Geschichten:Eine Frage der Ehre

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Praios 1033 BF,Gut Westhang, Baronie Vellberg

“Dieses Pferd meinst du? Also wirklich, mein Täubchen, das mag zwar schön aussehen, aber vermutlich bricht ihm der Rücken, wenn ich mich draufsetze. Warum denn nur dieses?” Mit zweifelnder Miene war Connar von Mees-Mersingen im Innenhof des Vellberger Anwesens stehen geblieben und musterte den kräftigen Wallach, der in der aufgehenden Sonne glühte wie ein herbstlicher Blätterwald.

“Ihm bricht der Rücken? Also wirklich, Connar, ich bitte dich. Was soll denn das?”, erwiderte Saginta verstimmt. Sie trat neben den so grausam herabgewürdigten Fuchs und ließ ihre Finger liebevoll über sein seidiges Fell gleiten. “Er kommt aus unserem Stall, herrje: kurzer Rücken, starke Beine, gute Fesseln, harte Hufe. Mir ist wohl bewusst, dass du wenig auf tulamidische Pferde gibst, aber sie sind nun wirklich nicht bekannt dafür, dass ihnen die Rücken brechen würden, wenn man sie mit schweren Lasten belädt. Sogar die fetten Weiber aus Palmyrabad tragen sie ohne zu klagen. Und du wirst hoffentlich nicht behaupten wollen, dass du schwerer wärst als eine von denen?” Die Edle warf ihrem Gatten einen lauernden Blick zu. “Ab davon ist sein Blut mit dem eurer svelltschen Pferde verunreinigt, also würde es sogar für zwei von deiner Sorte reichen.”

“Was ist denn nur so falsch an meinem Candril? Sieh nur wie er schaut! Es bricht ihm das Herz, dass ich ihn hier lassen will. Nach so vielen Jahren.”

Saginta warf dem schweren Svelltschen Kaltblut einen flüchtigen Blick zu und schüttelte dann entschieden den Kopf. “Wir werden einer wenigstens teilweise nebachotischen Hochzeit beiwohnen. Willst du dich dort wirklich auf einem dieser klobigen Ackergäule blicken lassen? Ganz Perricum wird über dich lachen.”

“Das wohl kaum. Ich wäre ja nicht der einzige Raulsche, der dort auf seinem Streitross einreiten würde, eh?”

“Aber der einzige, der mit einer aranischen Pferdenärrin verheiratet ist. Mir würde das Herz brechen, wenn ich meinen Gatten auf einem solchen Klotz reiten sähe. Wir werden uns vor diesem nebachotischen Pack doch keine Blöße geben?!”

“Es ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal, was diese komischen Käuze von mir denken, mein Täubchen. Die wissen doch nicht einmal, wo bei einer richtigen Lanze vorn und wo hinten ist. Was werden sie da schon von guten, von treuen Schlachtenrössern wissen? Den richtigen meine ich, denen man auch einen Panzer anlegen kann, ohne Angst haben zu müssen, dass sie zusammenbrechen. Die Meinung unserer Nachbarn ist nicht von Bedeutung für mich.”

Saginta seufzte leise und schüttelte ergeben den Kopf. “Für mich?”

“Wie bitte?”

“Tust du es für mich? Damit ich mich wohlfühlen kann? Damit ich an etwas anderes denken kann als ständig nur daran, dass mein geliebter Gatte einen grobschlächtigen Maulesel reitend an einer baburischen Hochzeit teilnimmt?”

Connar seufzte schwer und trat dann ebenfalls an den Fuchs heran. “Es ist ja nur für ein paar Tage, eh?”

“Ja.”

“Und danach habe ich mein Soll voll? Muss erstmal nicht mehr auf so ein Spielzeugpferdchen drauf steigen?”

“Bestimmt nicht.”

“Und was tust du im Gegenzug für mich?”

“Was meinst du?”

“Ich muss doch auch etwas geboten bekommen.”

“Du wirst mit mir auf dieser Hochzeit auftauchen. Zeig’ mir eine Frau in meinem Alter, die besser aussieht und du darfst Ansprüche an mich stellen. Bis dahin ...”

“Was ist mit diesem Wettbewerb im Bogenschießen?”

“Was soll denn damit sein?”

“Nun, da ich der Turnierreiterei unlängst abgeschworen habe, könntest du für mich in die Bresche springen. Wenn ich den jungen Kerlen schon nicht mehr selbst den Hosenboden strammziehen darf, dann könnte das doch mein Weib für mich erledigen?!”

“Ich bin jenseits der Sechzig, thâtri, wie würde das denn aussehen?”

Connar legte den Kopf schief und grinste seine Gattin breit an. “Ziemlich gut, würde ich meinen. Ich bin mir jedenfalls sicher, dass ich auf diesem Fest keiner Frau in deinem Alter begegnen werde, die zugleich gut aussieht, reitet wie ein Novadi und dabei schießt wie ein vermaledeites Spitzohr. Das schindet sicher mehr Eindruck als so ein flammendes Ross wie das hier, oder meinst du nicht?”