Geschichten:Die Tjoste - 4.Runde

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4.Runde


Malina von Niederried-Brendiltal fordert Cyberian Wulfward von Silberblick

Malina hatte den Junker von Silberblick in den vorrangegangenen Runden genau beobachtet, hatte der Pulethaner doch ihren ehemaligen Mentor Aldron von Firunslicht aus dem Turnier geworfen. Von daher nahm sie diesen Gegner mehr als Ernst, auch wenn dieser ansonsten recht charmant und ritterlich wirkte und auch recht gut tanzen konnte, wie er auf dem Fest demonstriert hatte.

Cyberian dagegen hatte mitbekommen, dass die Schwiegertochter Eslams zwei ihrer drei vorrangegangenen Gegner sogar aus dem Sattel geworfen hatte. Unterschätzen würde er sie sicherlich nicht.

Im ersten Durchgang legten beide Kontrahenten es daher sogleich darauf an, den anderen möglichst aus dem Sattel zu stoßen.

Beide Lanzen trafen und zerbarsten am jeweiligen Schild des anderen.

Auch im zweiten Durchgang gab es noch keine Entscheidung, brachen beide Lanzen doch erneut unter lautem Jubelrufen der Zuschauer in tausend Teilchen. Mittlerweile schmerzte die Schulter des Junkers, doch ignorierte er zunächst den pochenden, immer stärker werden Schmerz.

Erst im dritten Durchgang entschied sich der Sieger.

Beide trafen und der Junker wollte erneut, wie in den vorrangegangenen Kämpfen seinen Schild etwas abwinkeln, doch auf diesen Augenblick hatte Malina nur gewartet. Die Rittmeisterin zog daraufhin ihre Lanze etwas zurück, so dass sich der Aufschlagswinkel etwas veränderte und die Lanze zum Bersten kam. Ihrerseits ließ sie dagegen diesmal die Lanze des Junkers an ihrem Schild abgleiten.

Malina hatte gewonnen.

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht kam Cyberian zu Malina geritten und beglückwünschte sie zu ihrem Sieg. „Herzlichen Glückwunsch Rittmeisterin. Ihr habt Euch den Sieg verdient.“


Trenner Perricum.svg


Unswin von Keilholtz gegen Quanion von Isenbrunn

Genüßlich trank er aus dem Humpen, den ihm eine dralle Magd überreicht hatte. Kühl rann der Gerstensaft seine ausgedörrte Unruhig scharrte Quanions Schlachtross mit den Hufen. „Meine Herren seid ihr bereit?“ Der Turnierherold betrachtete die angetretenen Kombattanten. Ihm war aufgefallen, dass sich recht viele Menschen eingefunden hatten, um diesem Kampf beizuwohnen. Sicher lag es daran, dass die Streiter sich schon in den Vorrunden bewiesen hatten, und man nun die Könner in dieser Disziplin zu bewundern gedachte. Sowohl der Zornesritter als auch der Isenbrunner nickten ihm zu, wirkten auf ihn aber deutlich reservierter als noch in voran gegangenen Kämpfen. „Möge die Donnernde euch beistehen.“ Damit entließ er die Reiter in Richtung des Bahnendes und begab sich auf seinen Beobachterposten zurück.

Kaum, dass Unswin sein Zeichen gegeben hatte, presste Quanion seine Schenkel in die Seiten seines Rosses und trieb es forsch voran. Hier ging es um alles. Er wollte diesen Mann von seinem Pferd fegen und in den Staub treten. Doch galt es erst einmal zu testen, wie fest er überhaupt im Sattel saß. Kaum, dass sie beide in Lanzenreichweite heran waren, berührten auch schon die jeweiligen Waffen die Schilde und barsten mit Getöse entzwei. Keiner der Streiter strauchelte auch nur.


