Geschichten:Tsas Tränen - Phexensstück?

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Die Morgennebel hoben sich von den Wiesen am Fuße des Hügels und verflüchtigten sich im Licht der Praiosscheibe. Appelhof lag ungefähr eine dreiviertel Meile entfernt zwischen Hügeln und Obsthainen. Hinter der schützenden Mauer stieg der Rauch etlicher Schornsteine in die Höhe. Die Straße endete am Tor, einem massiven von zwei Türmen flankierten Bauwerk, das den Zugang zum Ort nur mittels einer Zugbrücke über den vorgelagerten Graben gestattete. Noch war sie heruntergelassen, das Tor stand offen. Aus verschiedenen Richtungen strömten Menschen herbei, trieben ein paar magere Kühe oder zogen Karren, auf welche sie eilig ihre Habseligkeiten geworfen hatten. Die Bewohner der Gegend suchten den Schutz und die Sicherheit der Mauern, gleichgültig, dass der Herr von Appelhof ein von den Zwölfen verfluchter Paktierer im Bunde mit niederhöllischen Mächten sei. Egal, welchen höheren Mächten die nahende Streitmacht huldigte, ob sie für die Aussicht Gold oder auch nur etwas zwischen die Zähne plünderte, brandschatzte und mordete. Im Angesicht der Bedrohung und des zu erwartenden Ergebnisses war dies alles einerlei.

Sie griff wie Halt suchend an die Kette der Zugbrücke, als ein weiterer Karren hinter ihnen über den Graben rollte und murmelte: „Eisenrost und Patina.“

„Wat?“ Der in schäbig abgetragenes Tuch gekleidete Häusler vor ihr drehte sich neugierig zu Erlgard Gragelsfort um.

„Eichenholz. Gutes Eichenholz, beste Erlgard. Du kannst gar nicht ins Wasser fallen.“ Beeilte sich Praioswin von Steinfelde zu sagen, der direkt hinter ihr ging, und trat zur Bestätigung fest gegen die Bohlen auf denen sie standen. Zum Häusler gewandt fuhr er dann fort: „Du musst wissen, sie hat panische Angst vor Wasser, seit sie mal fast im Dorfteich ertrunken ist als der Steg zusammenkrachte.“

Der Mann grinste freudlos: „Wenn das eure einzige Sorge ist…“

Die Magistra warf dem Knappen einen sonderbaren Blick zu, der eine Mischung aus Ärger und Erleichterung enthielt. Dann ließ sie die sich rotbraun färbenden Kettenglieder los, die sie umklammert hatte.

Die Reihe auf der Zugbrücke kam ins Stocken.

„Ich hab sie gesehen.“ Eine hagere Frau, ihr Kind von noch nicht mal einem Götterlauf in einem großen Tuch auf den Rücken geschlungen, sprach den Wachhabenden an.

„So?“

„Ja. Sie kommen von Nordosten. Bestimmt ein ganzes Regiment stark.“

„Was weißt du noch?“

„Naja, da waren etliche Fahnen, auch fremde mit dabei. Also nicht von hier, aus Hartsteen…und Kirchentruppen.“

„Das könnte die Herrschaften interessieren. Bosper!“ Der Torhauptmann winkte einen seiner Waffenknechte heran. „Hier gibt es Neuigkeiten. Schaff sie rüber, damit sie dem Herrn Tharleon noch mal vorsingen kann.“ Dann winkte er dem nächsten, durch das Tor zu treten und rief laut, damit jeder der Anwesenden es hören konnte: „Einen heißen Tanz wird es geben, das wohl! Schlachtfest frei Haus und alle sind eingeladen. Willkommen in Appelhof!“ Das gehässige Lachen hallte viel zu laut im Tordurchgang wider und nicht nur die Blicke der Schutzsuchenden sondern auch der anderen Torwächter verrieten Unsicherheit.

„Wer bist du, Kerl, und wo kommst du her?“ Der Torhauptmann stellte sich breitbeinig Hesindian von Windischgrütz in den Weg, der in der einfachen Lederrüstung und mit dem Hakenspieß über der Schulter wie ein heruntergekommener Söldner daher kam.

„Man nennt mich Hesindian, Herr Hauptmann. Und ich komme aus Arlingen, im Darpatischen.“

„Kann ja niemand was für seinen Namen, nicht?“

„Nein Herr.“

„Warum bist du nicht mehr dort?“

„Also…“, Hesindian stockte und schaute unsicher zu Boden.

„Heraus damit, oder…!“

„In Arlingen … da sind vor kurzem die Leute krank geworden. Ganz plötzlich von einem Tag auf den anderen. Erst haben sie Blut gespuckt und sind ganz blau im Gesicht geworden und so. Als ich das mitgekriegt hab, wie die ersten dran gestorben sind, bin ich ganz schnell fort.“

Unwillkürlich traten die Appelhofer Waffenknechte einen Schritt zurück und der Hauptmann runzelte die Stirn.

„Lasst mich doch ein, Herr Hauptmann. Ich kann kämpfen. Ich habe…“ Im nächsten Augenblick fing Hesindian fürchterlich zu husten an und rote Flüssigkeit tropfte auf den Boden.

Als Praioswald von Steinfelde den Windischgrützer direkt vor dem Hauptmann der Torwachen „Blut“ spucken und zusammensacken sah, welcher daraufhin fast panisch versuchte, Abstand zu gewinnen, hielt er den Eselskarren mitten in der Durchfahrt an und brüllte:

„Die blaue Keuche! Wer steht uns bei?!“



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10. Per 1030 BF zur morgendlichen Tsastunde
Phexensstück?
Augen in der Dunkelheit


Kapitel 35

Der Vogel verlässt den Käfig
Autor: Steinfelde