Geschichten:Neue Verhältnisse

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Wehrturm Hardenfels, Baronie Zackenberg, 1. Ingerimm 1046 BF

Der Rittersaal war in ein Dämmerlicht getaucht, die letzten Sonnenstrahlen fielen durch die schmalen Fenster und ließen die Schatten tanzen und langwerden. Die entzündeten Fackeln und Kerzen wollten nicht so wirklich ihr warmes Licht in den Raum werfen. Ritter Wolfhelm hatte am Kopfende des langen Tischs platzgenommen und beinahe konnte man meinen, dass die Dunkelheit von ihm ausgehen würde. Vor ihm lag das Familienschwert Fides auf dem Tisch, mit dem Knauf zu ihm zeigend. Er selbst saß aufrecht, seine Mine versteinert und seine kalten Augen hatten jeden Ankömmling verfolgt, bis dieser sich gesetzt hatte.

Zu seiner Rechten saß Isabella von Dornhag, seine Frau. Linkerhand blieb der Stuhl frei, wie alle wussten war dies der Platz des verstorbenen Firunwin gewesen. Daneben hatte dessen Frau Selwine von Erlenbruch platzgenommen.

Bärfried saß, mit seiner Frau und den Kindern, neben seiner Mutter. Sein Ältester war in Gluckenhang geblieben und Jasina hatte man bei deren Pagenmutter gelassen. Dass Rhodena da war, war Bärfrieds Bruder zu verdanken, der sie mitgenommen hatte.

Gegenüber von Bärfried hatte Ilmar samt Gattin sowie Nachwuchs platzgenommen. Wobei der kleine Emmeran noch von Veriya getragen wurde und schlief.

Neben Ilmar saß dessen Bruder Bran, der mit seiner stark eslamsgrunder-caldaischen Mode geprägten Kleidung unter den Hardenstättern herausstach wie kein anderer. Neben ihm saß Dara, die ebenfalls allein angereist war. Ihr Gatte war derzeit zu eingespannt in seiner Arbeit im Regiment und die klein Knorrhild war bei Verwandten untergebracht.

Den beiden gegenüber saß Salix, ebenfalls ohne Gattin und Kindern. Da dieser Ast sowieso im Baum der Zackenberger aufgegangen war, war es nicht allzu ungewöhnlich, dass sie fehlten. Davon ab hatte Orlana ihrem Schwiegervater ein Schreiben geschickt, in dem sie sich ob ihres Fehlens entschuldigte. Dringliche kirchliche Angelegenheiten hatten sie dazu veranlasst in die Stadt zu reisen.

So waren sie also alle versammelt. Die lebenden Mitglieder der Familie Hardenstatt, zum ersten mal in den Tagen Wolfhelms als Oberhaupt, hatten sie sich aufgrund seiner Einberufung hier eingefunden. Einige erwarteten, dass ihr Oberhaupt seine Nachfolge regeln würde, was schon zu Zankereien zwischen Ilmar und Bärfried geführt hatte. Andere waren völlig ohne Erwartungen hier und würden sich überraschen lassen, was der alte Ritter zu sagen hatte und wieder andere genossen einfach nur die Zeit, endlich mal wieder alle zu sehen.

Es ging eine Hand nach oben und bedeutete den Anwesenden still zu sein. Wolfhelm hatte nie viele Worte gebraucht, um sich Ruhe zu verschaffen. Dann erhob er seine Stimme, die zwar leise aber dennoch eindringlich war und er sprach mit Worten, die keinen Widerspruch duldeten und keine Unterbrechung zuließen. Seine war die einzige, die man nun vernahm. Doch in den Gesichtern der Anwesenden stiegen Überraschung, Verwunderung, Zorn und Genugtuung auf. Am Ende rief Wolfhelm die Bediensteten herein, damit diese das Essen auftischten. Rehbraten mit Sauce und Knödel gab es, was es nicht gab, waren Widerworte.


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"Er hat ihn zum Oberhaupt gemacht!", rief Ilmar erbost aus und lief aufgeregt von einer Seite des Zimmers zur anderen. Bran goss den beiden indes etwas Wein ein, einen Roten aus der Grenzregion zum Fürstentum. "Er sitzt doch nun am Pass, lässt sich kaum blicken und kümmert sich mehr um seine Baronie! Der weiß doch gar nicht was hier so los ist!", Ilmars Gesicht war zornesrot.

"Hier, nimm erst einmal einen Schluck von dem Wein, das wird dir gut tun". Versuchte der Jüngere seinen Bruder zu beruhigen. Bran war von Ilmar sichtlich überrascht gewesen, als dieser beim Verkünden des Wechsels ihres Familienoberhaupts nicht über den Tisch gesprungen war und versucht hatte ihren Vetter mit bloßen Händen zu erwürgen. Wahrscheinlich war das dem guten Einfluss Veriyas geschuldet, dachte der Schwertgeselle leise in sich hinein. "Dir bleibt immer noch die Möglichkeit den Hardenfels zu bekommen. Onkel hat...", er kam nicht weiter, denn Ilmar schnitt ihm das Wort ab, als er seinen Becher aus Brans Händen riss.

"Ich weiß was unser Onkel gesagt hat! Pha, ich reite seit bald drei Götterläufen immer wieder von Sterkrade hier her, habe unserem Onkel geholfen wo ich konnte und DAS ist nun der Dank?!". Ilmar kippte den Weinbecher in einem Zug ab. "Bärfried war erst mit seinem Posten in der Armee beschäftigt und nun mit seinem Amt als Landvogt! Wie kommt Wolfhelm auf die Idee, dass ER der geeignetere Nachfolger sei?!". Er streckte den leeren Becher seinem Bruder entgegen, weshalb dieser ihm abermals einschenkte und nur mit einem Schulterzucken antwortete.


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"Dann freue ich mich, in dir eine hilfreiche Stütze zu haben, Bruder". Schloss der Einäugige und klopfte seinem jüngeren Bruder, etwas zu fest für dessen Geschmack, auf die Schulter. Bärfried und Salix hatten den Abend gemeinsam auf dem Dach des Turms ausklingen lassen und über die Zukunft der Familie gesprochen. Beide waren zwar davon ausgegangen, dass ihr Vater die Nachfolge regeln würde, doch dass Bärfried noch zu Wolfhelms Lebzeiten das neue Familienoberhaupt werden sollte hatte sie überrascht. Ebenso überrascht hatte es die beiden, dass der alte Ritter das Stammlehn und das Amt als Oberhaupt der Familie von einander trennte.

"Ich hoffe du weißt, dass du das schon zuvor hattest, Bärfried". Gab der Jüngere von sich und schenkte seinem Bruder ein warmes Lächeln, welches dieser mit einem kurzen Nicken quittierte. "Natürlich, weiß ich doch. Du hast mir immer geholfen und auch dafür danke ich dir". Mit diesen Worten erhob sich Bärfried und verabschiedete sich. Er würde nach diesem Tag gewiss eine Menge Schlaf brauchen.

Salix indes blieb zurück und grübelte noch etwas. Darüber, wie er die Kluft zwischen Bärfried und Ilmar überwinden konnte. Wenn sich die beiden nicht vertragen würde, könnte aus dieser Verstimmung ein ausgewachsenes Problem werden. Etwas, was er nicht gebrauchen konnte, wenn er sich um seine Pläne in Garetien kümmern wollte. Pläne, von denen die Zackenberger profitierten und durch sie eben auch seine eigene Familie.