Zähneknirschend gestand sich Quanion ein, dass sie sich scheinbar ebenbürtig waren, doch war er nicht willens diesem unansehnlichen, ungehobelten Hinterwäldler, den Sieg und damit auch seine Schwester zu überlassen. Grimmig hatte er registriert wie massig dieser Streiter war. Allein der Gedanke, dass er und Leomara ein Paar waren nagte an ihm. Mit bedeutungsvoller Mine zeigte er nun seinem Knecht an, dass er eine der speziellen Lanzen reichen sollte. Zögernd warf dieser einen Blick auf den Gegner des Isenbrunners und schluckte. Ein Angehöriger des Zornesordens und soweit er wusste war dieser auch nicht alleine hier. Ein Geweihter der Leuin oder sogar zwei hatte er schon mit ihm gesehen. Mit Schweiß auf der Stirne griff er sich die Lanze und reichte sie seinem Herrn. "Das nächste Mal aber schneller, ja...!" Nickend gab er Quanion zu verstehen, dass er es vernommen hatte. Siegesgewiss wendete der Reiter sodann das Schlachtross und galoppierte auf den Ordensritter zu.

Sein Knecht machte sich derweil seine eigenen Gedanken. 'Gut, dann werde ich wohl meinen Dienst früher beenden als geplant. Eine Flucht sollte von hier unbemerkt gut möglich sein.' Aufmerksam seinen Plan im Hinterkopf ließ er seine Blicke schweifen. Die Luft schien inzwischen schwüler geworden zu sein. Kein Windhauch regte sich und er nahm bei einem Rundumblick wahr, wie auch die Zuschauer unter dieser Hitze litten.


Überraschender Weise verschaffte die längere Lanze dem Isenbrunner keinerlei Vorteile. Im Gegenteil. Damit es nicht so auffiel, dass die Spitze länger war, hatte sich der Perricumer etwas nach hinten sinken lassen. Erst spät wollte er sich ganz nach vorne lehnen, doch sein Schlachtross stolperte plötzlich und er verspielte so den Vorteil, den er sich ergaunert hatte. Er konnte von Glück sprechen, dass er seine Lanze überhaupt platzieren konnte und die Lanze noch am gegnerischen Schild zerborsten war, ebenso wie Unswins Lanze hart auf seinen Schild getroffen war.


Ein grimmiges Lächeln huschte über das Gesicht des Zornesritters, auch wenn dies unter seinem Helm niemand sehen konnte. Der Isenbrunner hatte wirklich Phexens Gunst auf seiner Seite. Wäre dessen Lanze nur einen Augenblick später auf seinen Schild getroffen, wäre der Winkel groß genug gewesen um sie abgleiten zu lassen. So aber stand es weiterhin unentschieden. Ohne Hast ließ er sein Pferd zurücktraben, warf den abgebrochenen Lanzenstumpf beiseite und nahm von seiner Knappin eine neue Turnierlanze in Empfang.

Diese warf einen prüfenden Blick in den Himmel als er seine Lanze erhalten hatte. Dort droben hatten sich derweil wahre Wolkentürme aufgebaut. Die Sonne schickte grell ihre Strahlen zwischen den weißen Bergen hindurch, während der Wind wieder auffrischte. Schrille Schreie tief fliegender Mauersegler kündeten von einem Wetterumschwung. Ihre Sinne waren durch die Kämpfe um sie herum aufgepeitscht, das aufziehende Wetter schien dazu zu passen.


Fest entschlossen wendete er und ritt zurück auf die Tjostbahn. Ewig konnte Quanions Glück ja nicht andauern. Unswin sah den Isenbrunner kommen. Ohne Zweifel war es mehr als eine Frage der Ehre, wer von ihnen als Sieger in diesen Duell hervorgehen würde. Kurz gab Unswin seinem Pferd die Sporen und sofort trug es ihn mit wachsender Geschwindigkeit seinem Feind entgegen. Er sah, dass Quanion auf seine Körpermitte zielte und er diesmal keine Möglichkeit hatte die Lanze abgleiten zu lassen. Er packte seinen Schild fester und wappnete sich für einen harten Aufprall, der ihn nur wenige Augenblicke später auch mit erwarteter Heftigkeit traf. Doch auch er hatte seine Lanze gut ins Ziel gebracht. Zufrieden betrachtete er das zersplitterte Ende. Noch immer stand es unentschieden.


