Geschichten:Spenden für die Ostmarken – Feierliche Übergabe im Friedenskaiser-Yulag-Tempel
Feierliche Übergabe im Friedenskaiser-Yulag-Tempel
Die Tore zum höchsten Tempel der Gütigen Mutter auf Dere waren weit geöffnet. Die Tempelhalle und der Platz davor waren gefüllt mit Pilgern aus ganz Aventurien vor allem aber den Angehörigen des Spendenzuges und den Vertretern der vier Markgrafschaften. Dazwischen waren zahlreiche Geweihte der Herrin Travia aber auch solche der Herrin Tsa und Peraine im Gewand des Dreischwesterordens. Auch wenn die Friedensgarde aufgezogen war, um auf dem Platz und in den Straßen für Ordnung zu sorgen, war es eine friedliche Stimmung. Eine freudige Erwartung lag in der Luft.
Zu Füßen der großen Statue der Göttin stand der Heilige Kessel. Er wirkte bescheiden und war aus einfachem Kupfer gefertigt, das jedoch in einem steten orangenen Licht zu leuchten schien. Direkt am Sockel der Statue waren Spenden aufgetürmt. Symbolisch fand sich dort aus jeder Baronie und Stadt, die etwas gegeben hatten, zumindest eine kleine Gabe. In einem Halbrund davor warteten neben Gernot von Mersingen, Sumudan von Bregelsaum, der eine schlichte Holzkiste in seinen Armen hielt, Swantje von Rabenmund und Glenna von Faldahon die Vertreter des Spendenzuges. Oldebor von Weyringhaus stand neben der hochschwangeren Reichsforster Almosenmeisterin und Gräfin Korwinne von Luring, deren Lippen leise ein Gebet formten, während sie ergriffen zur Statue blickte. Neben ihnen die weiteren Repräsentanten des Zuges: die Vögte Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor und Leomar von Zweifelfels sowie die Baronin Serima von Hengefeldt mit den Baronen Ardo von Keilholtz, Selo von Pfiffenstock und Malepartus von Helburg und auch der großgaretische Almosenmeister Udalbert von Cletzau durfte nicht fehlen.
Der Duft von frisch gebackenem Brot legte sich angenehm über die Menge und kurz darauf ging ein Raunen durch die Gläubigen. Das Erhabene Paar höchstselbst betrat mit vielen Geweihten, Akoluthen und jungen Gänslein in ihrem Gefolge die Tempelhalle. Langsam schritten sie durch die Halle und verteilten frisch gebackenes Brot, wechselten einige Worte mit den Gläubigen und zogen so in das halbrund vor der Statue. Traviata und Trautmann nahmen sich die Zeit, das Rund abzugehen. Mal war es ein freundliches Nicken, mal ein Händeruck und bei anderen einige Worte zum Wohlbefinden der Familie. Oldebor von Weyringhaus gar wurde von der Hohen Mutter umarmt. Schließlich standen sie vor der gewaltigen Statue und blickten auf die Frauen und Männer in der Halle. Einigen schien es dabei, als ob auch von den beiden Dienern der Göttin ein leichtes orangenes Licht ausging.
„Gütige Mutter, wir danken Dir“, begann der Hohe Vater zu den Menschen zu sprechen. Seine Stimme trug dabei weit. „Blicke auf uns hernieder, die wir uns versammelt haben, um Dich zu ehren.“ Er breitete seine Arme aus und blickte zum Himmel. Als kurz darauf die bisher ruhigen Tempelgänse schnatternd antworteten, ging ein Raunen durch die versammelten.
„Groß war das Leid, welches der schändliche Bethanier über Dere brachte.“ Ergriff nun Traviata das Wort. „Er und die ihm folgten schändeten das Land. Sie materten die Seelen der Gläubigen. Und doch war stets Hoffnung! Zusammen stand die Gemeinschaft der Zwölfe. Wie die Familie in Zeiten höchster Not, tat jede das Ihre, um standzuhalten und den Feind Finger um Finger zurückzudrängen. Groß waren die Opfer und vergessen sein sollen sie nie.“ Ihr Blick wanderte über die Gläubigen und ruhte einen Augenblick auf dem Herrn der Rabenmark.
„Dieser Feind ist nun besiegt und doch ist das Tagwerk der Menschen noch lange nicht beendet.“ Trautmann legte seiner Frau die Linke auf die Schulter und fuhr fort. „Es gilt Heimstätten neu zu errichten, den Boden aufs Neue urbar zu machen und von verderbten Einfluss zu befreien. Mehr noch, es ist unser aller heilige Pflicht die verirrten Seelen zurück an das wärmende Feuer der zwölfgöttlichen Gemeinschaft zu holen.“
„Mit Euren Gaben“, die Geste der Hohen Mutter umfasste die vor ihr versammelten, „habt Ihr bewiesen, dass Ihr um diese Verantwortung wisst. Die Zeit der großen Schlachten und Feldzüge mögen hinter uns liegen. Und wir bitten die Herrin Tsa, dass sie uns einen langen Frieden gewähren möge. Doch in unserem Tun dürfen wir nicht nachlassen. Lasst uns die Göttin bitten, dass Sie uns bei diesem Werk beistehen möge.“
„Travia, lasse unser Herdfeuer nie erlöschen, auf dass es unser Heim und uns stets wärme. Schenke uns die Kraft, Heilige Mutter, um mit den Kraftlosen zu sein. Bescheiden wollen wir sein und geben was wir können. So sei es.
