Geschichten:Zunge wie ein Säbel – Brüder, Wölfe, Ritter und Rivalinnen

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Festung Haselhain, Spätfrühling/Frühsommer 1045 BF

"Was hast du aus den Shawar'Ahoou (Schwarzen Wölfen) gemacht?" brüllte ihr ihr heimgekehrter Bruder entgegen. Mit beinahe Gleichmut und neuem Selbstvertrauen sah sie ihn an. "Bruder, mein Blut? Wie sprichst du mit deiner Marben...?", absichtlich hauchte sie ein "A" am Schluß des männlich konotierten Wortes. Was Rashid(an) sichtlich noch stärker provozierte. Ähnlich mussten ihre Rivalinnen in Altmark und Haselflur getobt haben, als sie von ihrer offiziellen Erhebung durch den Markgrafen erfahren hatten, sie war ihnen zuvor gekommen. "...Du, mein Blut, folgtest dem wirren und zum Verrat verurteilten Traum eines selbsternannten Spötters und Narrs, blinde Heerfolge war niemals ein guter Ratgeber. Sei froh, dass Haselhain dir immer noch eine Heimat und die Schwarzen Bestien weiterhin dein Spielzeug sind." Der offiziell immmernoch Erste Reiter Haselhains machte einen Satz nach vorn auf seine Schwester zu, in Wut entbrannt, schon versperrten ihm zwei Saba'Ran den Weg, vor denen er verächtlich ausspie und sicher ein Duell vom Zaun gebrochen hätte, hätte Fatime nicht weiter gesprochen: "Lasst ihn gewähren. Er ist ein Hitzkopf, aber nicht töricht und auch keiner der Gewalt oder Totschlag an seines gleichen Blutes verübt." Die Leibwächter ließen den schnaubenden Bruder passieren, der irritiert in seiner Handlung innehielt und mit hochrotem Kopf und geballter Faust nun dicht vor ihr stand. Doch Fatime verzog keine Miene, stattdessen sagte sie: "Du riechst nach garetischem Hahnenmist, Ka'Hidi." Nach diesem Spruch und dem Vertrauten Kosenamen aus der gemeinsamen Kindheit prusteten beide, nach einer kurzen Pause, los vor lachen, auch wenn Rashid(an) - dem kleinen Hidi (Ka'Hidi) - die Wut noch im Gesicht stand. Doch wie beim kleinen Junge von damals fiel die Wut schnell von ihm ab und der gestandene nebachotische Krieger kratzte sich fast schon peinlich berührt am Hinterkopf. Er sprach es nicht aus, aber Fatime wusste, dass er seinem Baron wider besseren Gewissens und Wollens gefolgt war. Aber ihr Bruder war nun mal eine treue Seele, wofür sie ihn schon immer geliebt hatte. Und zu Beginn dieses unsäglichen Abenteuers ihres Gockelgatten war sie auch noch froh darum gewesen, Hidi an dessen Seite zu wissen.

Nach kurzem Schweigen wollte Rashid(an) dennoch in viel ruhigerem Ton wissen: "Aber was ist nun mit der Sharam? Sie ist altehrwürdig. Aber du hast sie gestutzt und auf eine Stufe mit den Goldsäbeln gestellt und deine ganz eigene Leibgarde aufgestellt. Und diesen Kardolan hast du zu meinem Stellvertreter gemacht." Erneut betrachtete er abschätzig die zwei Saba'Ran, doch vermeinte er beinahe ein Lächeln unter dem Helm des "Ran'Iri" genannten Kriegers zu erahnen. Was ihn dermaßen irritierte, dass er pausieren musste. Seine Schwester jedoch lächelte ganz offensichtlich: "Aber, aber, Ka'Hidi, du willst doch einer Königin der Legenden und Sagen nicht etwa eine Lektion in Geschichte erteilen? Selbstverständlich weiß ich um den Traditionsreichtum, der sagenumwobenen Schwarzen Ungeheuer von Haselhain. Doch - sind die letzten denen sie hörig waren, der Heilige Simold und ihren letzten Kapathans. Du weisst selber, dass sie dir mehr als dem Gockel folgen, ganz zu schweigen von mir. Ich aber brauchte - in deiner Abenwesenhiet - jene um mich, die mir ihr Leben anvertrauen und nicht vermeintlichen, althergebrachten Traditionen hinterherlaufen." Ihr Bruder senkte den Kopf, als wüsste er nur zu genau wovon Fatime sprach. Er nickte: "Dann erlaubt mir, Schwester, Marben...a, mich ihnen wieder anzunehmen und sie den neuen Zeiten anzupassen. Ich werde nicht scheitern, sie hören auf mich. Und selbst wenn sie nicht deine Leibwache sein sollen, dann erlaubt ihnen den Schutz der Stammlande und -festung, wie es ihnen gebührt."

