Geschichten:Zunge wie ein Säbel – Madasang

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Festung Haselhain, Efferd 1045 BF

Sie war seit langem mal wieder für längere Zeit von Schwarzfächerheim in die Festung Haselhain gezogen und stand weitgehend ruhig an der schmucken Voliere und lauschte dem Gesang der Madasänger, während sich überall die Dinge überschlugen.
Deswegen war sie auch wieder hier in die Festungsstadt zurückgekehrt, es brauchte hier nun ihre Anwesenheit, sonst könnte alles im Chaos versinken.

Denn während ihre Bündnisbemühungen mit den Alxertisern an Gewicht gewannen, war sie sich allerdings immer noch nicht sicher wohin das führen sollte und ob Ginaya von Alxertis dies wusste, konnte man nur erahnen, sie schien immer noch zu beobachten. Derweil schien der Seneschall alles in eine Waagschale werfen zu wollen, seine Familie auf Generationen zur ersten Familie Perricums zu machen. Er hatte aber auch schon Rückschläge hinnehmen müssen, während wiederum ihre ehemaligen „Verbündeten“ um Sulamith von Aimar-Gor anscheinend auch ein Wörtchen mitreden wollten, zumindest wenn man den Gerüchten Glauben schenken konnte, interessierte man sich hier ebenfalls plötzlich für altertümliche Gegenstände, ob dies wohl mit einer Vision der jungen Tsalaya von Alxertis zusammenhing? Aber wie sollten sie davon wissen? Und wäre dieses Treiben um Mitsprache und Anerkennung in Perricum nicht schon genug, hatten währenddessen Perricumer Truppen an der Seite der Kaiserin für Ordnung in der Großen Fehde gesorgt, was wiederum dem Seneschall, aber vor allem dem Markgrafen und seinen Getreuen wieder etwas Aufwind in der Heimat gab. Es war ein politisches Verwirrspiel, mit vielen (noch unbekannten) Faktoren. Aber über all dem stand eins zu dieser Zeit – ihr dreimal verfluchter Gatte. „Mein Selo, du Narr, wie weit hat dich deine wahnhafte Obsession nur getrieben?“, dachte die Baronin wehmütig wie an einen verlorenen Freund. Sie schüttelte den Kopf und streichelte einem zahmen Madasänger den bauschigen Bauch. Selos Name war nun unumgänglich mit dem des Fuchsprinzen und seines Rudels verbunden und mit dessen Hochverrat. Kaum ein Mond in den letzten Jahren, der Selos Namen nicht mit dem Prinzen, der Fehde und anderen Umtrieben in Verbindung brachte. Egal, ob hier in Perricum als er den Prinzen den Perricumern vorführte oder in Hartsteen, Waldstein, Eslamsgrund, …die Liste war lang und so auch die der Verbrechen, die man ihm jetzt vorwarf. „Rädelsführerei und Verrat“ waren nur die schlimmsten davon und nun sollte er in Meilersgrund dafür gerichtet werden, zusammen mit dem Prinzen, dessen selbsternannten Graf von Eslamsgrund, Leomar von Zweifelsfels und Felan von Schallenberg. Alles Namen, die im Zusammenhang mit Selo immer wieder gefallen waren in den letzten Götterläufen. Ihnen allen drohte der Tod, schlimmer noch, sogar der unehrenhafte Galgen. Welch ein Schandfleck, doch Selo schien das alles nicht zu kümmern. In dem einzigen kurzen Brief, den er Fatime noch gegönnt hatte, war zwischen den wirren Zeilen von einem persönlichen Triumph zu lesen, den er für sich verbuchte. Keine Reue, keine Einsicht, nicht einmal Entsetzen oder Angst. Nur Bruch- und Versatzstücke von „Korgond“, „dem Land“, „den Spöttern“, aber vor allem „Sigman“ und „Alarich“. Ein Durcheinander, wie es wohl mittlerweile in seinem Kopf vorherrschte. Selbst Weggefährten aus dem Rudel, erkannten ihn kaum noch, hieß es. Und weil Fatime so etwas vorausgeahnt hatte – wenn auch nicht in dieser Vehemenz – hatte sie schon im Herbst des letzten Jahres begonnen sich langsam immer stärker von Selo zu distanzieren, um ihre Bündnisbemühungen nicht zunichte zu machen, aber vor allem, um den Ruf der Familie zu schützen, Sippenhaft war gefährlich. Sie hatte sogar einige der verprellten Traditionalisten wieder das Wort gegönnt und nebenbei die Pfiffenstocker um sich gesammelt und auf sich eingeschworen, die nicht von Selos Gönnertum gefangen waren. Nicht alle hatte sie überzeugen können, einige schienen lieber abzuwarten und sich später positionieren zu wollen, „sich neutral halten“ nannten sie das. Doch die die sich ihr anschlossen oder einfach gegen ihren Gatten waren, hatte sie unter einem Symbol vereint, in Abgrenzung zu Selos Gockel, hatte sie ihrem persönlichen Haselhainer Wappen etwas beigefügt – eine Madasängerin. Ein Symbol das sie als passend für sich selbst empfand. Einige der ihren – die für die Kaiserlichen in Eslamsgrund gekämpft hatten – hatten dieses Symbol gar in der Schlacht getragen, als sie sich Selos Prinz und Getreuen auf der anderen Seite stellten. Dies sollte hoffentlich reichen, um einem schlimmen Gesichtsverlust zu entgehen. Wobei sie bereits merkte wie die Altmärker, die sich neuerdings als absolut Markgrafentreu gaben, mit den Hufen scharrten, um diese Schwäche auszunutzen…(und auch die Gnitze war um eine Stichelei nie verlegen)…Auch deswegen musste sie jetzt hier sein. “Selo, was hast du nur getan?“