Travinian, Dich bitten wir, sei mit uns, wenn wir Deiner Kraft bedürfen. Blicke auf uns, wenn wir das Wirken der Verderbnis bekämpfen und zurückdrängen. So sei es.
Sankt Badilak, sei mit unserem Tun. Das Laster wollen wir bekämpfen und die Seelen der Gläubigen zurück in die Gemeinschaft der Zwölfe holen. Dein Anstand und Tugendhaftigkeit seien uns dabei allzeit Richtschnur.
So sei es.“
Nach einem Zeichen des Erhabenen trat der Markgraf der Rabenmark vor die Versammelten. „Wahrhaft großzügig ist das, was der Adel des Königreiches Garetien, der Mark Greifenfurt und der Markgrafschaft Perricum gesammelt und hier nach Rommilys gebracht haben.“ Dankend nickte der ergraute Veteran in Richtung der Überbringer der Spenden. „Die Provinzen im Osten vermochten es nur als Gemeinschaft und Dank dem Wirken der Zwölfe, dem Feind zu widerstehen. Nie werden wir vergessen, wie uns andere dabei beigestanden haben. Und erneut sind es andere, die mit ihrer großen Spende ihre Frömmigkeit und Hilfsbereitschaft beweisen. Um diesen Geist der Gemeinschaft und Freundschaft zu ehren, bitten wir die Kirche der Herrin Travia zu entscheiden, wie Eure großzügige Gabe verteilt werden möge.“
„Wir können Euch kaum mehr als Danken“, Sumudan von Bregelsaum trat neben den Mersingen. „Dies“, er öffnete die Kiste, die er bei sich trug, „soll jedoch ein stetes Zeichen unseres Dankes sein. Vor vielen Jahren stiftete mein Vater den Dreischwesterorden. Mühsam heilen sie seitdem das Land. Dies hier“, er griff in die Kiste und hielt ein schlichtes Holzamulett mit dem Zeichen der Göttinnen Travia, Peraine und Tsa in die Höhe, „ist aus dem Holz von Linden gefertigt, die im ersten Kloster der Gemeinschaft wachsen und gedeihen. Sie mögen Euch ein stetes Zeichen unserer Dankbarkeit sein.“ Mit diesen Worten überreichte er der Gräfin von Luring die kleine Kiste.
„Um die Freundschaft ganz im Geiste Yalsicors darüber hinaus weiter zu stärken, freut es uns zu verkünden, dass zwischen Garetien, Perricum und der Mark sowie der Rabenmark, Warunk und Beilunk Traviabünde geschlossen werden sollen“, sprach nun wieder der Hohe Vater zu den Menschen. „Es wäre uns eine Freude, diese Bünde im Friedenskaiser-Yulag-Tempel segnen zu dürfen und so den Geist der Freundschaft weiter zu stärken.“
Von der Entscheidung des Hohen Paares
Im alten Fürstenpalast hatten sich die Vertreterinnen und Vertreter der vier Markgrafschaften zu einer Besprechung versammelt. Nur Perricum fehlte in diesem Augenblick, dann wäre der Pakt von Al’Zul vollständig versammelt gewesen. Sie saßen schon eine Weile beisammen und tauschten sich aus, als ein Bote eine Nachricht überbrachte.
Swantje von Rabenmund überflog die Botschaft. „Das Hohe Paar hat seine Entscheidung getroffen“, eröffnete die Markgräfin den Inhalt der Botschaft. „Rabenmark, Warunk und Sonnenmark erhalten je den vierten Teil der Spenden, ein weiteres Viertel soll, wie von Euch angeregt, dem Dreischwesterorden direkt zukommen, um seine Klöster und Häuser in den Kernlanden zu stärken.“ Sie blickte schmunzelnd in die Runde. „Da Ihr, wie beim Treffen mit ihnen kundgetan, dann deutlich gestärkt seid, will der Orden andere Spenden und Mittel stärker gen Tobrien lenken, was einem Viertel der nun gespendeten Summe entsprechen soll.“ Gernot und Sumudan nickten zufrieden. „Beilunk hatte auf eine solche Entscheidung gehofft. Bruder Tobrien bedarf Hilfe und Aufmerksamkeit ebenso“, stellte die Faldahon fest.
◅ | Ankunft in Rommilys |
|
Mutter Garetias mildtätigen Gaben | ▻ |