Geschichten:Spenden für die Ostmarken - Von kleinen Strohpuppen und großen Summen
Kaiserlich Ochsenblut, Wandelschlößchen Kaltensporn, Mitte Boron 1040 BF
Der Seneschall Ochsenbluts und neue Almosenmeister der garetischen Lande, Voltan von Heiterfeld, besah sich noch einmal die spärlichen Listen vor ihm, hastig und schlecht in der Eile und der Verwirrung der damaligen Zeit schnell zusammengetragen und irgendwo im hinteren Winkel der Schreibstube verstaubt und teilweise angefressen oder beim Umzug nach Kaltensporn in Mitleidenschaft gezogen worden.
Nun war es ja auch damals nicht so gewesen, als dass diese armen Entwurzelten alle mit einwandfreien Papieren oder so etwas, was auch immer sich da vorgestellt wurde, hier angereist waren, welche Herkunft und vorallem ihren vorherigen Stand klar gemacht hätten, vorallem bei den Unfreien, die durch die ausgerufene Landnot in Tobrien faktisch ohnehin keine mehr gewesen waren. So hatten diese nur gerade noch ihr Leben und ihre Seele retten können, aber eine ordentliche Ausreise und Hab und Gut? Das, wenn sie welches besessen hatten, sie in Trobien ließen und so musste man ihnen hier das Nötigste erstmal bereitstellen, damals, viele hatten sich dadurch hier in die Leibeigenschaft begeben.
Und so konnte Voltan beim besten Willen keine Tobrier mehr entdecken, nur Garetier. Und die die er nicht finden konnte mussten die Tobrier selbst erst einmal ausfindig machen, doch hatten die nicht eigentlich Wichtigeres zu tun? Wie dem auch war.
Viel freudiger stimmten ihn die deutlich neueren und besser strukturierten Listen, die neben den altersfleckigen und nur ungenügend dokumentierten Flüchtlingslisten lagen.
Diese Listen füllten sich jeden Tag mit kleinen und großen Spenden der garetischen Adligen, Bürger und teilweise sogar dem einfachen Volk. Er selber hatte die großzügigen Spenden der Burggräfin und seinerselbst als allererstes auf diese geschichtsträchtigen wie mildtätigen Listen gesetzt, mit dem gleichen guten Gefühl wie damals beim Armenzug, als Ochsenblut bereits seine große Gutherzigkeit bewiesen hatte, weil man es konnte.
Er erinnerte sich mit Freude daran, wie prall die Speicher des Klosters des „Heiligen Meisters der Ernte“ gefüllt gewesen waren, mit so einigem Gold, allerlei Nützlichem wie Werkzeugen und Materialien, Saatgut und konservierten Speisen. Doch vorallem sah er, damals wie heute, ganz deutlich die vielen Spielzeuge, die vorallem von Kindern aus der einfachen Bevölkerung gefertigt worden waren, unteranderem ehemalige Flüchtlinge, die hier nun eine Heimat und eine Familie gefunden hatten. Schnitzereien und einfache Strohpuppen, die göttergefällige Helden und Heilige darstellten oder Ritterinnen, die einen aus großen hölzernen Knopfaugen entgegengeblickten. Denn es waren nicht nur Gold und Saatgut welches die Menschen damals in Hartsteen und heute im Osten brauchten. Vorallem waren es Freude und Heiterkeit und die Tugenden der Götter, die gebannt lagen in solchen Kleinodien, die die Seele der Menschen dort wieder beschwingen sollten, nach solch langer, entbehrungsreicher und düsterer Zeit, die geprägt war von Leid, Angst und finstren Ungöttern.
Und so wischte er die alten Listen bei Seite und machte Platz für die neuen Listen, denn die Zeit der Flucht und des Elends würde einer Zeit der Blüte und der Freude weichen in den Ostmarken. Dafür würden diese Spenden sorgen. Dabei war es ihm einerlei, dass einige darin nur einen geschickten politischen Winkelzug sahen, das Ergebnis war das Selbe. Die Genesung der verheerten und verseuchten Lande und seiner Menschen. Das war es was zählte. Groß-Garetien, ein Wort das nun in aller Munde war, tat immerhin etwas konkretes, etwas einfaches, etwas schnelles und effizientes und dass nachdem man schon einen Großteil des Befreiungsaufgebotes gestellt hatte. Alles andere würde nur das Elend verlängern, gewollt oder nicht, altes Recht oder nicht. An die Menschen dachte dort kaum einer. Doch diese Spenden würden das ihre tun, um diesen Leuten in den Ostmarken letztendlich die Selbsthilfe zu erlauben, schade, das Tobrien eine solche Möglichkeit ausgeschlagen hatte, doch die anderen Marken waren ebenso bedürftig und krank.
So blickte er über die Zahlen und Worte die Heilung für Seele und Körper des Landes versprachen: Die Burggräfin selbst, nach ihrem kurzen Verschwinden bei Zwingstein wieder dem alten Tatendrang zueilend, hatte die reichen Kornkammern Ochsenbluts geöffnet und dazu noch etliche Dukaten und Werkzeuge für die firungefällige Jagd diesem hinzugetan, er selbst hatte aus seinem kleinen Privatvermögen und den Erträgen seines Junkertums ebenso spendabel in den Beutel gegriffen wie schon damals beim Armenzug – so stellten die Burggräflichen Lande und Heiterfeld zusammen etwa ein Gegenwert von 3.500 Dukaten. Die meisten anderen Adligen Ochsenbluts taten es ihnen gleich, trotz dessen dass sie alle bei Zwingstein und Mendena viel Blut gelassen hatten. So gaben Kobernhain und Raulsfeld unter seinem neuen Junker zusammen bereits schon etwa 800 Dukaten, dazu noch etliche weitere einfache, unverderbliche Güter und Geschenke aus der Bevölkerung. Welchem Mückenhang allein aus Trotz schon kaum hinterherstehen konnte. Dazu wollten die Bürger, Kleinstadligen und Tempel ebenso spenden und vorallem eine Hand voll Geweihter aus den örtlichen Tempeln die Spenden in die Marken begleiten lassen. In den Tempeln und auf den Plätzen hielten Priester und Ausrufer zum Spenden an, den 3 gütigen Schwestern und den anderen Göttern zum gefallen. Und auch aus den anderen Teilen Garetiens kamen immer mehr Spendenbekundigungen die seine Listen füllten. Besonders spendabel gab sich der Reichsvogt der Gerbaldsmark, welcher gemeinsam mit seinen Vasallen 5000 Dukaten aufbat, doch auch die anderen Burggrafen und Vögte der Kaisermark überboten sich teilweise in ihrer Spendalibität. So hatte Oldebor von Weyringhaus, als einer der Delegaten in Beilunk, es sich bereits in Beilunk nicht nehmen lassen diesem edlen Vorhaben ein ordenliches Sümmchen und weitere Sachspenden in Aussicht zu stellen.
Und das war erst der Anfang, die Antworten auf seine Boten aus vielen Teilen der Mark und des gesamten Königreichs ließen noch auf sich warten. Fest stand allerdings, dass der Zug nach Rommilys, den der Sturmflug beschützen sollte – noch so eine gute Tat, ein enorme Größe annehmen würde. Das Reich würde noch lange darüber sprechen.
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