Geschichten:Nimmgalfs 50. Tsatag - Ein Gespräch unter Junkern

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Ein Gespräch unter Junkern

Es war der Nachmittag des 10. Boron, es hatten sich bereits einige der Gäste in der Burg eingefunden. Da der Hausherr noch einige wichtige Vorbereitungen treffen musste, hatte er kurzerhand eine Führung durch die Burg organisiert, die in Kürze stattfinden würde. So standen einige Adelige in einer kleinen Gruppe im Burghof, und warteten auf die Seneschallin Brunhild von Tsangen, die die Gäste dann herumführen würde.

Plötzlich näherte sich eine leicht gerüstete Frau der Gruppe, grüßte die einzelnen Anwesenden knapp und blieb dann vor dem Junker von Hohenlinden und seiner Frau Arinya von Baernfarn stehen.

„Hochgelehrter Herr von Keres? Auf ein Wort, bitte!“, sagte sie nach einer kurzen Begrüßung. Der Angesprochene blickte sie etwas überrascht an, als die Frau fortfuhr: „Verzeiht bitte die Störung, hohe Herrschaften. Mein Name ist Tsaiane von Talbach. Ich müsste Euch, Hochgelehrter Herr, in ein er dringenden Angelegenheit unter vier Augen sprechen. Hättet Ihr etwas Zeit?“

Gerion von Keres, der Junker zu Hohenlinden und Magier der Weißen Gilde, war sichtlich irritiert, als ihn die blonde Frau anprach. „Nun ja, wenn es wichtig ist! Arinya, bitte warte hier kurz auf mich, ich bin sicher bald wieder da!“ Seine Frau nickte.

„Vielen Dank. Dann folgt mir bitte rüber ins Burgpalais.“

"Die korrekte Anrede ist übrigens Wohlgelehrter Herr."

Tsaiane blickte irritiert. "Wie meint Ihr?"

"Der 'hochgelehrte Herr' steht nur einem Magus zu, der die entsprechende Prüfung abgelegt hat", erklärte Gerion ohne Regung. "Ich habe es nie für nötig empfunden diese Prüfung abzulegen. Es schmeichelt letztlich nur der Eitelkeit der Gildenmagier." Tsaiane glaubte nun eine Regung in seinem Gesicht zu erkennen. "Saldor Foslarin würde zur Decke gehen, wenn einer seiner Adepten sich mit 'Hochgelehrter Herr' ansprechen lassen würde." Jetzt war eindeutig eine Regung zu erkennen: der Magier lächelte grimmig - ihm schien der Gedanke zu gefallen. "Ach, wißt Ihr was? Hochgelehrter Herr ist schon in Ordnung."

Tsaiane führte den Magier in Nimmgalfs Schreibstube, bot ihm dort einen Polstersessel an und schloss die Tür.

Der Magier ließ sich auf dem angebotenen Sessel nieder und sah sich interessiert um, auch wenn er noch nicht so recht wusste, worauf das ganze hinauslaufen würde.

„Etwas Wein?"

"Gerne." Gerion wartete bis Tsaiane ihm ein Becher einschenkte und es ihm reichte. "Nun, Ihr werdet mich nicht eingeladen haben um Wein zu trinken“, entgegnete Gerion nicht unfreundlich. "Also, worum geht es?"

Tsaiane goss sich selbst einen Krug Wein ein und setzte sich dann zu ihrem Gast. „Ich möchte mich zunächst einmal entschuldigen, dass ich Euch so überrumpelt habe. Dies war aufgrund der Umstände leider nicht anders möglich. Erst einmal zu mir: ich bin Tsaiane von Talbach, die Junkerin zu Talbach und die rechte Hand Seiner Hochgeboren Nimmgalf von Hirschfurten, in dessen Namen ich auch hier spreche. Denn ursächlich dafür, dass er Euch heute hierher eingeladen hat, war mitnichten sein Wunsch Euch näher kennen zu lernen oder sich gar mit der Kaisermark auszusöhnen, vielmehr war ich es, die ihm empfohlen hat, Euch heute hierher einzuladen. Der eigentliche Grund ist folgender: ich kannte Euren Vater Balrik von Keres, er war meinem Herrn vor einigen Jahren eine große Hilfe im Kampf gegen die Machenschaften seiner Gemahlin Simiona, die sich dem Namenlosen verschrieben hatte.“

Gerion kniff mißtrauisch die Augen zusammen und fixierte sein Gegenüber. "Das ist mir durchaus bekannt“, nickte er.

„Natürlich. Ihr seid ein Experte im Kampf gegen die Mächte des Dreizehnten, was ich aus zuverlässigen Quellen weiß. Denn auch ich verfüge über ein gutes Netzwerk von… sagen wir Wissenszuträgern.“

Der Magier ließ sich nichts anmerken. "Und wozu braucht ihr mich?“ Gerion glaubte die Antwort zu kennen, war aber dennoch neugierig.

