Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Luidors Knappschaft

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Villa Geldana, Peraine 1046 BF

Alrik Lechmar von Schwingenfels bestaunte ein wenig eingeschüchtert die Architektur des Gebäudes, soweit dies bei den hohen Hecken und dem Efeu überhaupt möglich war. Er war bereits vor drei Tagen hier gewesen und hatte diesen Termin ausgemacht. Als er also einem der Gardisten seinen Namen mitteilte, war dieser entsprechend vorbereitet. Ein Diener führte ihn ins Innere der Villa.


Alrik hatte sein bestes Wams angelegt, doch trotzdem kam er sich hier so klein und ärmlich vor, wie der Hartsteener Ritter, welcher er ja nun einmal war. Aber Oderik hatte ihm diesen Auftrag anvertraut und so würde er diesen erfüllen. Eine weitere Wache der Raulsmärker Garde stand vor einem Zimmer, auf welches der Diener zielstrebig zu steuerte.


Ulmia von Weyringhaus beobachtete, wie der gutaussehende Hartsteener Ritter hereingeführt wurde. Er mochte ungefähr im gleichen Alter wie sie selbst sein und schien recht gut gelaunt. „Euer Edelhochgeboren, ich danke Euch, dass Ihr mir ein wenig Eurer Zeit schenkt!“ sprach er, nachdem der Diener sein Kommen angekündigt hatte. Dabei deutete er eine Verbeugung an. „Seid mir im Namen der Zwölfe, Travia voran, gegrüßt, Herr von Schwingenfels!“ erwiderte Ulmia freundlich. „Darf ich Euch etwas anbieten?“ fragte sie. „Wenn Ihr einen Tee hättet?“ fragte der Hartsteener vorsichtig und erstaunte Ulmia damit ein wenig. Sie deutete einem Diener an, das gewünschte herbei zu bringen. Dann deutete sie auf die Sitzgruppe im Zimmer. „Wollen wir uns nicht setzen?“ fragte sie. Ihr Gegenüber schien ein wenig den Mut verloren zu haben und nickte nur leicht.


Alrik war von der freundlichen Begrüßung und der Art der Burggräfin ein wenig überrumpelt. Er setzte sich gegenüber von ihr und schaute leicht zögernd zu ihr. „Der Name Schwingenfels ist mir in den letzten Jahren weniger über den Weg gelaufen!“ griff Ulmia von Weyringhaus das Gespräch wieder auf. „Die Natzunger Lande gehören eigentlich nicht meiner Familie. Daher werdet Ihr als Stadtvögtin vermutlich weniger mit Mitgliedern meiner Familie zu tun gehabt haben!“ antwortete Alrik, welcher sich langsam wieder gefangen hatte. „Vermutlich werdet Ihr am meisten mit Hadrumir zu tun gehabt haben!“ Ulmia nickte. „Zumindest bevor er Kronjunker zu Korgond wurde!“ stellte sie fest.

„Es ist witzig, dass Ihr Korgond erwähnt, Euer Edelhochgeboren!“ sprach Alrik, welcher nunmehr seine Routine gänzlich wiedergefunden glaubte. „Was erheitert euch daran so?“ fragte Ulmia interessiert. Alrik straffte sich: „In Korgond gab Euer allseits geschätzter Großvater Hadrumir von Schwingenfels das Versprechen, dass dessen Sohn Luidor dereinst Knappe seiner Edelhochgeboren Oldebor werde!“ Ulmia atmete tief ein: "Ja, dieses Versprechen ist mir bekannt. Mein Großvater hat davon berichtet.“ „Nun ist es so, dass das Oberhaupt meiner Familie, Oderik von Schwingenfels, zugleich Vormund für die Kinder Hadrumirs und Taniras ist. Daher hat Luidor seine Pagenzeit in Weizengrund bei Oderik verbracht.“


