Geschichten:Die Schlacht um Puleth Teil 3

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Burg Feidewald – fünf Tage später


Hadrumir hatte zwei Kämpfer als Eskorte mitgenommen – seinen alten Freund Raul sowie Halman. Jetzt hatte er die Burg des Grafen erreicht. Hadrumir war niemand, der sich von irgendetwas schnell aus der Ruhe bringen ließ, trotzdem war ihm nicht ganz wohl beim Anblick der Burg. Er führte sein Pferd mit einem Schenkeldruck zum Tor der Burg.

Ludorand von Schwingenfels war die Ankunft seines Vetters von einer Wache mitgeteilt worden. Er verließ sein Zimmer und ging auf den Hof von Burg Feidewald. Hadrumir gab die Zügel seines Pferdes an einen herbeieilenden Pagen und ging auf seinen Vetter zu, der gerade den Hof betreten hatte.

„Die Zwölfe mit Dir, Ludorand.“

„Die Zwölfe auch mit Dir, Hadrumir.“

Ungefähr eine Stunde später hatte man Hadrumir ein Zimmer gewiesen. Nun suchte er seinen Vetter auf, welcher sich wieder in sein Zimmer zurückgezogen hatte. Er klopfte energisch an der Tür.

„Herein!“

Hadrumir betrat das Zimmer.

„Hadrumir, ist irgendetwas nicht in Ordnung?“

„Weshalb hast du mich rufen lassen? Was sind das für Verhandlungen, von denen du geredet hast?“

fragte Hadrumir direkt. Ludorand seufzte leise. Wieso musste Hadrumir immer so direkt sein? Er wollte häufig mit dem Kopf durch die Wand.

„Hadrumir, du bist gerade erst angekommen. Lass uns Ruhe bewahren! Wir können jetzt nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Bleib ruhig! Ich werde dich schon noch früh genug instruieren.“

Hadrumir war frustriert. Ihm gefiel die Sache immer weniger. Sein Vetter war ihm voraus. Anscheinend spielte Ludorand hier ein Spiel, dessen Regeln er noch nicht ganz verstanden hatte. Zähneknirschend begab er sich auf das ihm zugewiesene Zimmer. Zu sich selbst sprach er: „Bleib ruhig, Hadrumir. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“

Endlich hatte sich Ludorand dazu herabgelassen, sich mit Hadrumir zusammen zu setzen. Er schenkte Hadrumir ein wenig Balihoer Bärentod ein. Hadrumir musste sich über seinen Vetter wundern. Phex allein wusste, woher er den besorgt hatte. Er kannte Hadrumir doch besser, als Hadrumir dachte, sonst wüsste er nicht von der Vorliebe Hadrumirs für den Bärentod.

„Also?“ fragte Hadrumir herausfordernd.

Ludorand begann in ausufernden Worten über die momentane Situation des Grafen Geismar zu berichten. Und ebenfalls über die Situation in Puleth, welches von einer Obristin aus den Schwarzen Landen gehalten wurde. Hadrumirs Auftrag war so einfach formuliert wie seine Umsetzung schwer war: er sollte ein Waffenbündnis mit Luidors Leuten erreichen, damit der gemeinsame Feind in Puleth besiegt werde konnte. Es waren bereits Ort und Zeitpunkt des Treffens abgesprochen worden zwischen den beiden befehdeten Grafen. Hadrumir würde der alleinige Gesandte von Feidewald sein und sich in einem geheimen Treffen unweit von Hartsteen mit Luidors Kontaktmann treffen.

Hadrumir hatte sich die Worte Ludorands erst einmal angehört, doch nun wurde er hellhörig: „Mit wem werden wir es zu tun haben?“

„Das weiß ich nicht.“

„Wissen die Hartsteener, dass ich komme?“

Ludorand schüttelte den Kopf: „Nein, der Graf hat nur von einem Gesandten mit entsprechenden Befugnissen gesprochen, nicht von dir im speziellen.“

Hadrumir nickte. „Und wie werde ich mich als Gesandter ausweisen?“

Ludorand öffnete eine Schublade und holte einen Ring sowie einen Brief hervor. Der Ring und das Siegel zeigten das Wappen Graf Geismars. „Graf Geismar überlässt Dir diesen Ring und folgenden gesiegelten Brief. Er wiederholt darin seine Anfrage und erteilt Dir für die Verhandlungen die nötigen Erlaubnisse.“

Hadrumir nahm einen Schluck vom Bärentod, nur um festzustellen, dass dies der letzte im Glas war. Phex verflucht, sein Vetter machte keine Anstalten, ihm nachzuschenken. „Also, ich reite da hin und rede mit dem Gesandten des Hartsteeners. So weit, so gut. Aber macht sich der Graf mit diesem Angebot nicht angreifbar. Ich meine, durch diese Verhandlungen, erkennt er die Ansprüche des Hartsteeners doch an.“

