Geschichten:Tsas Tränen - Der Vogel verlässt den Käfig

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Entsetztes Geschrei hub an und alles begann auf der Suche nach Abstand und Rettung durcheinander zu laufen. Dann riss der Steinfelder Schwert und Dolch unter der Plane hervor. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie der Hartsteener den Vogelkäfig auf den Boden fallen ließ und etliche befreite Vögel knapp über die Köpfe der Menge aus dem Tor hinaus und hinauf in die Lüfte flatterten. Das Zeichen zum Angriff war gesetzt. Auch die „Gaukler“ um den Allinger, welche das Tor zuerst passiert hatten, zogen ihre versteckten Waffen blank und begannen, auf die verdutzten Wachen einzuschlagen.

„Schließt das Tor, ihr Narren!“ brüllte der Hauptmann und hastete zu einer kleinen Pforte in der Seitenwand der Tordurchfahrt. Helmar und Praioswald setzten ihm nach, doch der Mann war schneller und kurz vor ihnen krachte die Türe ins Schloss und sie hörten, wie ein Riegel vorgeschoben wurde.

„Kuhscheiße!“ Praioswald warf sich gegen die Tür, doch die hielt stand. „Wir brauchen eine Axt!“

Von der anderen Seite wurde noch etwas gegen die Tür geschoben. Praioswin stürmte zum Karren.

Aus dem Raum über ihnen ertönte Wutgeheul: „Die Kette ist hinüber, wir können die Brücke nicht hochziehen.“

„Dann runter mit dem Gatter, verdammt noch mal!“

Der Befehl von oben war deutlich zu vernehmen. Ein kurzes metallisches Klirren und dann krachte das Fallgatter auf den im Wege stehenden Karren herab. Die eisenbeschlagenen Spitzen bohrten sich durch Ladung und Holzrahmen, die dem Gewicht der Konstruktion nichts entgegenzusetzen hatten. Der Knappe konnte gerade noch zur Seite springen.

Für einen Moment stand Helmar von Fuchsbach wie versteinert, den Blick durch das Gitter nach draußen vor die Stadt gerichtet. Der Angriff hatte begonnen. Die Reiter näherten sich im Vertrauen auf das gegebene Zeichen, donnernde Hufe, bunte Wimpel, blitzender Stahl. Blut und Tod. Seine Schuld. Wenn sie das Tor nicht wieder aufbekämen, dann wäre alles umsonst gewesen. Sein Blick schweifte weiter und blieb an dem der blassen Magistra hängen.

„Es gäbe noch eine Möglichkeit… Aber dann werde ich Euch nicht mehr helfen können.“

„Bei allem, was euch heilig ist, beeilt euch!“

Erlgard Gragelsfort nickte. Dann hob sie in einer fließenden Bewegung die gespreizten Finger ihrer linken Hand in Richtung des Fallgatters: „Desintegratus!“

Von oben wurde eine Luke aufgestoßen und etliche Steine regneten auf den Fuchsbacher und die anderen im Tordurchgang Verbliebenen herab.

„Raus hier, dem Allinger zu Hilfe!“

Das Gefecht gegen die Torwachen konzentrierte sich im Moment auf den Zugang zu einem der Flankierungstürme. Einige der Appelhofer Söldner lagen bereits erschlagen in ihrem Blut, aber auch drei von Helmars Leuten hatten ihr Leben ausgehaucht. Helmar stützte die Magierin, die aller ihrer Kräfte bar zu sein schien. Ein Bolzen sauste an ihm vorbei und klatschte gegen das Gemäuer. Helmar von Fuchsbach sah sich um, den Schützen ausfindig zu machen, doch er bemerkte etwas anderes, eine Bewegung auf der Gasse.

Eine Kriegerin in schwarzer Rüstung und violettem Schild bewegte sich mit einer schier überderischen Rasanz durch die Scharen der Fliehenden hindurch auf das Tor zu. Ihre Bewegungen schienen geradezu zu verschwimmen und die existierende Welt zu verlassen. Die Magistra neben ihm war kreidebleich geworden: „Weg hier, wenn euch eure Seele lieb ist! In die Stadt, schnell!“

Brinian von Allingen prügelte wie von der Kette gelassen auf eine der Torwachen ein, die den Zugang zum Torturm verteidigte. Immer und immer wieder sauste sein Schwert auf den Appelhofer ein, der nach und nach unter Druck geriet. Weitere Wachen versuchten, sich gegen die übrigen Eindringlinge im Gauklergewand zur Wehr zu setzen. Nur durch die Geräuschkulisse hinter ihm schloss der Allinger, dass das Fallgatter heruntergesaust war – ein Grund mehr, den Wachturm einzunehmen. Vielleicht ließ sich das Gitter von dort aus wieder hochziehen.

Mit einem wuchtigen Hieb zwang er den Appelhofer vor sich aus dem Weg, und brennend vor Ehrgeiz und Tatendrang wollte Brinian gerade ins Innere der Wachstube stürmen, als er – wie ein Glockenläuten über all die Unruhe hinweg – die alarmierte Stimme der Gragelsfurterin vernahm. Er fuhr im Türrahmen herum, wurde beinahe von den anderen Hartsteenern umgerannt, die es ihm nachtun wollten, und hielt inne. Was er da erblickte, ließ ihn nach Luft schnappen.

„Was ist?“ fragte Rauert und drehte sich ebenfalls um. Nicht einmal für ein entsetztes „Goblinscheiße!“ blieb Zeit. Der Weg zurück war keine Option, also rannten die Hartsteener blitzschnell los und versuchten, im Chaos der vielen Menschen, die kopflos schutzsuchend davonrannten, unterzutauchen.



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10. Per 1030 BF zur morgendlichen Tsastunde
Der Vogel verlässt den Käfig
Phexensstück?


Kapitel 36

Die Schlacht von Appelhof: Der Morgen
Autor: Steinfelde