Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Haldoras Wunsch

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Burg Weizengrund, 30. Tsa 1040 BF

Sigmann wirkte aufgebracht. „Ich muss es ihr sagen!“ Oderik blieb ruhig. „Es geht ihr wirklich nicht besonders!“ Irgendwie war es ihm nicht vergönnt gewesen, zur Ruhe zu kommen. Die Auswirkungen des Mendena Feldzuges und der Überfall auf seinen Bruder hatten ihn zu Jahresanfang arg mitgenommen. Kaum war sein Bruder wieder auf dem Weg der Besserung, hatte er sich nach Hause aufgemacht. Er hatte schon das Erntefest verpasst und war froh, zum Tag der Treue und seinem Tsatag endlich wieder daheim zu sein. Vielleicht hätten Haldora und er das Wiedersehen weniger heftig feiern sollen.

„Was ist da so witzig?“ fragte Sigmann jetzt irritiert. Oderik hatte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen können, als er an seinen Tsatag zurückdachte. Er bemühte sich um eine ernste Miene und überging die Frage. „Die Schwangerschaft ist Haldora wirklich nicht bekommen. Komm, wir werden mit der Medica reden müssen!“ sprach er und machte sich auf den Weg zu seinen Gemächern – eigentlich waren es seitdem die Probleme aufgetreten waren nur noch Haldoras Gemächer. Oderik hatte sich seitdem im alten Turmgemach eingerichtet. Es war dort zwar zugig, doch nachdem er das Dach hatte reparieren lassen, regnete es nicht mehr herein. Irgendwie mochte Oderik das Turmgemach sogar lieber als die Gemächer des Burgherren.

Dort stand er aber nun und klopfte sachte an der Tür. Nach kurzer Zeit steckte die Medica Palinai ihren Kopf zur Tür heraus. Oderik deutete auf Sigmann: „Wir müssten mit Haldora reden!“

Die Medica machte Anstalten, Einwände zu erheben, doch als sie in die Miene Oderiks blickte, erkannte sie, dass es ihm wirklich wichtig erschien. Sie hatte gelernt, die Blicke des Burgherren zu deuten und öffnete die Tür. „Bleibt aber nicht zu lange!“ sprach sie.

Oderik und Sigmann traten ein, während die Medica die Tür hinter ihnen schloss und dann dort verharrte. Haldora wirkte bleich und geschwächt. Als sie die beiden Männer eintraten sah, zwang sie sich zu einem Lächeln. „Wie geht es meinen beiden Rittern?“ fragte sie.

Oderik setzte sich an die linke Seite des Bettes und nahm Haldoras Hand. „Mein Schatz, ich fürchte, dass wir keine guten Nachrichten haben!“ sprach er sanft. Haldora zuckte erschrocken zurück. „Was hat das zu bedeuten?“ Oderik schaute zu Sigmann und bedeutete ihm, seinen Bericht vorzubringen. Und so berichtete der junge Mann von den Ereignissen von der Tsatagsfeier ihrer Mutter.

Oderik hielt während dem gesamten Bericht ihre Hand und versuchte seiner Frau eine Stütze zu sein. Er wusste, dass sie sich Vorwürfe machen würde, dass sie nicht dort war. Und tatsächlich sprach Haldora aus, was Oderik ahnte: „Wir hätten zur Feier fahren sollen!“

„Schatz, was hätten wir dort tun können?“ fragte Oderik das eigentlich Offensichtliche, was er sich bereits gefragt hatte, als Sigmann ihm den Bericht abgegeben hatte. Haldora sank erschöpft zurück. Mit geschlossenen Augen sprach sie leise: „Trotzdem wäre ich jetzt gerne bei meiner Mutter!“ Oderik schaute von Sigmann zur Medica. Diese begann nun: „Euer Wohlgeboren, wir haben doch schon darüber gesprochen!“

„Ich will bei ihr sein!“ Haldora hatte die Augen geöffnet und die letzten Worte mit einer Kraft gesprochen, welche Oderik zusammenfahren ließ. Er wusste, dass seine Frau schwerlich vom Gegenteil zu überzeugen war. Er erhob sich. „Lass mich zunächst dem Wegevogt schreiben und anfragen, ob er einen solchen Besuch zum jetzigen Zeitpunkt goutieren würde!“ sprach er resignierend.

Haldora nickte entschlossen und schloss erneut die Augen. Oderik signalisierte Sigmann, ihm nach draußen zu folgen. Es stand ihnen Arbeit bevor.