Geschichten:Verschollen in Al'Anfa - Prolog

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Burg Trollhammer, 10. Phex 1044

Nimmgalf war von seiner Reise nach Erlenstamm heimgekehrt. Er war zu Gast bei der Hochzeit seines Neffen Ludolf von Hirschfurten gewesen, der nun mit der Baronin von Erlenstamm vermählt war. Am nächsten Tag war er dabei, als seine älteste Tochter Irnfrede den feierlichen Lehnseid als neue Edle zu Erlenkrone ablegte, nicht nur für ihn ein sehr bewegender Moment.

Bei seinem Besuch auf Burg Erlenstamm war ihm dann klar geworden, dass die Burg an sich durch die vielen dicken Mauern und Türme schon recht widerstandsfähig war, es aber noch an vielen Hilfsmitteln wie Palisadengänge, Flaschenzüge und Verteidigungsanlagen mangelte, von der erst rudimentär vorhandenen Innenausstattung ganz zu schweigen.

Er hatte sich von Irnfrede durch die Burg führen lassen, und ihren vielen Ausführengen, was genau sie noch alles haben möchte, mit wachsender Sorge gelauscht. Auf diese Art würde sie sich, und damit auch ihn früher oder später in den Ruin treiben. So hatte er ihr viele Dinge wieder ausgeredet, oder auf einen deutlich späteren Anschaffungszeitpunkt verschoben. Nur das Musikzimmer hatte er ihr zugesagt, weil er genau wusste, wie sehr sie die Musik liebte. Dafür würden die anderen Räume erstmal warten müssen.

Nach seiner Rückkehr hatte er noch einiges zu tun gehabt. Doch schließlich ließ er einen recht ungewöhnlichen Gast auf Burg Trollhammer herbeiholen, mit dem er sich seit seinem Tsatag nicht mehr so recht befasst hatte, sich aber jetzt wieder seiner möglichen Dienste besann: einen Kopfgeldjäger mit dem eigenartigen Namen „Butterfett“.

Es klopfte an seiner Tür. „Herein!“ befahl er kurz. Die Tür ging auf und herein kam ein Mann in einer arg verbeulten Rüstung, der zudem einen eher lächerlich wirkenden Topfhelm trug. Wer schloss die Türe hinter sich wieder und wandte sich dem Baron zu.

„Ihr habt mich rufen lassen?“ erklang seine Stimme dumpf unter dem Helm.

„Das ist korrekt. Willst du nicht erstmal diesen Helm ablegen?“ sah Nimmgalf ihn an.

„Nein!“ antwortete er kurz.

Nimmgalf zog eine Augenbraue hoch. „Also gut. Mein alter Freund Hilbert hat mir ein eigenartiges Geburtstagsgeschenk gemacht: dich! Laut seinem Schreiben bist du ein Experte für das Wiederfinden verschwundener Personen. Ist das wahr?“

„Ja!“ kam die kurze, dumpfe Antwort.

„Nun denn. Kannst du einen Ritter ausfindig machen, der seit einiger Zeit verschwunden ist?“

Der Mann schwieg erst eine Weile, so als müsste er überlegen. „Ja!“ antwortete er dann wieder.

„Der Ritter heißt Geromel. Geromel von Talbach. Er ist einer meiner Hausritter, etwa 35 Götterläufe alt, ungefähr so groß wie ich. Zuletzt war er im Hesinde hier auf Burg Trollhammer, danach sollte er nach Burg Freudenstein in Erlenstamm zurückkehren. Ich hatte ihn damit beauftragt, meine Tochter Irnfrede zu beschützen, die seit einem halben Jahr in Erlenstamm lebt. Aber dort ist er anscheinend nie angekommen, und ich habe keine Ahnung warum nicht. Ich möchte, dass du dich auf seine Fährte setzt, und herausfindest, was mit ihm geschehen ist. Und wenn du ihn findest, dann bringe ihn zurück nach Hirschfurten – sofern er noch am Leben ist. Hast du alles verstanden?

