Geschichten:Die Rückkehr der Pfortensteiner - Pfortensteiner Familienrat

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Ende Rondra 1044 BF, Burg Pfortenstein, zur Mittagszeit

Es war selten, dass sich alle Pfortensteiner gemeinsam trafen, obgleich es ihrer nur noch wenige gab. Aber ein Traviabund vereinte immer nicht nur zwei Familien miteinander, sondern brachte auch die eigene Familie wieder näher zusammen. Wer wie immer fehlte war Harbolf, der Altjunker von Pfortenstein und Rondraritter in Perrium. Er würde wie erwartet nicht aus der Löwenburg anreisen. Auch Olmerga hatte sich mit Hinweis auf die unsicheren Straßen zu Zeiten der Fehde entschuldigen lassen und würde mit ihren Kindern auf dem Gerbaldsberg verbleiben. Ysinthe war derweil noch völlig in ihren Verpflichtungen als Kammerherrin der Baronin von Bärenau gefangen und würde erst am Tag vor der Zereomie erwartet.

Doch Junker Rondradan war als Familienoberhaupt natürlich aus Rubreth angereist, um die Vorbereitungen vor Ort zu leiten. Seine Schwägerin Yassia, Gattin seines Bruders Harbolf, und der junge Ludolf, nominell Junker des Familienstammlehens, seit sein Vater dem Derischen entsagt hatte, um der Herrin Rondra zu dienen, wohnten sowieso auf der Stammburg der Pfortensteiner. Auch Alt-Vögtin Laudine von Immingen und ihr Sohn Irion, Ritter zu Gümpelgotz und Vogt zu Pfortenstein waren anwesend. Aus Randersburg waren Irions Schwester Jeswine und ihr Gatte Wulfhelm von Keilholtz angereist. Der junge Danos hatte sich von seinen Pflichten als Hauptmann der barönlichen Garde von Rallerspfort frei machen können und natürlich war seine Schwester Xaviera hier, welche in wenigen Wochen den Traviabund mit Junker Kolkja von Radewitz eingehen würde.

Eigentlich hätte es ein schönes Beisammensein im Familienkreis werden sollen. Doch die Nachricht welche Jeswine und Wulfhelm aus Randersburg mitgebracht hatten, lag wie ein düsterer Schleier auf allen und verdunkelte die Stimmung. Seit mehreren Minuten schritt Rondradan nun schon sinnend vor dem erloschenen Kamin auf und ab. Mit einem Mal blieb er stehen und betrachtete das alte Wappenschild, mit dem von einem schwarzen Speer durchbohrten, goldenen Drachen auf rotem Grund, welches über dem Sims hing. Schließlich drehte sich der Junker zu seiner Familie um. Er war zu einer Entscheidung gekommen, die ihm sichtlich nicht leichtgefallen war.

„Wir können diese Beleidigung nicht auf uns sitzen lassen“, erklärte Rondradan mit fester Stimme. „Wären diese Worte nur zwischen Jeswine und der Erlenfallerin gewechselt worden, hätte man das Ganze mit einem Duell aus der Welt schaffen können. Aber der ganze auf Schloss Sonnenfeld versammelte Adel hat die Beleidigung wider unsere Familie gehört. Das darf nicht ungesühnt bleiben!“ Wütend schlug er seine rechte Faust in die flache linke Hand. „Ich mache dir und Wulfhelm keinen Vorwurf, Jeswine. Ich weiß, du hättest gerne auf der Stelle Genugtuung gefordert. Aber da waren Travias Gebote vor und es steht außer Frage, dass wir diese achten und ehren. Außerdem bist du von Tsa gesegnet und wir haben alle erst vor Jahresfrist schmerzlich erfahren müssen, was es bedeuten kann in diesem Zustand ein unbedachtes Risiko einzugehen. Niemand hier wünscht dir ein Schicksal wie das des Grafen Schwester.“

Alle Anwesenden dachten zurück an den Roten Buhurt und den Auslöser der großen Garetischen Fehde, die seitdem das Herz des Reiches erschütterte.

