Geschichten:Nimmgalfs 50. Tsatag - Leihenbutter Befindlichkeiten

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Barönliche Stadtresidenz im Stadtteil Greifenehr der Stadt Leihenbutt:

Mit einer kleinen, inneren knapp drei Schritt hohen Mauer und hohen Bäumen war Greifenehr von den zu neugierigen Blicken, den Geräuschen und Gerüchen der restlichen Stadt Leihenbutt vortrefflich separiert. Die Torwache am Gittertor kontrollierte Fremde sehr genau. Nur wer glaubhaft ein Anliegen vorbringen konnte, wurde vorgelassen. Auf einem Hügel gruppierten sich die Stadthäuser des Barons und der umliegenden Adligen in einem Halbkreis um den großen Praiostempel, dessen leuchtende Kuppel in der ganzen Stadt recht gut sichtbar war. Leicht abgegrenzt durch eine kleine Parkanlage mit Ententeich befanden sich einige Häuser für Bedienstete sowie die Werkstätten eines Schreibers und eines Maßschneiders, dessen Dienste auch gerne von besuchenden Adligen in Anspruch genommen wurden, galten die Künste der Familie Tannicht doch als in den Grenzen der Grafschaft als von Menschenhand kaum übertroffen.

Sharbane Leutreu von Hirschfurten-Aurenstein stand auf einem gepolsterten Hocker, während Garland Tannicht mit seinen feingliedrigen Fingern den Stoff des neuen Kleides zurecht zog. Um sie herum tobten ausgelassen ihre Kinder Orlande, Werdomar und Selfina, sowie ihre Nichte Branibeth und ihr Neffe Gilborn umher. Sharbanes Bruder Roban saß auf einem der edlen Stühle und sah dem Trubel vergnügt zu.

„Seit du Burg Leihenbutt verlassen hast, scheint es dir viel besser zu gehen, liebe Schwester“, stellte der Geweihte des Praios fest.

„Ja und wie“, Sharbane atmete tief durch. „Der Hof ist ein Rattennest, jeder ist auf sein Vorteil bedacht und versucht meinen Gemahl zu beeinflussen. Vor diesen Hofschranzen wollte ich meine Kinder schützen. Hier in Greifenehr haben wir Ruhe, sodass Orlande, Werdomar und Selfina in Ruhe aufwachsen können. Außerdem habe ich dich hier, Bruderherz.“

Roban nickte verstehend. Der Praiot diente im hiesigen Praios-Tempel, verbrachte aber jede freie Minute bei seiner Schwester und seinen Neffen und Nichten. Er war Sharbane eine wichtige moralische Stütze, besonders seit sie und ihr Gemahl sich immer mehr entfremdet hatten. Nach dem dritten Kind sah sie ihre dynastische Pflicht erfüllt, verließ Burg Leihenbutt und den Baronshof und zog in die herrschaftliche Residenz in Greifenehr. Baron Hernulf-Answin hatte das desinteressiert zur Kenntnis genommen. Seine Interessen lagen eh woanders.

In diesem Moment betrat Seraffa von Plaum die herrschaftlichen Gemächer. Sie war die Gemahlin von Roban und diente Sharbane als Hofdame und Vertraute.

„Ihre Hochwürden Jendara von Hirschfurten wünscht eine Audienz.“

„Sie soll vortreten!“, sprach Sharbane kühl.

Die beiden Frauen begrüßten sich mit einem Nicken.

„Jendara, was führt dich aus deinem Tempel der gütigen Herrin in Rabenfelde nach Leihenbutt.“

„Ich komme tatsächlich vom Hof. Dein Gemahl wünscht, dass du ihn zu den Feierlichkeiten von Nimmgalfs Tsatag begleitest.“

„Ich weiß!“, antwortete Sharbane mit einem gewissen Unterton. „Ich habe meine Augen und Ohren am Hof, ich weiß was dort vorgeht.“

„Also wirst du ihn begleiten?“ Jendara wirkte etwas verwundert. „Ich meine, ihr seid … und dann noch die Fehde zwischen Reichsforster und Kaisermärker Familien … du als Kaisermärkerin... .“

„Ich werde meinen Gemahl begleiten, auch wenn es mir bei den Göttern nicht behagt. Doch weiß ich aus sicherer Quelle, dass er unsere Tochter Orlande auf den Feierlichkeiten irgendwem als künftige Pagin anpreisen wird … und ich will darauf zumindest Einfluss haben. Das kann ich nicht, wenn ich hier in Leihenbutt sitze.“

„Während du weg bist, werden wir uns um die Kinder kümmern.“ Roban blickte erst zu Seraffa und dann zu Sharbane.

„Sehr gut, dann weiß ich sie in guten Händen.“