„Du darfst auf keinem Fall diesen Eindruck entstehen lassen!“ warf Ludorand erbost ein. „Dem Hartsteener darf nicht das Gefühl vermittelt werden, dass Geismar seine Ansprüche für gerecht erachtet. Die Ritter, die Luidor folgen, sind Lehensleute Geismars, als solchem sind sie ihm untertan. Deshalb stellt Geismar für die abtrün¬nigen Ritter einen Schulderlass in Aussicht. Auch wird er keinen Forderungen nach Ländereien oder Burgen nachkommen. Erinnere sie stattdessen an ihre Lehenspflicht!“

Hadrumir überlegte einen Moment, ehe er in lauerndem Ton entgegnete: „Jetzt mal ehrlich: Würdest du auf ein solches Angebot eingehen? Wenn ich in der Lage der Hartsteener Gefolgsleute wäre, dann würde ich auf dem Absatz kehrt machen. In dem diese Leute den Hartsteener unterstützen, haben sie mehr Vorteile als durch einen Schulderlass von Seiten des Grafen.“

Ludorand bemerkte, dass er seinem Vetter nichts vormachen konnte. Hadrumir war sich der Situation durchaus bewusst. „Appellier den Hartsteener an seine Verpflichtung. Er ist in seinem tiefsten Herzen mit den Menschen und Leuten der Grafschaft verbunden. Es mag zwar sein, dass er Geismars Anspruch für unrechtmäßig erachtet. Aber die Quintian-Quandts sind mit der langen Geschichte Hartsteens eng verbunden. Die da in Puleth allerdings ist von Außen her eingefallen und zudem noch aus den schwarzen Landen. Es ist Luidors Pflicht gegenüber den Hartsteener Menschen und Bauern sie vor solchen Fremden zu schützen.“

Die Worte seines Vetters ergaben durchaus Sinn. Doch Hadrumir wusste, dass keiner solche Forderungen ohne Gegenleistungen erfüllen würde. Wenn er dem Hartsteener diese Vorschläge unterbreiten würde, dann würde er ebenfalls Forderungen stellen. Das musste doch auch Ludorand aufgefallen sein. Insgeheim hatte er Respekt vor seinem Vetter bekommen. Er schien tatsächlich langsam das Spiel der Politik zu beherrschen.

„Wer wird denn eigentlich den Oberbefehl über die Truppen haben? Unsere Seite oder der Hartsteener? Ich meine, der Hartsteener wird sicherlich Forderungen stellen und ich könnte mir vorstellen, dass er den Oberbefehl über die Truppen haben will.“

„Ich sagte dir ja bereits, dass du auf gar keinem Fall auch nur einen Schritt machen darfst, der dem Hartsteener das Gefühl vermittelt, dass Geismar seine Ansprüche für gerecht erachtet. Wenn der Hartsteener Gold fordert für seine Bemühungen, dann kann man ihm dies entsprechend geben. Auch wenn die Forderungen überzogen sein mögen. Es ist Deine Aufgabe, solche Dinge auf ein vernünftiges Maß zu bringen. Wenn es ganz schlecht laufen sollte, dann hat der Graf zugestimmt, seinem „Gast“ Elvena von Hartsteen, der ehemaligen Vögtin von Feidewald, die Abreise zu gestatten. Das ist insofern ein großer Schritt, weil sie eine Tochter von Malmbert von Schwingenfels ist und viel über unsere Familie weiß, auch wo etwaige Schwachstellen sein könnten…“

Die beiden Vettern tauschten vielsagende Blicke miteinander. Hadrumir gefiel der Gedanke überhaupt nicht.

Ludorand ließ sich nicht anmerken, was er davon hielt und fuhr ungerührt fort: „Wenn ihm das noch nicht reichen sollte, dann muss man ihm zusichern, dass von der gräflichen Seite aus keine ungerechtfertigten Forderungen mehr an seine Leute gestellt werden und man versucht die Raubritter innerhalb Hartsteens zu zügeln und ihrer gerechten Strafe zu kommen zu lassen. Du siehst also, weshalb man Dich als Unterhändler schickt. Dein Name ist dem Hartsteener bereits ein Begriff.“

Jetzt gefiel Hadrumir die Sache erst recht nicht mehr. Er hatte dabei ein ganz mieses Gefühl.

Ludorand beugte sich ein wenig über den Tisch. „Hadrumir, ich brauche dir wohl nicht zu sagen, wie wichtig diese ganze Sache ist. Wir wissen so gut wie nichts über die Truppenstärke der Schwarzobristin. Wir brauchen so viele Leute wie möglich vom Hartsteener. Nur so können wir das ganze erfolgreich beenden.“

Es dauerte bis tief in die Nacht, bis Ludorand seinem Vetter genau über seinen Auftrag in Kenntnis gesetzt hatte. Als Hadrumir das Zimmer verlies, war er sicher, dass Ludorand alles getan hatte, um ihn ausgiebig zu informieren. Sie hatten lange noch über Details gesprochen. Müde ging Hadrumir auf sein Zimmer. Auf ihn würde ein hartes Stück Arbeit warten.