Geschichten:Die Samen Argareths – Salix & Tolmario

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Salix von Hardenstatt blickte auf das hölzerne Kästchen, welches er bei seinem Eintritt in den Raum auf das kleine Tischlein gestellt hatte. Schmucklos, schlicht und unscheinbar stand es dort, auf einem weißen gehäkelten Deckchen. Der Raum an sich war geschmackvoll und doch zurückhaltend eingerichtet. Dennoch schien das Kästchen herauszustechen.

Ein “Herr von Hardnestatt?”, riss ihn aus seinen Gedanken. “Oh, ja, entschuldigt bitte!”, der Perricumer schüttelte sich kurz in das Hier und Jetzt, ehe er ein peinlich berührtes Lächeln aufsetzte. “Wo war ich? Ach ja, genau… Ich betrat also mit dem jungen Tolmario von Aralzin die Neue Residenz, nachdem wir uns durch ihren Vorgarten geschlichen hatten”.

“Ihr erwähntet das Messergras, welchem Ihr beide mit größter Vorsicht ausgewichen seid. Ganz zu schweigen von dem Gruftnebel, dem Ihr begegnet seid”. Stellte Prainka Adersin von Dunkelsfarn fest und hob sich ein mit Minzöl getränktes Tuch vor die Nase. Allein schon der Gedanke an ein Wesen, das wie Nebel sie umfangen könnte, bereitete der Dame aus Greifenfurt Ekel.

Salix nickte knapp, auch er schauderte, als er an den Gruftnebel denken musste. Unwillkürlich glitt seine Hand zur Brust, wo er das Amulett mit der gekrönten Blutulme trug. Ihm war noch allzu gut die Hilferufe und Wehklänge in Erinnerung, die mit dem plötzlich auftretenden Nebel einhergingen. Während der junge Tolmario wie im Bann tiefer in den Nebel lief, hatte Salix’ Amulett zu glühen begonnen. Nur mit äußerstem Kraftaufwand hatte es der Perricumer geschafft, seinen Begleiter gerade noch aus dem Nebel zu ziehen. Ohne sein Eingreifen wäre dieser in eine tiefe Spalte gefallen - und Salix hätte vor dem Truchsess erklären können, weshalb dessen Knappe verstorben war.

“Jedenfalls stolperten wir eine kleine Treppe hoch und durch die doppelflügelige Tür in einen Raum der, neben farbenfroh gemusterten Wände, über keinerlei Einrichtung mehr verfügte”. Der Perricumer zuckte fast schon ratlos mit den Achseln. “Der maraskanische Salon”, wusste die Adersin zu ergänzen.

“Ja… Im Inneren war es jedenfalls so dunkel, dass wir die Eulentränen nutzen mussten, welche ich noch bei mir hatte”. Merkte der Adlige an, ehe er nach dem Kristallglas griff und etwas von dem köstlichen Wein trank, den seine Gastgeberin für ihn - sie selbst verzichtete darauf - bereitgestellt hatte. “Jedenfalls erleichterten sie uns das Sehen in dieser Dunkelheit erheblich, weshalb wir uns einige Zeit im bestaunen der Tapete verloren”. Gestand er fast schon nachdenklich.

“Der Tapete folgend fand ich mich dann in einem langen Flur wieder und hatte das Wesen am unteren Ende gar nicht bemerkt. Ich meine… Wie denn auch? Es war gänzlich ruhig und laut meinem Begleiter handelte es sich um eine Art Geist und die machen bekanntlich eher weniger Geräusche”. Salix’ Lächeln erstarb für einen kurzen Moment und es fröstelte ihn, bei dem Gedanken an dieses Wesen. So etwas schreckliches hatte er in seinem ganzen Leben nicht gesehen gehabt und seine pure Existenz reichte aus, um den Adligen zur Salzsäule erstarren zu lassen.

“Jedenfalls sah ich es auf mich zukommen und konnte mich dennoch nicht bewegen. Ich war vor Angst gelähmt und wäre Tolmario nicht gewesen, ich weiß nicht, ob ich diesem Wesen nicht zum Opfer gefallen wäre”. Er nickte bedeutungsschwanger und stellte das Kristallglas wieder ab. “Er stieß mich einmal durch den Flur, durch die Tür auf der anderen Seite. Sobald ich das Wesen nicht mehr sehen konnte, verschwand die tiefsitzende und lähmende Angst”. Abermals fröstelte es ihn. “Er schloss die schief hängenden Türen und wir beeilten uns die Treppe hochzurennen. Ein Unterfangen, das deutlich schwerer war, als es klingt. Unter uns schien das Wesen über die Türen zu kratzen und auf der breiten Treppe fanden sich einige Schuttberge, aus Steinen, Putz und sonstigem Unrat”.

Nun war es die Adersin, die sich schüttelte. Der Gedanke an den ganzen Schmutz, den Staub und Dreck, der sich über die Götterläufe in der Ruine der neuen Residenz angesammelt hatte, kostete sie einiges an Willenskraft. Schließlich nickte sie lediglich und bedeutete ihrem Gegenüber fortzufahren.

“Wir sind also eher die Treppe hoch gestolpert, als dass wir gerannt sind und fanden uns sodann in dem oberen Stockwerk wieder”. Salix schien kurz nachzudenken, schüttelte dann jedoch langsam den Kopf, “oben angekommen wollten wir eigentlich weiter hochsteigen, doch sahen wir ein bläulich-grünliches Licht von den oberen Stufen herunterscheinen. Da haben wir uns kurzerhand dazu entschlossen, unser Glück im Flur zu versuchen”. Fast schon verlegen kratzte sich der Perricumer am Kinn.

