Geschichten:Die Rückkehr der Pfortensteiner - Ernteausfall

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Mitte Boron 1044 BF, Dorf Hopfelden, zur Mittagsstunde

Als Rondradan und Irion mit ihren Waffenknechten in Hopfelden eintraf, wussten sie bereits, dass sie zu spät kommen würden. Sie waren sofort aufgebrochen, als sie die Rauchsäule im Nordwesten der Burg Pfortenstein entdeckt hatten. Doch das Satteln der Pferde brauchte seine Zeit und bis sie die fünf Meilen zu dem Dorf zurückgelegt hatten, waren die Angreifer schon längst über alle Berge.

Zur Erleichterung des Junkers und des Vogtes schien der Großteil der Hütten unversehrt zu sein. Nur der große Lagerschuppen am Dorfrand brannte lichterloh und qualmte dabei fürchterlich. Vom Brunnen in der Dorfmitte hatte sich eine Menschenkette gebildet die hastig und unter Aufbietung aller Kräfte und im Dorf verfügbaren Eimer versuchte, von dem Gebäude zu retten was möglich war. Doch war es offensichtlich, dass sie höchstens noch verhindern konnten, dass das Feuer auf benachbarte Hütten übergriff. Die Scheune selbst war verloren. Beim Anblick der Reiter ließen einige der Dörfler vor Schreck die Eimer fallen und schienen sich zur Flucht wenden zu wollen. Dann aber erkannten sie das Wappen ihres Lehnsherrn und setzten ihre Arbeit fort. Nur eine ältere Frau löste sich aus der Menge und hielt auf die Ankömmlinge zu.

Rondradan sprang förmlich aus dem Sattel und trat ihr entgegen. Im Gesicht der Frau zeichneten sich Schrammen und Wunden ab, als wäre sie erst kürzlich gestürzt oder geschlagen worden. „Schulzin Meierhofer, was ist hier passiert?“

„Raubritter, hoher Herr!“ Sie deutete auf das Lagerhaus und griff verzweifelt seine Hand. „Ein gutes Dutzend Herr, gerüstet und mit blanken Schwertern kamen sie ins Dorf geritten. Sie haben gestohlen was von der Hopfenernte schon getrocknet und in Säcke verpackt war. Zwei Maultiere haben sie auch mitgenommen. Dann haben sie das Feuer gelegt. Damit der Rest schneller trocken wird, hat diese unverschämte Person noch gesagt! Die ganze Ernte ist verloren Herr!“

„Konntet ihr irgendetwas retten?“

„Die Erntegeräte und Werkzeuge aus dem rückwärtigen Schuppen, Herr. Aber die Ernte Herr, die Ernte ist gänzlich verloren.“ Erschöpft wollte sie zusammensinken, doch Rondradan hielt sie mit festem Griff auf den Beinen.

„Habt ihr irgendetwas oder irgendjemanden erkannt? Wappen? Farben?“

Gequält sah die ältere Frau auf und zog nachdenklich die Stirn kraus. „Die Meisten schienen Waffenknechte, so wie die euren. Aber eine ältere Ritterin mit einem Dachs auf ihrem Wappenrock fiel mir auf. Ein Ritter war auch noch dabei. Auf seinem Schild waren ein rotes Einhorn und ein weißer Baum. Er meinte er hole sich zurück was ihm zustehe. Aber das Sagen hatte diese unverschämte junge Ritterin. Hatte ein paar grüne Blätter auf ihrem gelben Schild. Sie war es auch die mich mit ihrem eisernen Handschuh niedergeschlagen hat, als ich verhindern wollte, dass sie die Fackeln in die Scheune werfen.“

Rondradan sah sich zu seinem Vetter Irion um, der schweigend zugehört hatte und nun bedächtig nickte.

Dachshag, Windfels und Erlenfall. Junker Emmeran hat offenbar seine Vasallen losgeschickt. Das Gör könnte seine Tochter oder seine Nichte gewesen sein. Die sind etwa im gleichen Alter.“

„Wie lange sind sie schon weg?“ Rondradan wandte sich wieder an die Schulzin. „In welche Richtung sind sie geritten?“

„Nach Südosten Herr, quer über die Felder. So wie sie gekommen sind.“ Sie zeigte müde zwischen ein paar Hütten vorbei auf die abgeernteten Hopfenfelder. „Es mag schon über ein Stundenglas her sein, dass sie abgezogen sind.“

Rondradan schätzte, dass einige Meilen weiter in der angezeigten Richtung das benachbarte Junkertum Rallertal liegen musste, hinter dem bereits die kaiserlichen Lande der Pfalz Randersburg begannen. Selbst mit den zwei vollbepackten Maultieren im Schlepp, konnten sie die Rallerspforter Gemarkungen inzwischen verlassen haben.

„Die holen wir nicht mehr ein“, meinte Irion sachlich. Der Ritter schien den gleichen Gedanken gehabt zu haben wie sein Familienoberhaupt. „Wenn sie in Randersburg sind, sind sie für uns unangreifbar. Lass uns hier retten was zu retten ist. Wir revanchieren uns später.“

Damit gab er den Pfortensteiner Waffenknechten das Zeichen abzusteigen. Gemeinsam rissen sie die brennenden Balken und Bretter auseinander, während die Dörfler weiter Löschwasser herbeitrugen. Zwei Stunden später war von der Trockenscheune nichts als ein Haufen verkohlter Reste übrig. Die Bauern würden den Winter über zu tun haben eine neue zu errichten. Auch die Flurschäden, welche die Reiter in den Feldern hinterlassen hatten, mussten noch behoben werden. Doch zumindest hatten sie verhindert, dass der Rest des Dorfes Schaden nahm.