Atemlos kam der Ritter aus Gnitzenkuhl zu stehen. Leomara beobachtete mit verkrampften Händen aus unmittelbarer Nähe die Kombattanten. Eben ließen sich beide wieder neue Lanzen reichen. Unswin wirkte dabei recht gefasst. Wie gern würde sie ihm ein paar aufmunternde Worte sagen, doch er hatte seine Knappin, wie würde das aussehen, wenn sie statt der Frau aus dem Orden dort stünde? Zögerlich warf sie auch musternde Blicke zum anderen Ende der Bahn. Wenn sie die Miene des Söldners ihres Bruders recht deutete, dann war die Stimmung dort drüben eher schlecht. Ungeachtet der Tatsache, dass es nunmehr der Vierte Lanzengang war, näherten sich die beiden Schlachtrösser unaufhaltsam einander. Geradezu perfekt hatten die Ritter gleichzeitig die Lanzen erhoben und sorgfältig platziert. Wieder nur ein unentschieden. Der Kloß im Hals der jungen Rittfrau wurde immer größer. Wohin würde das nur führen?


Zäh und mit purer Willenskraft hielt sich der Zornesritter im Sattel. So sehr er ihn auch verabscheute, musste Unswin seinem Gegner doch zugestehen, dass er sein Handwerk verstand. Doch das würde ihn nicht davon abhalten ihn zu besiegen. Rondra würde diesem Schandfleck des Rittertums sicherlich nicht länger gewogen sein.

Wie zur Bestätigung seiner Worte hörte er in weiter Ferne ein Grollen. Der Wind trieb inzwischen schon seine wilden Späße mit den Fahnen und Wappen am Turnierzelt. Einige Tücher hatten sich ihren Trägerinnen entwunden und wurden nun von Bediensteten verfolgt. Wiehern wurde aus den Ställen laut.


Die aufkommende Unruhe ignorierend ritt Unswin wieder zurück ans Ende der Bahn, winkte wortlos nach seiner Knappin und ließ sich von ihr eine neue Lanze reichen und mit seinem Turnierschwert gürten.

Nachdem er in Position geritten war hob Unswin vor dem entscheidenden Durchgang noch einmal die Lanze zum ritterlichen Gruß. Mochte sein Gegenüber diese Ehre auch nicht verdient haben, so gebot ihm dies doch sein Respekt vor der Herrin Rondra. Wie er erwartet hatte, erwiderte der Isenbrunner die Geste nicht sonder ritt sofort an.

Das Donnern der Hufe seines Schlachtrosses ging unter in dem Donnergrollen, das nun näher zu kommen schien. Der Turnierherold schüttelte allerdings nur unwirsch den Kopf auf die Nachfrage einer jungen Dame, ob er den Kampf nicht unterbrechen möge. Der dabei stehende Rondra Geweihte nickte ihm nur beipflichtend zu.


Derweil hatte auch der Zornesritter sein Pferd in die Schranken gerieben. Auf der Tribüne war es sehr still geworden und ein jeder verfolgte das Geschehen mit größter Aufmerksamkeit. Unswin kam der Moment wie eine Ewigkeit vor. Hochkonzentriert ritt er seinem Gegner entgegen. Fast körperlich war die Erleichterung, als er endlich den Zusammenprall von Lanze auf Schild wahrnahm. Ein Raunen ging durch die Menge als die beiden Ritter ihre Rösser zügelten. Wieder hatten beide ihre Lanzen am Schild des jeweils anderen zerbrochen. Somit war das Duell auch nachdem fünften und letzten Durchgang nicht entschieden. Unswin warf die Lanze beiseite, schob sein Visier nach oben um sich zu orientieren und sah, dass es Quanion eilig zu haben schien. Der Isenbrunner hatte sein Pferd nicht auslaufen lassen, sondern scharf gezügelt um es sofort herumzuwerfen und den Kampf mit dem Schwert fortzusetzen.

Den hellen Wolken waren dunkle gefolgt die inzwischen mit einer gewissen Geschwindigkeit zunahmen und den Blick zunehmend auf das Praiosmal verdunkelten. "Ain Schauär nischts waitärr!“ ließ sich von Seiten des Barons von Brendiltal vernehmen. "Duas wird doch die Straitär zur Ähren där Muttär Korrs nischt abhaltän, odär?"


Der Zornesritter ließ sich indes nicht aus der Ruhe bringen. Er zog sein Turnierschwert, murmelte ein kurzes Stoßgebet zu Herrin Rondra, küsste das Heft der Waffe und erst dann schloss er das Helmvisier. Im nächsten Moment war Quanion heran und ließ sein Schwert schwer auf seinen Schild krachen.