Jetzt war es an Fatime eine gewisse Scham in sich aufkommen zu spüren, sie war weit gegangen, sie müsste auch Zugeständnisse machen. Also nickte auch sie: "So sei es, Erster Reiter und Kapathan." Rashid(an) atmete auf und hatte ernsthaften Dank im Blick, wollte dem auch nichts mehr hinzufügen, verbeugte sich knapp und ging.

Kurz schenkte sie ihren Saba'Ran Aufmerksamkeit, beide nickten ihr zu, sie wussten was gemeint war.

Dann widmete sie sich dem worin sie unterbrochen wurde, als ihr Bruder den Raum gestürmt hatte. Dieses Turnier - die Rudelturney, wie Selo es noch vor dem ganzen Schlamassel getauft hatte, würde in weit weniger als einem Jahr wieder anstehen. Was sollte sie damit nur anfangen? Sie kannte Geschichten von ehrvollen, raulschen Rittern und Ritterinnen, doch die Welt der Ritterturniere war ihr als nebachotischer Perricumerin eher fremd. Doch war es nicht genau das, worin der Kern dieser Sache lag? Wie auch die Haselhainer Rallei konnte ihr so ein regelmässiges Fest nur nützlich sein, um sie nahbarer zu machen, für die Menschen und Edlen der Region, vorallem für die Raulschen. Zumal die Rallei auch ein Steckenpferd der Junkerin von Haselflur war, dieses Turnier würde aber ganz ihr gehören. Doch es lag auf der Hand, dass der Name eine gewisse Brisanz mit sich brachte. Also müsste sie es umbenennen und wenn sie eines wusste über solche Turneien war es, dass solche außer Rittvolk auch allerhand (Klein)Künstlerinnen anzog. Sie würde es nicht nur umbenennen, sondern, es ebenso zu einem Fest des Minnesang, der (Rapp)Dicht- und Erzählkunst machen. Sie schaute auf ihre neue, schwere Kette, welche Teilen ihres persönlichen Wappens nachempfunden war und ihren persönlichen Wahlspruch enthielt - "Der Feder blutger Strich singt von Liebe." Der neue Name stand fest: Madasangturney.

Und als Ersten Schirmherr, neben ihr, würde sie Rukus von Rabicum, in dessen Funktion als ihren Vasall ernennen, wenn auch nur seinem berühmten Turniersnamen wegen, weshalb sie zu seinen offiziellen Vertreterinnen vier Ritterinnen und einen Krieger auserwählen bzw. erbitten würde: Mira von Grenadian, Mersana von Eisensitz, Baha von Darrenfurt, Rondrara von Alxertis und ihren ihren Bruder Rashid(an). Auch das würde sicherlich ein Zeichen Richtung ihrer Rivalinnen und darüber hinaus senden. Doch sie musste auf der Hut sein, sie spürte, dass eine baldige Antwort der Altmärkerin und der Ruchinerin nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Gut, dass Rashid wieder da war.