„Bevor ich fortfahre müsst Ihr mir versprechen, dass Ihr das nun Folgende mit allergrößter Vertraulichkeit behandelt, da dieses Wissen in den falschen Händen wahrhaft großen Schaden anrichten könnte.“

Gerion antwortete nicht sofort. Was ging ihm durch den Kopf?, fragte sich Tsaiane. „Nun gut", antwortete er schließlich. "Ich will es Euch gerne versprechen. Doch nun fahrt fort!“

„Baron Nimmgalf und ich haben den dringenden Verdacht, dass Graf Drego schon seit einiger Zeit unter den Einflüsterungen des Namenlosen steht. Wir wissen nicht, ob er selbst ein Anhänger des Dreizehnten ist, aber wir haben starke Indizien, dass zumindest hochrangige Personen in seiner Nähe dem Gott ohne Namen dienen!“

Gerion zog scharf die Luft ein. Er stellte sein Weinbecher auf einen kleinen Beistelltisch ab und beugte sich vor, während er Tsaiane durchdringend anblickte. „Wenn das wahr ist", sagte er, "dann ist das eine äußerst gefährliche Lage. Welche Personen habt Ihr in Verdacht und wie kommt Ihr darauf? Und welche Rolle habt Ihr mir zugedacht?"

Tsaiane fuhr fort: „Wir wissen, dass Drego von Luring heute Abend ebenfalls hier anwesend sein wird. Die Person, die wir explizit im Verdacht haben - ein gewisser Rudon Langenlob - wird allerdings nicht kommen. Trotz dessen, dass wir ihn ebenfalls eingeladen haben!“

„Ihr habt bewusst einen Anhänger des Namenlosen hierher eingeladen?“

„Ja, und zwar um ihn in eine Falle zu locken, natürlich alles unter dem Deckmantel der Etikette, da es sich um den Eingeladenen um den Landvogt zu Gräflich Luring handelt. Das wird aber nicht passieren, da er es vorgezogen hat, in Luring zu verbleiben. Dennoch müssen wir Gewissheit haben, in wie fern der Graf selbst in die namenlosen Machenschaften verstrickt ist. Das Ganze natürlich aber ohne ihm zu suggerieren, dass wir irgendeinen Verdacht gegen ihn oder seine Einflüsterer hegen.“

„Und wie wollt Ihr das herausfinden?“

„Nun denn: Nimmgalf wird seinen Schwager im Laufe des Abends beiläufig in ein Gespräch verwickeln und ihm scheinbar unverfängliche Fragen stellen. Unter anderem auch nach dem Verbleib einiger hohen Familienmitglieder des Grafen, namentlich seiner jüngeren Schwester Lechmin und des ehemaligen Burgsassen Odo von Luring-Mersingen. Wir haben den Verdacht, dass diese entweder in der Gewalt der Namenlosenanhänger gefallen sind, oder sich vor diesen auf der Flucht befinden. Jedenfalls gehen wir davon aus, dass er uns nichts über ihren derzeitigen Aufenthaltsort sagen wird oder sagen kann. Die entscheidende Frage ist nur, ob er tatsächlich nichts darüber weiß, oder ob er lügt! Im ersteren Fall haben seine Einflüsterer die Wahrheit nur vor ihm verborgen, was darauf hindeuten könnte, dass er selbst noch nicht den Einflüsterungen erlegen ist. Falls er aber bewusst lügt, dann müssen wir befürchten, dass er ebenfalls dem Namenlosen dient. Eure Aufgabe dabei wird sein, das Ganze möglichst unauffällig zu beobachten und nach Indizien zu suchen. Vielleicht habt ihr ja einen Zauber, mit dem ihr erkennen könnt, ob er lügt oder nicht?“

Gerion lehnte sich wieder zurück und legte seine Fingerspitzen aneinander. Er dachte über das eben Erfahrene nach. "Gibt es eine Möglichkeit sich mit dem Grafen privat zu treffen?", fragte er schließlich. "Es gibt einen Zauber mit dem ich die Wahrheit sogleich von ihm erfahren könnte. Allerdings ist das alles andere als unauffällig und er könnte es als Beleidigung auffassen, wahrscheinlicher aber eher als Affront. Aber ich vermute schon, daß dies Euren Absichten zuwider läuft." Das letzte war halb als Frage formuliert und er sah Tsaiane mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

Diese schüttelte energisch den Kopf: "Nein, das ist leider ausgeschlossen. Der Graf würde sofort bemerken, dass wir einen Verdacht gegen ihn haben und weitere Aussagen verweigern. Schlimmer noch: er könnte seinen Einflüsterern davon berichten, und diese so zu Gegenmaßnahmen verleiten. Es müsste etwas Subtileres sein, etwas dass er gar nicht mitbekommt."

"Bedauerlich", murmelte Gerion, während er sich wieder zurück lehnte. "Das hätte vieles vereinfacht."

„Hochgelehrter Herr, ich habe Euch bewusst ausgewählt, da ihr zum einen über die nötige Objektivität verfügt, da ihr in keinerlei Abhängigkeit zu Graf Drego steht, und zum anderen über die notwendige Kompetenz und auch die Fähigkeiten, aktiv gegen die namenlosen Machenschaften vorzugehen. Deswegen seid Ihr in meinen Augen ideal geeignet, um uns zu helfen. Nun, da ihr die Sachlage kennt, werdet ihr uns bei unserem Vorhaben unterstützen?“

„Ihr könnt auf mich zählen!“, gab Gerion entschlossen Antwort. "Aber ich erwarte, daß ich über alles informiert werde, wie Ihr auf diesen Verdacht kommt."

"Hervorragend!" Tsaiane teilte mit ihm alle Informationen, die er brauchte, und betonte auch Racallas hilfreiche Recherche in der Akademie der Magischen Rüstung bezüglich des dringenden Verdachts gegen Nimmgalfs ehemaligen Waffenknecht Romin Westfall. Gerion hörte sich alles aufmerksam an und stellte gelegentlich Rückfragen. Die Führung durch die Burg verpasste er allerdings.


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