„Ja!“

„Gut! Du scheinst klüger zu sein, als du aussiehst. Das kann dir durchaus zum Vorteil gereichen. Ich möchte, dass du gleich morgen früh aufbrichst. Am besten, du folgst erstmal seiner letzten Route nach Erlenstamm. Vielleicht findet sich da ja schon ein Hinweis.“

Der Kopfgeldjäger schwieg.

„Lass dir für eine Woche Proviant und so etwa 50 Silbertaler mitgeben. Falls du mehr benötigst, kannst du auch noch einen Wechsel der Nordlandbank bekommen. Ich gebe dir auch ein Pferd mit. Benötigst du sonst noch etwas?“

„Nein!“

„Gut. Dann viel Erfolg bei der Suche. Du kannst jetzt gehen.“

Der Kopfgeldjäger drehte sich um, und verließ die Schreibstube des Barons.

Draussen warteten bereits zwei Hirschfurtener Hausritter, die Nimmgalf ebenfalls herbestellt hatte. Sie blickten dem seltsamen Mann fragend hinterher.

„Der nächste!“ rief Nimmgalf. Lachwige von Grattelbeck und Ernhelm von Klingenhort betraten sodann das barönliche Arbeitszimmer.

„Ah, Lachwige und Ernhelm, sehr gut. Kommt bitte rein und schließt die Tür.

„Ihr habt nach uns schicken lassen, Herr?“ fragte die ältere Ritterin Lachwige.

„Ja! Ich werde Euch beiden für einen längeren Zeitraum neue Aufgaben auftragen, die euch von eurem regulären Dienst hier auf Trollhammer befreien.“ Die beiden blickten erst fragend sich, dann den Baron an.

Dieser fuhr fort: „Ich möchte, dass ihr beide nach Erlenstamm reist, um für Irnfredes Sicherheit auf Burg Erlenstamm zu sorgen. Lachwige, du wirst die Burgwachen vor Ort ausbilden. Ich gebe dir für den Anfang schon mal fünf Waffenknechte aus Hirschfurten mit. Sie können zurückkehren, wenn ausreichend gut ausgebildetes Wachpersonal auf der Burg vorhanden ist, was aber mit Sicherheit noch eine Weile dauern wird.“ Die Angesprochene nickte. „Ich verstehe!“

„Und du, Ernhelm, wirst dich um die Verteidigungsanlagen der Burg kümmern. Anders als Trollhammer ist diese Burg von allen Seiten leicht zu erreichen. Daher sind gut durchdachte und funktionable Verteidigungsanlagen sehr wichtig. Das fängt beim Fallgatter am Burgtor an, über gut zu erreichende Palisadengänge, die Schießscharten, Pechnasen, vielleicht ein paar Hornissen auf den Türmen und so weiter. Hole dir Handwerker, Steinmetze, Techniker vor Ort, was immer du brauchst. Am besten aus Wandleth. Die Zwerge sind da recht einfallsreich.“

„Mit Verlaub, Herr, erwartet Ihr denn, dass die Burg in nächster Zeit angegriffen werden könnte?“ fragte der junge Ritter.

Nimmgalf sah ihn ernst an. „In diesen Zeiten ist Vorsicht immer besser als Nachsicht. Die Fehde hat viele Wunden gerissen, und nicht alle sind bereits wieder verheilt. Und ein Ritter, den ich zu Irnfredes Schutz abgestellt hatte, ist bereits verschwunden. Ich fürchte, dass es da jemand auf sie abgesehen haben könnte. Mag sein, dass meine Sorge unberechtigt ist, aber man kann nie wissen.“

„Wie Ihr befiehlt, Herr!“ Der junge Mann nickte.

„Gut. Ihr könnt noch Eure Angelegenheiten hier vor Ort klären, aber in spätestens drei Tagen erwarte ich Euren Aufbruch.

„Jawohl, Herr! Wir werden tun, was Ihr uns aufgetragen habt“, entgegnete Lachwige.

Beide verließen nach knappem Gruß das Arbeitszimmer.