Geschichten:Die Schlacht um Puleth Teil 5

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Im Hinterzimmer der Taverne „Heldeneinkehr“ am selben Abend


Kurze Zeit später saßen die beiden Verhandlungsführer sich an einem länglichen Tisch im Hinterzimmer der Taverne gegenüber. Man überprüfte ein letztes Mal seine Berechtigungen und alsdann ergriff Hadrumir das Wort:

„Also, wir wissen beide, dass im Westen diese Varena von Mersingen in Puleth sitzt. Ihr Griff umklammert nicht nur die Grafschaft Waldstein, sondern ebenso Hartsteen. Momentan zerreißen wir uns aber gegenseitig in Streitereien.“

Innerlich dankte Hadrumir seinem Vetter dafür, dass er ihm die Worte so gut vorgelegt hatte. „Wenn wir weiterhin gegeneinander kämpfen, ist die da drüben in Puleth am Ende die Siegerin. Deshalb hat Graf Geismar beschlossen, einen Angriff auf Puleth zu wagen. Dafür fordert er die Lehenstreue seiner Vasallen ein. Ihr, und auch der Baron Luidor von Hartsteen habt ihn zu unterstützen. Ihr, die ihr dem Hartsteener folgt, seid Lehensleute Geismars, als solchem seid ihr ihm untertan. Deshalb stellt der Graf einem jedem der abtrünnigen Ritter einen Schulderlass in Aussicht.“

Der Windischgrützer lächelte Hadrumir nur an: „Wenn das alles ist, was uns der Graf zu sagen hat, dann denke ich, können wir das Gespräch an dieser Stelle beenden. Wir folgen nur einem Grafen – dem rechtmäßigen, und das ist Luidor von Hartsteen.“

„Ihr vergesst dabei aber eines. Für Euch sind die Quintian-Quandts und Geismar ein Übel. Aber war es nicht so, dass die Quintian-Quandts zum Wohle der Grafschaft handelten? Sie waren schon immer da und werden es auch bleiben. Die Mersingerin möchte jedoch unser schönes Hartsteen auspressen, es zerquetschen und dann sterbend in den Staub treten. Sie sitzt wie die Made im Speck und die Menschen in dieser Grafschaft müssen unter dieser Despotin leiden. Wollt Ihr das weiterhin zulassen? Wollt Ihr weiterhin nur dasitzen und zu schauen, wie sich diese Obristin aus den Schwarzen Landen wie ein Parasit ausbreitet?“

Hadrumir bemerkte wie der Windischgrützer über die Worte nachdachte.

Kelnian war etwas ins Stocken geraten. Der Graf hatte ihm geraten, kein Deut nachzugeben, wenn von Seiten Geismars nicht ein eindeutiges Zeichen des Einlenkens zu vernehmen war, aber andererseits hatte der Schwingenfelser Recht mit seiner Rede. Es waren vor allem die Menschen der Grafschaft, die unter der Despotin in Puleth zu leiden hatten. Er musste einen Weg finden, den Schwingenfelser zu Zugeständnissen zu bringen. „Was sollte Graf Luidor davon haben, dass er ein solches Vorhaben unterstützt. Ich meine, die Bauern tauschen einen Despoten gegen einen anderen? Was also hat seine Hochwohlgeboren Luidor davon?“

Hadrumir holte tief Luft, schaute dann noch einmal seine beiden Begleiter an und sagte: „Dreihundert Dukaten je hundert angefangene Kämpfer!“

Die Worte lagen wie Blei in der Luft. Und je länger der Grützer schwieg, desto heißer wurde es Hadrumir.

Endlich brach Kelnian das Schweigen: „Und das soll Alles sein?!“

Der Anflug von Enttäuschung schien nicht einmal gespielt zu sein. Kelnian beugte sich leicht nach vorne und schaute Hadrumir eingehend an. „Das ist kein Angebot, das ist eine Beleidigung, das wisst Ihr.“ Seine Stimme war leise und bestimmt. „Der Graf von Hartsteen ist kein Söldnerführer, der sein eigenes Land für schnödes Gold verteidigt. Er sorgt sich um seine Hartsteener Leute. Allein der Umstand, dass er überhaupt bereit ist mit einem Thronräuber und Muttermörder…“

Hadrumir zischte scharf: „Achtet auf Eure Zunge, Grützer!“

„Der Umstand, dass er es überhaupt in Erwägung zieht mit Geismar zu verhandeln, beweist seine hehren Absichten. Wenn es allein ums Geld ginge, dann hätte Geismar auch die goldene Lanze rufen können, oder die Hunde aus Höllenwall. Oder meint er etwa, er bekomme Luidor von Hartsteen zum Spottpreis, weil dieser ein echtes Interesse an der Sache nimmt?“

„Ihr vergesst, dass Ihr Graf Geismar Eure Lehenstreue schuldet. Unter normalen Umständen würden wir hier nicht sitzen und schachern! Für beide – Graf Geismar und auch Luidor – ist diese Situation nicht zufriedenstellend. Graf Geismar ist jedoch bereit, Luidor einen gewissen Ersatz für seine Bemühungen in dieser Sache zu zahlen und Ihr erdreistet Euch ein solches Angebot mit Füßen zu treten.“

Hadrumir hatte sich bedrohlich aufgerichtet. Ihm gefiel die Sache mittlerweile überhaupt nicht mehr.

Der Grützer sprach mit leiser Stimme: „Ich sagte bereits, dass der Graf von Hartsteen kein Söldnerführer ist!“

„Ich weiss, dass Luidor von Hartsteen kein Söldnerführer ist! Ihr braucht Euch nicht zu wiederholen! Ich habe gute Ohren.“ warf Hadrumir schnell dazwischen. „Es ist auch nicht die Absicht ihn als solchen dastehen zu lassen. Was denkt Ihr, weshalb sich Graf Geismar an ihn wendet? Ihr sagtet zu Recht, dass man sich doch an die Goldene Lanze wenden solle. Aber keiner der Goldenen Lanze hängt an den Menschen Hartsteens wie Luidor von Hartsteen. Ihr sagt es selbst, dass er sich um seine Hartsteener Leute sorgt. Glaubt Ihr wirklich, dass irgendeiner der Goldenen Lanze sich so sehr mit diesem Feldzug identifizieren könnte, wie dies Luidor tut? Und das weiss Graf Geismar eben. Deshalb wendet er sich doch an Luidor und ist bereit, die Fehde für diese Zeit ruhen zu lassen. Er will Luidor mitnichten wie einen Söldner kaufen, sondern er möchte sich für das Entgegenkommen bedanken. Beide – sowohl Luidor als auch Geismar – sehen doch die Bedrohung durch diese Varena von Mersingen. Beide wollen etwas gegen Sie unternehmen, doch alleine hat keiner von ihnen die Möglichkeit, es zu schaffen. Eine solche Tat kann nur zusammen vollbracht werden. Lasst uns doch diese Streitigkeiten einmal vergessen. Wenn wir nicht handeln, sind beide am Ende die Verlierer. Graf Geismar ist durchaus bereit, Euch entgegen zu kommen. Ich sagte bereits, dass er jedem von Euch, einen Schulderlass in Aussicht stellt. Und er wird sich auch gegenüber dem Hartsteener erkenntlich zeigen. Doch solltet Ihr dafür vielleicht einmal ein Gegenangebot machen?“