Geschichten:Die Rückkehr der Pfortensteiner - Das Duell

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Mitte Ingerimm, Auf der Randersburg, zur Mittagsstunde

Der Große Hof der Randersburg war rappelvoll. Entgegen der üblichen Gepflogenheiten, hatte man die Tore der Pfalz geöffnet um die Schaulustigen einzulassen. Beide Banner kaiserlicher Gardisten waren dafür aus der Kaserne im Ort geholt worden, um die Sicherheit der Burg trotzdem zu gewährleisten. Neben einer großen Menge Volk aus dem zu Füßen der Burg liegenden Marktflecken, hatten sich auch viele Vertreter des lokalen Adels eingefunden. Die Meisten von ihnen waren dabei gewesen, als die Fehde im vergangenen Rondramond auf der Feier des Junkers von Sonnenfeld mit dem Streit zweier Ritterinnen seinen Anfang nahm. Nun wollten sie dabei sein und bezeugen, wie sie endete.

Auf den umliegenden Wehrgängen hatten sich derweil die höhergestellten Bewohner der Pfalz eingefunden, um einen guten Blick auf das Geschehen zu erhaschen. Pfalzgräfin Ailyn und ihre Tochter Quelina waren ebenso zu sehen, wie des Pfalzgrafen Mutter, Josline von Eslamsgrund, die trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch manchen anerkennenden Blick auf sich zog. Insbesondere Ritter Crotus Küper von Risp, Kämmerer der Randersburg und selbst an der Grenze zum Greisentum, ließ es sich nicht nehmen der hohen Dame seine Aufmerksamkeit zu schenken und unterhielt sie mit allerlei passenden und unpassenden Witzchen. Auch die Hausritter des Pfalzgrafen, wie etwa Ischtan von Radewitz, mitsamt der Knappen und Pagen hatten sich hier versammelt.

Pfalzgraf Udilbert von Hardt, dessen Burg durch seinen Hofkaplan Albin von Radewitz ungefragt zum Austragungsort des anstehenden Duells gemacht worden war, hatte es sich nicht nehmen lassen das Geschehen aus der ersten Reihe zu betrachten. Er hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er dem Pfortensteiner Rondras Segen wünschte, hatten sich die Erlenfaller in der Fehde doch erdreistet, kaiserliche Güter in Randersburg anzugreifen, die von einem Pfortensteiner Verbündeten verwaltet wurden.

Neben dem Pfalzgrafen zu seiner Linken stand mit Ritter Wulfhelm von Keilholtz eben jener Ritter, der das überfallene Gut Blaustein erst vor Jahresfrist aus des Pfalzgrafen Hand erhalten hatte. Auch seine Gattin, die Ritterin Jeswine von Pfortenstein, hatte sich eingefunden. Sie war nicht nur ebenfalls eine ehemalige Hausritterin des Pfalzgrafen, sondern wie ihr auf Grund der vielen Blicke noch einmal sehr bewusst wurde, auch der Auslöser für die Fehde, die hier und heute beendet werden sollte. Auf der anderen Seite des Pfalzgrafen hatte sich Sigman von Karrenstein aufgebaut, Vogt der Randersburger Lande und loyaler Gefolgsmann aus dessen Windhager Zeiten. Direkt neben ihm stand der Kommandant der Wache, Hagen von Rallerau, und hatte ein aufmerksames Auge auf alles und jeden. Die Menschenmenge und das Spektakel beunruhigten ihn, machten sie ihm doch seine Aufgabe, den Schutz des Pfalzgrafen und der Burg, nicht gerade einfach. Aus der Baronie Schwarztannen hatte sich auch die Rondra-Geweihte Elerea ni Rian eingefunden, um den Zweikampf als Zeugin für Junker Emmerans Lehnsherren, den Baron Drego von Altjachtern, zu beobachten.

Schließlich trat Seine Gnaden Albin von Radewitz aus der kleinen Rondra-Kapelle, welche sich seitlich an die Mauer des inneren Burghofes schmiegte. Hinter ihm kamen die beiden Duellanten sowie deren Sekundanten, Ritter Ardach von Windfels für den Erlenfaller und Ritterin Ryane von Rosenstein für den Pfortensteiner, welche dort die letzten Stunden im stillen Gebet verbracht hatten. Die beiden Junker waren zum Kampf gerüstet, mit Kettenhemd und Schaller angetan, sowie mit Schwert und Schild gewappnet. Emmeran und Rondradan nahmen in dem großen Kreis Aufstellung, den die Burgwachen in der Mitte des großen Hofes freigehalten hatten. Dann trat Albin von Radewitz zwischen sie und weihte in einem lauten, fast singend vorgetragenen Gebet, das kommende Duell der Herrin Rondra. Als er geendet hatte ging er zurück an die Seite der Sekundanten und gab mit einem lauten, „Es sei!“, den Kampf frei.