“Weder Tolmario noch ich sind über die Maße kämpferisch veranlagt. Weshalb wir versucht haben, Ärger - in welcher Form auch immer - aus dem Weg zu gehen”. Sein Blick ging für einen Moment in die Ferne, kam jedoch alsbald zurück. “Naja, wir haben jedenfalls in jedes Zimmer des Flurs geschaut, fanden aber nichts interessantes. Darum liefen wir weiter und fanden die Bibliothek. Die meisten der Regale waren umgestürzt, es klaffte ein rießen Loch im Boden und er war mit Schutt der eingestürzten Decke überzogen”.

“Vor dem Jahr des Feuers, soll sie über 500 Werke beinhaltet haben. Neben Märchen- und Rittergeschichten auch Urfassungen von Edikten, Erlässe und Gesetze”. Wusste Perainka zu ergänzen und nickte wissentlich.

“Ja, die meisten Bücher waren nicht mehr zu lesen. Aber!”, er hob den Zeigefinger und griff in die Tasche, welche sich an seinem Gürtel befand und zog etwas heraus, das in ein Tuch eingewickelt war. “Ich konnte in einem Regal tatsächlich dieses Schmuckstück finden…”, und mit diesen Worten legte er den eingewickelten Gegenstand neben das hölzerne Kästchen, schlug das Tuch zurück und offenbarte ein goldenes Amulett, auf dem eine gekrönte Blutulme prangerte. Hatte die Greifenfurterin zuvor sehr zurückhaltend das Tuch samt Gegenstand betrachtet, blickte sie nun voller Neugier zu dem Schmuckstück und nickte anerkennend.

“Danach sind wir die Wendeltreppe hochgestiegen und fanden uns vor einer verschlossenen Tür wieder. Laut der Tafel, welche verrust, aber noch lesbar war, war dies das Arbeitszimmer des Hofalchimisten. Das weckte natürlich die Neugier Tolmarios, doch die Tür schien blockiert”. Mit einem Schmunzeln musste Salix daran denken, wie sie beide vor der Tür standen und erst einmal versuchten mit geeinter Kraft sie aufzustemmen. Ein hoffnungsloses Unterfangen, weshalb sein Begleiter ein Fläschchen hervorzog und es schneller kippte, als Salix hätte reagieren können.

“Der Knappe des Truchsess nahm also einen Krafttrank zu sich und stemmte die Tür ohne Probleme auf”, kein Wunder, wie sich Salix dachte. Immerhin hatte er selbst einen solchen Trank einst verwendet, um einen viel größeren und stärkeren Mann festzuhalten. “Wir fanden dahinter tatsächlich die Räumlichkeiten des Alchemisten, sowie einige interessante Tränke, die weder Tolmario noch ich auf die Schnelle identifizieren konnten”. Er lächelte belustigt, “was meinen Begleiter natürlich nicht davon abhielt, sie einzustecken, denn man könne ja nie wissen, wie er meinte”.

“Als unsere Neugier in diesem Raum gestillt war, vernahmen wir Stimmen von draußen. Weshalb wir uns vorsichtig in den Flur begaben und nachsehen wollten, was die Quelle für diese Geräusche war”. Salix schüttelte langsam den Kopf, als er daran zurückdachte. Nach allem, was sie auf ihrem Weg gesehen hatten, war das im Rückblick eine äußerst dumme Idee gewesen. “Wir traten also in den Flur und blickten uns um. Wir wussten, dass weiter unten die kaiserlichen Gemächer sein mussten und von dort vernahmen wir ein schwaches Leuchten sowie Stimmen. Unser Weg war jedoch durch ein großes Loch im Boden versperrt”.

Der Perricumer nahm einen Schluck von seinem Wein und atmete durch. “Wir wussten natürlich nicht, was dort auf uns wartete, doch die Gemächer waren unser Ziel. Deshalb gab mir Tolmario zwei Tränke, ein Kraft- und ein Unverwundbarkeitselixier. Ersteres ist sehr nützlich, um weiter springen zu können und letzteres, wenn man keine Rüstung trägt. Er selbst stand ja noch unter der Wirkung seines Kraftelixiers, nahm jedoch ebenfalls ein Unverwundbarkeitselixier zu sich”.

“Ihr scheint Euch beide mit der Kunst der Alchimie auszukennen”, stellte Perainka trocken fest.

Salix nickte mit einem Schmunzeln, “ein interessantes Feld, welchem ich seit der Winterhochzeit einen Teil meiner Freizeit widme…”, gab er zu. “Jedenfalls war der Abgrund zu tief, weshalb wir zurückgingen, zur Wendeltreppe, dort nahmen wir unsere Spaten und durchbrachen die Wand Richtung kaiserlicher Gemächer. Dank den Kraftelixieren war das auch nicht weiter schwer und so gelangten wir schließlich zum Rest der Gruppe, die anscheinend ähnliche Strapazen wie wir erlitten hatten.”. Er wandte seinen Blick von seiner Gegenüber ab und ließ ihn auf dem Kästchen ruhen. “Der Rest der Gruppe und schließlich auch dem, um was Ihr mich gebeten habt”. Mit einem zufriedenen Lächeln hob er seinen Blick und öffnete mit einer Hand das Kästchen.