Ihm war nicht entgangen wie es um das Wetter um ihn herum beschieden war. Auch sein Ross nahm den Wetterumschwung wahr, doch es schien fast so, als ob beide mit einem Mal wieder frischer wirkten. Die abkühlende Luft tat Ross und Reiter gut.

Als ob es kein Morgen gäbe in diesem Kampf hieb der Ritter auf den Ordensritter ein. Er bedrängte ihn geradezu mit seinem Schlachtross und versuchte sich in eine Position zu bringen, um dem Greifenfurter bei zu kommen, der seinerseits kühn das Schwert führte und keinesfalls wie gehofft bereits soweit außer Atem war, dass Quanion eine offensichtliche Lücke in seiner Deckung finden konnte.

Unswin indes spürte eine Zuversicht, die jedem der davon gewusst hätte im Angesicht der wütenden Attacken des Isenbrunners als vermessen vorgekommen wäre. Fast fühlte er sich auf das Schlachtfeld bei Warunk zurückversetzt, wo die heiligen Choräle der Sennemeister ihm zu nie geahnter Kraft verholfen hatten. Immer wieder ließ er die harten Schläge von seinem Schild abgleiten. Nur hier und da setzte er zu einem wohl gezielten Gegenschlag an, der manches Mal die Deckung seines Gegners durchbrach und diesen dann um so ungestümer angreifen ließ.

Wie der Zornesritter erwartet hatte, konnte Quanion sein Kraftraubendes Tempo nicht lange durchhalten. Noch immer waren die Schläge hart und schwer, doch wurden die Pausen zwischen den Attacken immer länger. Nun war es Unswin der seinen Gegner immer mehr zurückdrängte. Seine Hiebe trafen Schild und Schulter und mit einem gewagten Rückhandschlag gelang es ihm Quanion gänzlich zu überraschen und am Kopf zu erwischen. Auf der Tribühne kam es zu spontanen Beifallsbekundungen. Vor allem für die Nebachoten war dieser Kampfabschnitt deutlich spannender als das in ihren Augen uninteressante Lanzengefuchtel der Raulschen.

Der Isenbrunner wankte einen Augenblick lang bedenklich, spornte dann jedoch sein Pferd zu zwei schnellen Sprüngen an und brachte sich so für einen kurzen Moment aus der Reichweite von Unswins Schwert. Schwer atmend sah sich Quanion nach dem Keilholtzer um. Zu seiner Überraschung erkannte er, dass dieser seinen Moment der Schwäche nicht ausgenutzt hatte um nachzusetzen, sondern zwei Pferdelängen entfernt auf ihn zu warten schien. ‚Was für ein törichter Trottel.’

Erst dann setzte der Zornesritter nach und erneut griffen beide einander an. Immer häufiger war es dabei der Gnitzenkuhler Junker, der nur mehr parieren konnte, und mit Mühe im Sattel blieb. Hätte er noch ausreichend Luft gehabt, hätte er inzwischen derbe begonnen zu fluchen, doch so nutzte er seine letzten Reserven um zu kämpfen. Der Isenbrunner war zwar ein guter Kämpfer, doch fehlten ihm die Erfahrung und die damit verbundene Ausdauer von wirklichen Kämpfen. Immer deutlicher gewann der Keilholzer die Oberhand, was schließlich darin mündete, dass Quanion schwer in Schieflage geriet.

‚NICHT DIESER KRÜPPEL...‘ waren die verzweifelten Gedanken Quanions dabei. Er ließ sein Schwert aus der Hand gleiten, um sich mit beiden, gepanzerten Händen noch am Sattel festzukrallen, doch es war zu spät. Mit einem lauten Krachen schlug der Ritter aus Gnitzenkuhl hart auf dem Boden auf. Er hatte verloren. Unswin hatte den Kampf und damit seine Schwester gewonnen…. Schwer schnaufend und hilflos lag er auf dem Rücken, voller Groll über die Niederlage und seine Leistung.

Unter den Zuschauern traten laute Jubelrufe aus, als der Gewinner fest stand. Was für ein Kampf… Viele jubelten dem Sieger zu, aber auch ebenso viele dem Verlierer, für dessen Tapferkeit und für diesen Kampf.

