Geschichten:Die Samen Argareths – Savertin & Wulthos

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Neue Residenz, Kaiserstadt Gareth, Ende 1045 BF:

Ihre Queste erfolgte im Sinne der ritterlichen Tugend der List und so hatte sich Savertin von Vairningen dazu entschlossen, sich weniger ritterlich zu kleiden. So hatte er auf seinen Wappenrock verzichtet, schließlich war das Betreten der Anlage auf kaiserlichen Erlass hin verboten und das schwere Kettenhemd war einer leichten Tuchrüstung gewichen. Gemeinsam mit seinen Begleitern hatte er sich dem Gelände genähert und es betreten, nur um sich anschließend aufzuteilen.

Der junge Wulthos begleitete den Vairningen auf seinem Weg hinein in die Residenz. Wie Schatten huschten sie durch das Gelände, stets darauf bedacht, nicht doch noch von einer der Wachen entdeckt zu werden. Sie hatten soeben einen von Efeuer überwachsenen Bogengang verlassen, als sie Schritte hörten. Mit einem beherzten Sprung hechteten sie hinter einen großen Felsbrocken und damit, wie sie hofften, in Deckung. Kalt lief es ihnen den Rücken herunter. Es dauerte etwas, bis sie den Ursprung dieses Gefühls erkannten. Es war nicht die Angst, von der Quelle der Schritte erwischt zu werden, sondern der Stein selbst, der diese widernatürliche Kälte verströmte. Ihre gesamte Willenskraft zusammen nehmend, harrten der junge Pandlaril und Savertin an Ort und Stelle aus. Doch kaum waren die Schritte verklungen, suchten sie Abstand zu dem Fels und schüttelten das in ihre Glieder gekrochene Gefühl von Kälte wieder ab.

Auf ihrem weiteren Weg zum Palast suchten sie in einer Ansammlung Messergras schutz, während ein Ghul an ihnen vorbei schlurfte. Als sie sich weiter bewegten, zeugten Schnitte und Kratzer ihre Ausrüstungen. Als dunkler Schatten zeichnete sich bereits die Neue Residenz vor ihnen ab, als unvermittelt vor ihnen ein weiterer Ghul auftauchte. Schnell zückte Savertin sein Schwert und stieß es dem Ghul in die Brust. Mehrmals wich der Vairninger den Angriffen der Kreatur aus, während er im Gegenzug weiter mit dem Schwert austeilte. Dann machte Wulthos auf sich aufmerksam und deutete Savertin den Ghul zu einem weiteren großen Felsbrocken zu drängen. “Stoßt ihn gegen den Stein!”, rief der Pandlaril und Savertin trat bei seinem nächsten Angriff kräftig gegen die Brust. Als der Ghul gegen den Stein prallte, jaulte er sogleich schmerzerfüllt auf. Sogleich erfüllte der Geruch von verschmortem Fleisch ihre Nase und Flammen züngelten über seine Haut. Die gutturalen Schmerzenslaute der Kreatur erstarben abrupt, als Savertin ihr Haupt vom Rumpf trennte.

Aus Richtung Praios kommend, betraten sie endlich den Palast. Drei Treppen führten hinein in den ehemaligen Sitz Kaiser des Mittelreiches. Die großen Flügeltüren waren aus ihren Angeln gerissen und schlammige Fußspuren zurückliegender Plünderungen führten durch sie in den Almadaner Saal. Aus einem Ledersäckchen an seinem Gürtel, holte Savertin einen blau leuchtenden, hühnereigroßen Stein und hob ihn über den Kopf. Der kühle Schein des efferdheiligen Steins erhellte, einer Fackel gleich, die nähere Umgebung der beiden Männer und beleuchtete dabei die Standbilder verstorbener Kaiser. “Uh, der feiste Valpo! Sehr schmeichelhaft getroffen.” Merkte der Vairninger an, als er das Standbild von Kaiser Valpo erblickt und dessen Namenszug auf dem Sockel gelesen hatte.

