. Dinaria nickte. „Bedauerlich!“ Die beiden verabschiedeten sich und Dinaria beschloss, dass sie bei Gelegenheit, diese Sache doch näher beleuchten sollte.