Rondradan von Pfortenstein entbot Emmeran von Erlenfall mit dem Schwert einen ritterlichen Gruß, den dieser wie es schien nur widerwillig und der Form halber erwiderte. Ohne zu zögern ging der Pfortensteiner hernach zum Angriff über. Eine ganze Abfolge von Schlägen prasselte auf den Schild des Erlenfallers, doch machte dieser nicht den Eindruck dabei ernsthaft in Bedrängnis zu geraten. Kurz bevor die Kämpfenden den Ring der Schaulustigen erreichten der sie umgab, brach Rondradan seine Angriffe ab und trat ein paar Schritte zurück. Emmeran wartete nicht lange und griff seinerseits fast überhastet an, in der Hoffnung seinen Gegner in der Rückwärtsbewegung zu überraschen. Doch er brachte sich damit selbst aus dem Gleichgewicht und Rondradan ließ ihn an sich vorbei stolpern. Dass der Pfortensteiner dabei die Möglichkeit eines Passierschlages gegen den kurzzeitig wehrlosen Gegner ausließ, wurde von allen Seiten mit besonderem Wohlwollen aufgenommen. Solch hohes Maß an Edelmut war in einem Kampf um Leben und Tod nicht selbstverständlich. Der Olbershager Junker wartete lange genug, bis der Erlenfaller sich gefangen hatte und griff dann erneut stürmisch an. Emmeran schien noch immer von seiner letzten Aktion verwirrt zu sein und brachte nur mit Mühe seinen Schild zwischen sich und einen sehr niedrig angesetzten Hieb Rondradans. Die plötzliche Aufwärtsbewegung die der Pfortensteiner folgen ließ, überraschte den Erlenfaller komplett und im nächsten Moment bohrte sich die Klinge kraftvoll durch das Geflecht des Kettenhemdes in Emmerans linke Schulter. Mit einem lauten Schmerzensschrei wich der Verwundete zurück und musste für einen Moment auf das Knie gehen, bevor er sich wieder fangen konnte. Rondradan wartete indes wieder ritterlich ab, bis sein Gegner Kampfbereitschaft signalisieren würde. Mehrmals versuchte der Erlenfaller seinen Schildarm zu heben, musste dies jedoch wegen zu starker Schmerzen aufgeben. Mit einer Kopfbewegung bat er seinen Sekundanten zu sich. Ritter Ardach wartete kurz das zustimmende Nicken des Geweihten ab und eilte seinem Lehnsherren dann zu Hilfe. Behutsam löste er die ledernen Riemen, mit denen der schwere Wappenschild mit den grünen Erlenblättern auf goldenem Grund am linken Arm des Junkers befestigt war. Emmeran biss auf die Zähne und wartete stoisch, bis der Ritter sich mit dem Schild vom Kampfplatz entfernt hatte. Dann wuchtete er sich wieder auf die Füße. Der linke Arm hing schlaff an der Seite und Blut troff am Handgelenk unter der Rüstung hervor.

Zur Überraschung aller straffte sich der Erlenfaller plötzlich und stürzte sich mit einem fast tierischem Brüllen auf den Pfortensteiner. Mochte der linke Arm auch unbrauchbar sein, so schien er im Schwertarm auf einmal die doppelte Kraft zu besitzen. Nur mit Mühe konnte sich Rondradan der ersten Schläge erwehren, bis ihm plötzlich das Schild zur Seite geschlagen wurde und der nächste Hieb ihm wuchtig auf den Helm knallte. Er ging benommen zu Boden und wohl nur die Erschöpfung seines Gegners, der wieder in die Knie ging und sich auf seinem Schwert abstützen musste, rettete ihm das Leben. Der Pfortensteiner rappelte sich mühsam wieder auf und versuchte sich zu orientieren. Er griff nach dem verbeulten Visier und versuchte vergeblich es zu richten. Schließlich gab er Ritterin Ryane einen Wink und diese eilte ihm zu Hilfe. Mit geübten Handgriffen löste sie den Kinnriemen und hob den Helm vorsichtig vom Kopf. Rondradan dankte ihr mit einem knappen Nicken und schickte sie zurück an die Seite des Geweihten. Der Schlag hatte ihm trotz des Helmes am Haaransatz oberhalb des rechten Auges eine große Platzwunde zugefügt, aus welcher das Blut nun über sein Gesicht floss und ins Auge tropfte. Zweimal versuchte er das Blut zu stoppen, indem er den Hemdsärmel dagegen presste, sah dann jedoch ein, dass dies eine vergebliche Mühe war. Also nahm er den roten Schleier vor dem rechten Auge hin und wand sich wieder Emmeran zu, der sich inzwischen wieder aufgerappelt hatte und abzuwarten schien.

