Geschichten:Spuren von Purpur - Aufbruch nach Erlenstamm

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Burg Trollhammer, 20.Efferd 1044: „Heee, vorsichtig mit dieser Kiste! Da sind mein Schminkzeug und die Duftwässerchen drin. Sollte auch nur ein einziges Tiegelchen zerbrechen, mache ich dich persönlich verantwortlich. Hast du mich verstanden?“

„Ja, junge Herrin! Ich werde vorsichtiger sein.“

Die Dienstmagd Rosamunde war dabei, gemeinsam mit ein paar anderen Bediensteten die vielen Gepäckstücke der jungen Herrschaften auf die Reisekutsche des Barons zu verladen. Wobei das Verhältnis recht unausgeglichen war: während Ludolf nur zwei Taschen mit Gewändern benötigte, war die Menge an Kisten, Körben, Säcken und Reisetaschen der jungen Dame Irnfrede gewaltig. Und nun passte sie noch dazu auf wie ein Sonnenluchs, dass auch alles richtig und ordentlich verstaut wurde. Das Dach der Kutsche war schon mit mehreren Lagen Gepäck bedeckt. Der arme Kutscher, der später die steilen Serpentinen nach Samlor herabfahren müsste, tat ihr jetzt schon leid.

Mit leicht spöttischer Miene trat Ludolf an Irnfrede heran. „Na, hast du alles im Griff, Cousinchen?“

„Ludolf? Puh, du hast mich ganz schön erschreckt! Naja, so wie die mit meinen Sachen umgehen… ich habe keine Lust nur noch Scherben vorzufinden, wenn wir ankommen.“

„Die Reise wird gerade mal drei Tage dauern, und du hast genug Gepäck dabei für eine Expedition ins Nivesenland. Glaubst du denn nicht, dass wir am Hofe meiner künftigen Gemahlin mit allem Nötigen versorgt werden?“

„Pfff, wer weiß schon, was die da so für seltsame Geschmäcker haben da drüben im Osten. Ich habe mich jedenfalls nur auf das Allernötigste beschränkt. Also alles, worauf ich keinesfalls verzichten kann.“

"Kleider aus Seide und Brokat, dicke Decken aus weichsten Fellen, Vorhänge aus Purpur und kistenweise Schuhe und Stiefel ... meinst du nicht, dass du es etwas übertreibst?" Ludolf verdrehte die Augen, doch Irnfrede ließ sich nicht beirren.

Trenner Garetien.svg

Derweil sprach Nimmgalf in der Wachstube zu einem seiner Burgritter: „Geromel, ich habe dich als Geleitschutz für die Reise meiner Tochter und meines Neffen ausgesucht! Du bist für ihre persönliche Sicherheit verantwortlich. In Samlor wird dir Tsaiane noch zwei weitere berittene Schützen als Eskorte mitgeben. Die Reise führt zu großen Teilen durch Kaisermärker Gebiet, und die Streitigkeiten mit Reichsforst aus der letzten Fehde liegen erst wenige Monde zurück. Es ist nicht auszuschließen, dass sich manch einer an uns rächen will, oder ähnlich Übles im Schilde führt. Bleib dann auch nach der Reise an ihrer Seite, ich möchte, dass sie sich stets sicher fühlt.“ „Jawohl, Herr! Ich werde mit meinem Leben für ihre Sicherheit garantieren!“ antwortete der große Recke pflichtbewußt. „Ich vertraue dir, Geromel! Du warst immer einer der treuesten und tapfersten Ritter an meinem Hof. Daher wüsste ich keinen, dem ich die Sicherheit meiner Tochter eher anvertrauen würde als dir.“ „Ich werde Euch nicht enttäuschen, Herr!“

Trenner Garetien.svg

„Gib auf dich Acht, mein Kind, und mach der Familie alle Ehre!“ Ederlinde drückte ihre Tochter noch einmal lange und innig. Sie würde Irnfrede, die schon bald ihr erstes Lehen in der Schlunder Baronie Erlenstamm erhalten würde, nun wohl längere Zeit nicht mehr sehen. Ihr war bewusst, dass sie noch eine Weile brauchen würde, um sich daran zu gewöhnen, dass ihre Tochter ‚fort‘ ist.

Auch Nimmgalf nahm schließlich Abschied von ihr, nachdem er sich zuvor schon von seinem Neffen Ludolf verabschiedet hatte. Auch wenn Erlenstamm nur ein paar Tagesreisen entfernt war und so wie Hirschfurten gleich an die Kaisermark angrenzte, so war es doch eine Trennung, die auch ihm nicht leicht fiel. Er hatte seine Stieftochter, die er schon in jungen Jahren adoptiert hatte, so sehr ins Herz geschlossen als wäre sie sein eigenes Kind.

„Pass gut auf dich auf, Irnfrede! Es gibt überall Neider, Opportunisten und andere von niederer Gesinnung. Lass dich nicht täuschen oder ausnutzen. Du trägst gleich zwei hohe Namen, alleine dies mag der Grund für falsche Freundlichkeit deiner Mitmenschen sein. Sei dir dessen stets bewusst, und wähle gut, wem du dein Vertrauen schenkst. Zur Not kannst du immer auf deine Familie zählen.“

„Ich danke dir für alles, Vater, und werde deinen Rat im Herzen tragen!“ antwortete Irnfrede und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

„Also dann, die Kutsche ist inzwischen abfahrbereit! Ich werde dir meinen Ritter Geromel als Geleitschutz mitgeben. Er ist mein bester Mann. Wenn es um die Sicherheit geht, solltest du unbedingt auf ihn hören!“

Irnfrede spürte, wie ihr Herz plötzlich heftiger zu pochen begann. „G… Geromel? Geromel von Talbach?“

„Ja! Was ist denn mit ihm?“ Nimmgalf zog eine Augenbraue hoch.

„Nichts… gar nichts! Das ist toll, Vater!“ lächelte sie. Irnfrede spürte, wie sie leicht errötete.

„Nun gut. Dann noch eine gute Reise. Und schreib mir mal aus Erlenstamm!“

„Mache ich, Vater! Auf Wiedersehen, Mutter! Ich komme Euch bald wieder besuchen. Lebt wohl.“

Nimmgalf drückte Ederlindes Hand als die Kutsche langsam vom Hof rumpelte. Bei ihr kullerten schon ein paar Tränen über die Wangen und auch der Baron konnte nur mühsam die Fassung bewahren.