Geschichten:Zunge wie ein Säbel - Annäherung

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Markgräflich Perrinmarschen, Edlenherrschaft Haselpfort, Ende Rahja 1042 BF

Es gefiel ihr hier, die Anverwandten Selos hatten einen vornehmen und erlesenen Geschmack, äußerst mondän, wenn ihr persönlich einen Tick zu wenig erzählerisch, etwas zu gewollt, nicht gewachsen, sondern zusammengekauft. Es steckte noch kein echtes Leben darin.

Astaran von Pfiffenstock war nicht zu den Gesprächen auf dem Gut ihres Bruders angereist und hatte sie stattdessen kurz vor dem Jahreswechsel hierher geladen, der Edle von Haselpfort hatte "sofort aufkommendes Gerede" dafür angeführt, Fatime konnte es verstehen, Selo und auch ein Stück weit seine Vorgänger hatten ihre perrinmarscher Anverwandten wohl zu sehr vor den Kopf gestoßen. Astaran und teilweise dessen Vater hatte man verschmäht, die Mutter nach der sog. Nebachotenkrise gerügt, Sohn Mahelon ins hinterste Greifenfurt verschärbelt und den einzigen wohlgesonnenen Sohn Kardolan lange Zeit versauern lassen bei den Schwarzen Wölfen, bis Fatime ihn jetzt auf einen ihm gebürenden Posten gehoben hatte. Eine gute Gesprächsbasis, dachte sie, während sie begleitet von ihren Saba'Ran Ran Yulan und Ran Iri in den kleinen, aber äußerst prächtigen Lichthof des Gutes trat, in dem der Herr des Hauses, der eigentlich in Perricum-Stadt lebte, auf sie wartete. Fast war das Gut neutraler Boden, ein guter und schöner Kompromiss, so konnte sie Haselhain einmal hinter sich lassen und fast wieder Stadtluft atmen.

"Hochgeboren, willkommen in meinem bescheidenen Heim", Astaran deutete eine Verbeugung an, "Lang ist es her, dass die Barone von Haselhain uns mit einem Besuch beehrten ... ich meine mich an kein solch Ereignis zu erinnern. Wobei, meine selige Großmutter erzählte mir in Kindertagen davon. Aber verletzter Stolz gehört nicht zu meinen Charaktereigenschaften, dafür ist das Leben viel zu kurz und kostbar. Bitte, setzt Euch und trinkt mit mir den besten Wein den die Perrinmarschen zu bieten haben. Solch eine Familienzusammenführung muss doch gefeiert werden. Für Eure bedeckte Bedeckung gilt dies im übrigen auch. Wovor habt Ihr im meinen Hallen Angst, dass diesen ... Aufzug nötig erscheinen lässt?"

Der Nebachote führte Baronin Fatime zu einer Ansammlung von Kissen die wie zufällig plaziert im Innenhof des Gutes zu finden waren. Während sie Platz nahmen, brachten Diener Wein.

Sichtlich amüsiert über die Passage mit der "bedeckten Bedeckung" ließ sich die Angesprochene entspannt in die Kissen sinken und nahm einen Schluck, wischte sich süffisant den letzten roten Tropfen aus dem Mundwinkel. "Habt Dank. Doch muss ich Euch leider in zweierlei Hinsicht enttäuschen, Euer Wohlgeboren, besucht euch wieder kein Baron von Haselhain, dafür eine leibhaftige BARONIN. Und - auch zu meinem Bedauern - wird meine Bedeckung bedeckt bleiben, nennt es meinen neuen Stil." Die scharfzüngige und süße Zweideutigkeit erschreckte Fatime beinahe selbst, doch es fühlte sich gut und irgendwie vertraut an.

"Geschlechtliche Unterschiede, wie es die Traditionalisten sehen, existieren für mich nicht, Hochgeboren - und das in vielerlei Hinsicht." Astaran schmunzelte fast schon schelmisch. "Baron oder Baronin, das ist für mich einerlei." Mit Blick auf die bewaffneten und vermummten Begleiter fügte er hinzu. "Welch Wagnis, droht man doch die Gastgeber mit solcherei Gehabe zu verschrecken. Aber wo Ihr doch gerade von 'Eurem neuen Stil' spracht, dieser scheint das altehrwürdige Haselhain ja ordentlich aufzuwirbeln." Genüsslich nahm Astaran einen Schluck Wein, ließ dabei aber die Baronin nicht aus dem Blick.

Dieser Mann war nach ihrem Geschmack, ein Perricumer Salonlöwe wie sie ihn von früher kannte, nicht verlegen um intellektuelle Spitzen, die nicht unbedingt der Provokation, sondern viel mehr einem höfischen Spiel entsprachen. Dementsprechend ließ auch sie ihn nicht aus den Augen, das gehörte zum Spiel. "Natürlich sind Euch solche Begriffe fern und das schätze ich an Euch, Ihr und Euer Familienzweig habt schon einen neuen, anderen Weg eingeschlagen lange bevor der weise Al'Haresh davon sprach. Aber dennoch lasst Euch von einer nebachotischen Frau erzählen, dass da sehrwohl ein Unterschied besteht, einer den es zu korrigieren gilt, längst überfällig. Und dazu mag ich mich derzeit noch an den gleichen archaischen Gebaren erfreuen und bedienen wie sie die Althergebrachten nutzten, als Spiegel und Willensanzeige gleichermaßen. In diesem Bilde müsst ihr auch meine Begleiter verstehen. Aber ganz sicher nicht als Bedrohung, eher schütze ich euch vor dem wunderbaren und ablenkend-irritierenden Bild, welches sich vor euch zeichnen würde würden meine Saba'Ran Zier und Hemd ablegen." Fatime lächelte milde aber ernstlich. "Und genau ob solchen Gebarens vermag ich es in Haselhain für Wirbel, gar Stürme, zu sorgen. Und dieses Blatt mag ich derzeit noch nicht aus der Hand geben. Zu zart sind noch die Bande die geknüpft." Das poetisch anmuetende und nahezu akzentfreie Garethi der Baronin mochte zu beeindrucken.