Ein Nebachote, der ansonsten eher für seine ruhige und zurückhaltende Art bekannt war, grinste jetzt breit, während er zwischen den Zuschauern stand und sogar seinen Nachbarn, die er nicht persönlich kannte beglückwünschend auf die Schultern schlug. Kor’win war froh, dass Quanion der Verlierer war und ging leise summend zu den Zelten rüber, an denen Getränke ausgeschenkt wurden. Jetzt konnte nur noch der oder die Richtige gewinnen….

Nachdem er sich versichert hatte, dass seinem Kontrahent in der schweren Gestechrüstung langsam wieder auf die Beine geholfen wurde, ritt Unswin seine Ehrenrunde. Hoch schwang er das Schwert über dem Kopf und genoss den Jubel der Menge. Das ließ den Sieg über Quanion noch süßer schmecken. Schließlich machte er vor der Ehrenloge halt, wo das Hochzeitspaar, der Brendiltaler Baron und die adligen Gäste Platz genommen hatten. Er steckte das Schwert weg, nahm den Helm ab und erblickte Leomara die ihm freudestrahlend entgegensah. Aber auch ihren Vater, der einige Sitze von ihr entfernt saß. Unswins Hochstimmung wich ernster Anspannung als er vor dem versammelten Adel Aufstellung nahm. Die lauten Zurufe verstummten als offensichtlich wurde, dass der junge Ritter mit den schweren Narben im Gesicht, noch etwas zu sagen gedachte.

„Es ist eines jeden Ritters Traum und Wunsch bei solch einem herausragend besetzten Turnier sich mit seinesgleichen ehrenvoll zu messen und den Blick der Herrin Rondra dabei auf sich zu wissen. Euer Hochgeboren von Brendiltal, der versammelten Ritterschaft und Kriegerschar ein solches zu ermöglichen, gereicht Euch ebenso zu höchster Ehre wie den Streitern im Sattel.“ Ehrerbietig neigte Unswin den Kopf vor dem Gastgeber und wartete dann den höflichen Applaus der Umsitzenden ab. „Dennoch gibt es etwas das mein Herz mehr begehrt als einen Sieg bei diesem oder jedem anderen Turnier.“ Damit richtete er seinen Blick auf Leomaras Vater. „Euer Wohlgeboren Roderick von Isenbrunn! Ihr allein seid es, der mir vor den Göttern geben kann was ich begehre. Deswegen bitte ich Euch um die Ehre mir zu gestatten um die Hand Eurer Tochter Leomara anhalten zu dürfen und, so sie in mein Ersuchen einwilligt, uns Euren Segen zu geben.“

Atemlos wartete Unswin in der gespannte Stille auf eine Antwort. Alles in ihm sehnte sich danach das Pferd zu wenden und der Szenerie zu entfliehen. Je länger das Schweigen dauerte, desto mehr wünschte er sich, er hätte einen weniger öffentlichen Weg gewählt. Doch er hielt den Kopf aufrecht und den Blick offen auf Roderick gerichtet, zwang sich nicht zur Seite zu Leomara zublicken oder an die vielen Blicke zu denken die auf ihn gerichtet waren. Unswin wollte eine Antwort und würde nicht eher weichen, bis er sie erhalten hatte.

Eslam hatte die ersten Worte - des ihm bis dato unbekannten Ritters – mit einem Nicken zur Kenntnis genommen. Als dieser jedoch weiter sprach und sich nun mit seinem Anliegen an den Vogt wand, lächelte der Brendiltaler. So war’s ihm recht. Ein mutiger, tapferer Recke, der die Herausforderung nicht scheute. Eslam war sich in diesem Moment wirklich nicht sicher, was er mehr schätzte. Dessen Tapferkeit auf dem Kampfplatz, oder hier vor dem Vater seiner Geliebten. Als sich Eslam zu seinem Erstgeborenen drehte, laß er in dessen Gesicht, dass er die gleichen Gedanken hegte.

Während der Vater des eben unterlegenen eigentlich gerade dabei war aufzustehen, um nach seinem Sproß zu sehen war Leomara des vielen Stehens müde geworden und hatte sich hin gesetzt. Die Schmerzen von dem Sturz und die Anspannung aus dem vergangenen Gefecht forderten ihren Tribut.