Die nächsten Angriffe Rondradans waren auf Grund seiner Einschränkung zu unpräzise, so dass es Emmeran fast mühelos gelang, sie sämtlich zu parieren. Nach dem harten Kopftreffer schien der Pfortensteiner auch noch immer etwas benommen zu sein. Der Erlenfaller nutzte die Gelegenheit und ging selbst wieder zum Angriff über. Mehrere schnelle Schläge konnte Rondradan am Schild abgleiten lassen, den folgenden, überraschend wuchtigen Überkopfhieb fing er jedoch nur mit Mühe und unter Aufbietung aller Kraft ab, bevor die Klinge seinen ungeschützten Kopf traf. Emmeran zerrte an seinem Schwert um den Kampf fortzusetzen, doch bekam er es nicht aus dem gespaltenen Schild des Pfortensteiners herausgezogen. Mit einem lauten Ruf unterbracht Albin von Radewitz das Duell und schickte die beiden Sekundanten zu den verkeilten Kämpfern. Der Windfelser befreite das Schwert seines Herrn aus dem Schild, während Ryane dem Pfortensteiner den zerstörten Schild abnahm.

Kaum war das Duell wieder freigegeben, sprang Emmeran erneut nach vorn um den Pfortensteiner mit schnellen Hieben einzudecken. Diesmal jedoch hatte Rondradan einen Plan. Er konnte nicht viel länger durchhalten, denn das eigene Blut nahm ihm immer mehr die Sicht und er spürte wie Dere begann sich um ihn zu drehen. Rondradan hielt sich für einen geübten und zähen Kämpfer. Was für eine unmenschliche Konstitution musste dann der Erlenfaller haben, dass er mit dieser früh erlittenen stark blutenden Wunde noch immer so austeilen konnte. Der Pfortensteiner meinte indes zwischen den vorbereitenden schnellen und dem finalen wuchtigen Schlag der Angriffsserie seines Gegners eine kurze Verzögerung bemerkt zu haben, in der dieser Schwung holte. Es war riskant, aber dieses Duell musste schnell enden, sonst würde er es so oder so verlieren. Rondradan zählte nicht die Schläge. Er reagierte einfach instinktiv, ließ die gegnerische Klinge abgleiten und lockte Emmeran Schritt für Schritt hinter sich her, während er langsam zurückwich. Dann war es da, das kurze Zögern! Rondradan stemmte das Standbein in den festgestampften Boden des Burghofes, stoppte abrupt seine Rückwärtsbewegung und drückte sich ab. Das Heft des Schwertes mit beiden Händen umklammert warf er sich mit einem lauten Aufschrei nach vorn. Er spürte den Widerstand von Emmerans Kettenhemd, er spürte wie dieser nachließ und spürte einen zweiten Widerstand, bis auch der nachließ und das Schwert weiter glitt, bis auch das Heft auf Kettenglieder stieß. Dann stieß er, vom eigenen Schwung weitergetragen, mit dem Kopf heftig gegen den Helm des Erlenfallers. Schmerz durchzuckte ihn, als die Wunde an der Stirn noch weiter aufgerissen wurde und gleichsam betäubt vor Schmerz und blind vom eigenen Blut sank Rondradan zu Boden.

Für einen langen Moment war vollkommene Stille. Dann hörte er das Rauschen. Golgari kommt sich meine Seele holen dachte er. Hoffentlich würde er vor Rethon bestehen und würdig sein an Rondras Halle einzuziehen. Zumindest hatte er immer versucht so zu leben, dass ihm dies nun vergönnt sein sollte.

Das Rauschen wurde leiser und er erkannte, dass es nicht die Schwingen Golgaris waren, sondern er nur das eigene Blut in seinen Ohren rauschen hörte. Das Rauschen ließ weiter nach, dafür wurden die Rufe lauter. Rondra, Rondra, Rondra!

Er spürte, dass er auf den Rücken gebettet wurde und jemand seine Wunden untersuchte. Er war nicht tot und er spürte, dass er leben würde. Dann hörte er wie die Menge den Namen seiner Familie rief.

Man ließ ihn hochleben. Endlich! Endlich hatte er es geschafft!

Pfortenstein!