Vorsichtig drangen sie in den Palast vor. Blickten in die Räume, an denen sie vorbeikamen und auf Schutthaufen, die sich auftürmten. Einer dieser Schuttberge versperrte ihnen den Weg, sodass sie durch den ehemaligen Ballsaal gehen mussten. Ein Teil des Rundgangs war eingestürzt und lag nun vor ihren Füßen, ebenso wie weiterer Schutt. Sie erkannten Fußspuren auf dem staubigen Boden und sie konnten erkennen, dass hier schon einige Wagemutige nach Reichtümern gesucht hatten. Der Anblick machte sie traurig, denn er zeugte allzu deutlich vom verlorenen Glanz. Den Ballsaal verlassend ging es über den Flur in die ehemalige Bibliothek.

Längst hatte der Raum jede Pracht eingebüßt, Bücher und Regale waren vom Feuer gezeichnet, rußgeschwärzt und von einer Staubschicht bedeckt. Noch im Türbogen stehend, betrat eine fahl leuchtende Gestalt den Raum durch die andere Tür. Der Anschein, dass das blasse Abbild einer längst verschiedenen Person, von den Zerstörungen nichts mitbekam, war erdrückend. Sie durchschritt den Saal entlang der Bücherregale und suchte offenbar eines der Werke. Dann zog sie aus einem verbrannten Loch ein ebenfalls schimmerndes Buch. “Hier ist es ja. >>Sammlung der Erlasse unter Eslam dem I. bis zu Eslam der III.<<.” Dann drehte sie sich um und war verschwunden.

Über eine Wendeltreppe gelangen sie in die erste Etage, in der sie den Weg zurückgingen, den sie soeben gekommen waren. Behutsam schoben sie sich dabei an einem Geröllhaufen vorbei, um voranzukommen. Als sie an einem Loch im Boden angelangten, machte sie einen beherzten Sprund hinüber und gelangten dadurch in die einstigen Prinzessinengemächter. Löcher klaffen im Boden und Geröll lag auf dem staub bedeckten Boden. Von Dreck und Zerstörung unberührt stand dort in einer Ecke eine schöne und gut erhaltene Laute. Ihr fein verzierter Gurt aus Leder war etwas staubig, sobald es geölt war, wäre er jedoch sicherlich wieder wie neu. Bedächtig und mit großen Augen nahm Wulthos das Instrument auf und strich sanft über die Saiten. Doch bevor sich ihr Klang wirklich entfalten konnte, legte er bereits die Handfläche über die Saiten und ließ ihren lieblichen Klang verstummen. Eine Treppe, die sie weiter nach oben brachte, suchten sie jedoch vergebens und so mussten sie gezwungenermaßen zu ihrem Ausgangspunkt zurückkehren.

Doch anstatt direkt weiter über die Wendeltreppe nach oben zu gehen, gaben Savertin und Wulthos ihrer Neugier nach und folgten dem Gang gen Efferd. Die Räume waren bereits geplündert und außer Geröll und Dreck gab es hier nichts mehr zu holen. Zu sehen, wie vergänglich Glanz und Glorie waren, betrübte sie und war ihnen zugleich eine Mahnung.

In der zweiten Etage angelangt wurde ihr Weg zusehends beschwerlicher. Immer wieder mussten sie sich gegenseitig Halt geben, sich an Wänden entlangdrücken, auf allen Vieren voranrobben oder sich an Abgründen entlangwagen. Bedrohlich knirschte bei jedem Schritt der Boden und ließ Savertin letztlich die Entscheidung treffen, dass sie sich sicherheitshalber lieber krichend weiter bewegten. Dabei tastete er sich sorgsam voran, als er jedoch einen kurzen scharfen Schmerz verspürte und Augenblicke später große Blutstropfen seine Hand herab tropften, wischte er vorsichtig durch den Dreck. Was er fand war einen Dolch und da dieser nach so vielen Götterläufen an diesem Ort noch immer derart scharf war, steckte er ihn kurzerhand ein.

Wenig später, erreichten sie verschwitzt und verdreckt endlich das Gemach des Reichsbehüters.