Die Ehrenrunde ihres Geliebten hatte sie aus dieser Warte lächelnd beäugt, als er jedoch vor der Tribüne Aufstellung bezogen hatte, und ein sehr ernsthaftes Gesicht zur Schau stellte, begann sie unruhig zu werden und versuchte seinen Blick einzufangen, was er jedoch richtiggehend zu vermeiden schien. Aufmerksam und angespannt warf sie ihrem Vater einen Blick zu, der scheinbar ebenfalls ob dieser Geste überrascht war und den Ritter musterte.

Des Vogtes Mienenspiel aus Gnitzenkuhl war unergründlich, während um ihn herum getuschelt und leise geredet wurde. Geshla von Gnitzenkuhl und ihre Mutter waren höchst überrascht und starrten geradezu auf den Mann an ihrer Seite. Er musste spüren wie viele Augenpaare nun auf sie gerichtet waren. Sein halblanges glattes blondes Haar trug er am heutigen Tage offen. Gewandet war er in zurückhaltend elegante Stoffe, die seine Erscheinung, vor allem die durchdringend blauen Augen, vorzüglich zur Geltung brachte.

Dieser senkte schließlich kurz den Kopf und blickte auf seine Stiefelspitzen. Was musste dieser Recke, der sich heute so ruhmvoll bewiesen hatte ausgerechnet hier, vor aller Augen diese Frage stellen? Die Antwort auf diese Frage war leicht, und resigniert musste er eingestehen, er hätte es an seiner Stelle nicht anders gemacht, hätte er Leomara unbedingt gewollt. Entschlossen hob er wieder den Blick und schaute den Ritter geradewegs an.

„Euer Begehr überrascht mich Ritter Unswin. Ich kenne euch nicht wirklich, weiß jedoch sehr wohl, dass die Familie von Keilholtz in Greifenfurt seit vielen Generationen lebt und dort große Achtung genießt. Ihr seid erst vor kurzem zum Ritter ernannt worden, das letzte Mal als ich euch sah, wart ihr noch ein Edelknappe, doch scheinbar steckt viel in euch wie ihr heute bewiesen habt.“

An dieser Stelle hörte man einen aufgebrachten Schnauber aus Richtung des Platzes auf dem sich Quanion gerade seines Helmes entledigt hatte, und auf Helfer gestützt da stand. War sein Vater völlig unverbindlich so konnte die Mißachtung die Quanion dem Ritter gegenüber hegte kaum deutlicher sein.

„Wenn ihr innerhalb des kommenden Götterlaufes beweist, dass ihr unsere Tochter Leomara ernähren könnt und ein sicheres Einkommen habt, und sie euch dann noch ehelichen möchte, so könnt ihr dies mit unserem Segen tun.“

Einen Moment verharrte Unswin und wagte nun doch einen Blick zu Leomara hinüber zu werfen. Sie sah mindestens so angespannt aus wie er sich fühlte. Wie ein zu leichter Bogen in zu kräftigen Händen und kurz davor zu zerspringen. Er fasste sich und sah wieder zu ihtrem Vater.

„Euer Wohlgeboren, ich achte und ehre Eure Sorge um Eure Tochter. Ich akzeptiere Eure Bedingungen und werde noch vor Jahresfrist jenen Nachweis erbringen den Ihr von mir wünscht.“

Wieder verneigte sich Unswin vor Roderick und der versammelten Adelsschar und lenkte gleich darauf sein Pferd zurück zu dem Punkt wo seine Knappin auf ihn wartete. Er war mehr als erleichtert über diese halbe Zusage, denn er hatte kaum damit gerechnet so viel zu erreichen. Sicher, er hatte noch keine Idee wo er die geforderten Garantien und finanziellen Mittel herbekommen sollte. Aber er hatte einen ganzen Götterlauf Zeit eine Lösung zu finden und das vergangene Jahr hatte ihm mehr als deutlich aufgezeigt, wie viel man in dieser recht kurz erscheinenden Zeitspanne erreichen konnte. Fröhlich pfiff er vor sich hin, als der noch immer von zwei Helfern gestützte Quanion an ihm vorbei zu seinem Zelt geführt wurde.