Der Diener kam herein und servierte den Tee. Ulmia glaubte zwar, zu wissen, weshalb der junge Schwingenfelser hier war, doch wollte sie Gewissheit: „Ich glaube, mich an den Jungen erinnern zu können. Wie alt ist er jetzt?“ „Er wird im nächsten Mond dreizehn und es wäre zu hinterfragen, wie es mit seiner ritterlichen Erziehung weitergehen soll. Er ist der Junker von Ebenhain und deshalb ist meiner Familie an einer solchen gelegen.“ Ulmia nahm vorsichtig einen Schluck von dem Tee. Derweil fuhr Alrik fort: „Euer Herr Großvater steht ja als Rittervater bedauerlicherweise nicht mehr zur Verfügung. Oderik hat mich deshalb ausgesandt, bei Euch anzufragen, ob Ihr oder ein anderes Mitglied Eurer Familie uns die Ehre erweisen würdet, die ritterliche Erziehung des Jungen zu übernehmen!“ Ulmia musste kurz ihre Gedanken fassen, doch ehe sie zu einer Erwiderung ansetzen konnte, schob der Schwingenfelser nach: „Wir möchten dies mitnichten einfordern! Es schien uns nur der richtige Weg, uns in Anbetracht der Umstände an Euch zu wenden! Verzeiht mir bitte, wenn ich unsere Bitte allzu forsch vorgetragen habe!“ Ulmia lächelte milde. „Seid unbesorgt, es ist nicht die Forschheit Eurer Worte, welche mich zögern lässt.“ Jetzt wirkte Alrik wieder verunsichert. Er musste sich eingestehen, dass die Burggräfin, obwohl sie in seinem Alter war, weitaus reifer und gewitzter wirkte. Das imponierte ihn und sorgte dafür, dass er schüchtern verlegen zur Burggräfin blickte. Einerseits wünschte er sich, dass er Oderik nicht überredet hätte, diesen Auftrag auszuführen, andererseits wäre er dann nie in die Gesellschaft der jungen Burggräfin gekommen. „Was mich zögern lässt, ist die Tatsache, dass ich selbst nie einen Ritterschlag erhalten habe!“ fuhr Ulmia nun fort. „Jedoch sehe ich meine Familie und mich in der Verpflichtung das Versprechen meines Großvaters zu erfüllen!“ Alrik hätte beinahe den Tee durch den Raum gespuckt und begann nun hastig stammelnd: „Das würde meine Familie nie verlangen! Wir sehen keine Verpflichtung – weder bei Euch noch bei Eurer Familie!“ Dabei wäre ihm beinahe die Tasse aus der Hand gefallen.


Ulmia lächelte leicht belustigt, als der Hartsteener Ritter sich mit seiner Antwort abmühte. „Dann seht es bitte nicht als Verpflichtung, sondern als meinen Wunsch.“ sprach sie besonnen und bestimmt zugleich. „Das Versprechen eines Burggrafen der Raulsmark gilt. Nur möchte ich zuerst noch Rücksprache halten! Sagt, wie kann ich Euch am besten erreichen?“ Alrik schaute betreten drein. „Ich bin noch für zwei Wochen in der Herberge Zum Dorfschulz, ehe ich mich wieder auf den Heimweg mache!“ Zu mehr hatte seine beschauliche Reisekasse nicht gereicht. Ulmia schüttelte leicht unwirsch den Kopf. "Ritter Alrik! Mit Eurem Anliegen sollt Ihr ein Gast der Familie Weyringhaus sein. Ihr seid herzlich eingeladen, Quartier auf Gut Weyring in Roßkuppel zu nehmen, wenn Ihr es wünscht. Mein Bruder Leomar kann Gesellschaft wie Euch gut gebrauchen." Alrik straffte sich. „Nun, wenn das so ist, dann werde ich Euer Angebot gerne annehmen.“ „Gut!“ sprach Ulmia. „Ich werde versuchen, es einzurichten, dass Ihr mit einer Antwort zurückreisen könnt!“ Alrik beeilte sich, hinterherzuschieben: „Natürlich könnt Ihr sonst auch eine Nachricht direkt an Oderik nach Weizengrund schicken!“ Er nahm noch schnell einen letzten Schluck vom Tee. „Auch gut!“ sprach Ulmia gelassen. „Doch wir werden sehen!“ Sie erhob sich und Alrik tat es ihr gleich. „Es war mir eine Freude, Eure Bekanntschaft zu machen, Herr von Schwingenfels!“ sprach sie freundlich. Alrik nickte, deutete eine Verbeugung an und murmelte verlegen: „Die Freude habt Ihr mir bereitet, Euer Edelhochgeboren!“


Alrik folgte dem Diener nach draußen, während Ulmia leicht belustigt dem Ritter hinterher schaute. Sie lächelte, als dieser verstohlen an der Tür nochmals einen Blick über die Schulter zu ihr warf. Dann war er zur Tür hinaus und Ulmia wandte sich anderen Dingen zu.