"Ich verstehe Eure Beweggründe, Hochgeboren, an Eurer Stelle würde ich wohl ganz genau so handeln." Ein verschmitztes Lächeln huschte über das Gesicht des Nebachoten, der die ganze Zeit im perfekten Garethi gesprochen hatte. "Feuer muss mit Feuer bekämpft werden, Sturm mit Sturm, der die ewig Gestrigen hinwegfegt in ein neues Zeitalter, wo es diese archaischen Stilmittel nicht mehr braucht. Eine Zeit, die ich, wie Ihr Euch denken könnt, sehr herbeisehne. Doch sagt, Herrin des Neubeginns, wie kann ich, der Wegbereiter Eures Weges, Euch dienlich sein?"

Fatime nickte bei den Ausführungen Astarans und Ran Iri beugte sich vor zu ihrem Ohr, nachdem der Edle geendet hatte. Etwas an dem Schwarzgerüsteten kam ihm dabei seltsam vertraut vor, doch konnte er nicht deuten was. Nachdem die Baronin ihrem Saba'Ran gelauscht hatte, dabei aber nicht den Blick von Astaran ließ, antwortete sie dem Perrinmarscher: "Die Frage ist doch viel mehr was können wir für einander tun, Euer Wohlgeboren, zulange musste der Perrinmarscher Zweig im Schatten stehen, diesen Misstand möchte ich nur allzu gern korrigieren, euren Bruder Kardolan hob ich schon in entsprechendes Ansehen, nun möchte ich Euch als gleichgesinnten, familiären Alliierten gewinnen. Wie Ihr wisst, ward ich dereinst eine Tochter der Stadt und hatte gar mannigfaltige Freunde dort, diese sind mir verbunden bis in den heutigen Tag und ich bin mehr als gewillt dies wieder zu vertiefen. Doch wehmütig muss ich erkennen, dass die Krise uns den Anschluß an die Reichsstraße und den Darpat nahm, die Lebensadern zwischen Land und Stadt. Ihr erkennt nun wahrscheinlich vorauf ich hinaus will.", fast schon lasziv blickte sie ihr gegenüber an, was zusammen mit ihrer seltsamen Hautzeichnung etwas sehr besonders hatte.

Astaran fixierte Fatime mit einem schwer zu deutenden Blick, bis er schließlich verschmitz lächelte. "Ihr seid eine gebildete Frau, Hochgeboren, Ihr werdet Haselhain in eine goldene Zukunft führen, auf eine Art und Weise wie es Eurer Gemahl nicht vermag zu tun, da bin ich mir sicher. Das was in meiner bescheidenen Macht liegt, ist Euch gewiss. Im Gegenzug wäre es für mich eine ungeheure Beruhigung meine Schwester Nahima im Innerern Rat an Euerer Seite zu wissen." Erwartungsvoll blickte der Nebachote seinen Gast an.

Amüsiert keck und geschmeichelt lächelte die Baronin zurück. "Euer Edelgeboren, Ihr seid ein gekonnter Schmeichler und Mann großer Ambitionen, das gefällt mir auch an Euch und Euren nächsten. Seit Euch gewiss, dass Euer Zweig schon nahe an meinem Ohr ist.", ein viel- und nichtssagendes Zwinkern, dass alles bedeuten könnte, während sich erneut Ran Iri zu ihr herunter beugte, "Nahima? Ist sie nicht eine recht begabte und eloquente Gesellschafterin? Als Zofe und Beraterin in solcherlei Angelegenheiten darf sie sich gerne beweisen und bewerben für den großen sowie kleinen Rat. Wäre es ihr wohl recht?"

"Es ist der größte Wunsch meiner Schwester dem neuen Haselhain zu dienen, fiebert sie doch wie ich der neuen Zeit entgegen." Astaran lächelte jovial. "So sei es also, sobald meine liebe Schwester sich Euch beweisen konnte, bin ich ganz der Eure. Noch etwas Wein, Hochgeboren?"

"Gut, so soll es sein. Derweil sind sicherlich aber auch ein paar einfache Zuwendungen an Haselpfort oder eure sicherlich schmucke Privatschatulle ausreichend um mit mir ein erstes zartes Band zu knüpfen, auf dem wir anschließend aufbauen können. Richtet Eurer Schwester derweil doch meine freudigsten Erwartungen aus. Aber nun erwarte ich tatsächlich noch etwas Wein und evtl. etwas weniger lasthafte Konversation, ich bin mir sicher, dass Ihr dafür allerbestens geeignet seid."