„Doch wie ich schon sagte, können wir die Beleidigung nicht auf uns sitzen lassen. Ich habe es satt, dass die anderen Familien mit Verachtung auf uns blicken. Es ist jetzt hundert Jahre her, seit unsere Ahnin in der Reichsforster Fehde gezwungen war sich Kaiser Perval zu beugen, um die Familie vor der Auslöschung zu bewahren. Wir werden unsere Familienehre ein für alle Mal wieder herstellen!“

„Das ginge wohl nur, wenn du Lechmin von Erlenfall oder besser noch, Junker Emmeran persönlich, dazu bringst, ihre Worte öffentlich zurückzunehmen“, warf Irion ein. „Und das werden sie wohl kaum freiwillig tun.“

„Das ist mir bewusst“, meinte Rondradan und blickte ruhig in die Runde. „Deswegen werden wir der Familie Erlenfall die Fehde erklären.“

Wieder herrschte Stille im Raum. Yassia hatte vor Schreck ihre Stickerei fallen gelassen. Der kleine Ludolf hob diese nun behutsam wieder auf und legte sie seiner Mutter zurück auf den Schoß. Die Pfortensteiner waren von der Entscheidung ihres Familienoberhaupts sichtlich überrascht. Sicherlich war eine schwere Beleidigung gegen die Familie geäußert worden, aber gerade das letzte Fehdejahr hatte allen gezeigt, was sie im schlimmsten Fall erwarten würde.

„Dir ist aber schon klar, dass wir sehr im Hintertreffen sein werden?“ Erneut ließ sich Irion als der nach Rondradan älteste Pfortensteiner hören. „Mit Rubreth im Rücken, sind sie uns um ein Vielfaches überlegen.“ Als Aftervasall in Gräflich Rubreth wusste er natürlich, dass die neu bestellte Landvögtin aus der Familie Erlenfall stammte. „Phexla und Emmeran werden unsere Ländereien und Burgen zwischen sich aufreiben.“

„Nicht unbedingt.“ Auch Rondradans Junkerngut Olbershag lag in Rubreth. „Die Landvögtin ist vorerst mit den Eslamsgrundern beschäftigt. Im Süden sind noch immer einige Burgen nicht entsetzt und die Grenzen nicht sicher. Außerdem habe ich vor, Rubreth komplett aus der Rechnung zu nehmen. Wir könnten auch schlecht Ländereien oder Vasallen der Landvögtin angreifen, da wir nominell selbst ihre Vasallen sind und ihre Ländereien de jure dem Grafen gehören.“

„Was genau schwebt dir also vor?“, fragte Wulfhelm in seiner direkten Greifenfurter Art. Er war froh gewesen durch die Belehnung mit dem Rittergut Blaufelden in Kaiserlich Randersburg aus dem garetischen Fehdegeschehen weitgehend heraus zu sein. Jetzt erneut in eine Fehde hineingezogen zu werden behagte ihm nicht, zumal Jeswine gerade mit ihrem ersten Kind schwanger war.

„Wir halten es klein und einfach. Pfortenstein gegen Erlenfall, Junkertum gegen Junkertum, und fertig. Die restlichen Ländereien sind tabu. Letztlich können sie es sich ebenso wenig erlauben kaiserliche oder gräfliche Güter zu behelligen wie wir“, erriet er Wulfhelms Bedenken. „Zudem werde ich Olmerga bitten sich uns anzuschließen. Hier geht es um die Ehre der Familie und ihr Schwertarm würde für uns sehr wertvoll sein.“

„Aber zwischen Rallerspfort und Schwarztannen liegen zwei Baronien“, warf der junge Danos ein. „Wie sollen wir unbehelligt bis Erlenfall kommen? Die Waldfang wird sicherlich nicht scharf darauf sein unsere Waffenknechte über ihr Land reiten zu sehen.“

„Das wird nicht schwer. Durch Rallerspfort kommen wir sowieso ungehindert“, begann Rondradan aufzuzählen, „Randersburg ist kaiserlich und ab dort beginnt die Reichsstraße, die uns bis an die Grenze zu Schwarztannen bringt. Erlenfall liegt dann direkt hinter der Grenze zu Waldfang. Wir werden also niemandem auf die Füße treten.“

„Das sollten die Erlenfaller aber dann auch wissen, damit eure sonstigen Besitzungen, und meine, vor ihnen sicher sind.“ Der Keilholtzer klang noch immer besorgt.

„Natürlich, wir sind doch keine Kaisermärker. Wir haben Ehre!“ Stolz warf sich Rondradan in die Brust. „Wir werden einen offiziellen Fehdebrief nach Erlenfall überbringen und ihnen einen angemessenen Zeitraum geben sich vorzubereiten. Wir werden eine ritterliche Fehde führen, so wie es sich nach Rondras Geboten gehört. Schließlich sind wir Reichsforster und wissen was sich gehört!“