Geschichten:Heimkehr nach Erlenstamm
28. Firun 1045 BF
Endlich hatten sie ihr Ziel Burg Erlenstamm erreicht. Die Rückreise war aufgrund der schlechten Wetterlage deutlich anstrengender geworden als noch die Hinreise, und gerade jetzt schneite es sehr stark und sie waren ziemlich durchgefroren. Nun kam endlich ihre Burg in Sicht, und Irnfrede konnte nochmal in Ruhe über die vielen Erlebnisse ihrer langen Reise nachdenken.
Nachdem sie Geromel aus dem Wasser gezogen hatten, war er kurz darauf in ihren Armen gestorben, was ihr regelrecht das Herz gebrochen hatte. In ihrer Verzweiflung wollte sie sich gar selbst den Haien zum Fraß vorwerfen, doch die anderen konnten sie so gerade noch davon abhalten. Nachdem sie dann endlich das Ufer erreicht hatten, hatten sie Geromels Leichnam auf dem Boronanger Al'Anfas beerdigt. Sie waren überrascht, wieviele Einwohner der Stadt ihrem gefallenen Gladiator die letzte Ehre erweisen wollten, war er in ihren Augen doch nicht als Sklave, sondern als Held gestorben. Doch danach hatte sie nichts mehr in dieser verruchten Stadt halten können. Irnfrede wollte so schnell wie möglich wieder heim.
Anfang Hesinde hatten sie eine Passage gen Norden auf einem Kaufmannssegler aus Aranien gebucht, der sie dann bis Khunchom mitgenommen hatte. Dort konnte sie ihr auf dem Hinweg in Auftrag gegebenes Instrument abholen: eine prächtige Zitar, welche sie dann auf dem Seeweg bis nach Perricum gebracht hatten. Aufgrund der Größe des Instrumentes hatten sie gleich nach der Ankunft in Perricum ein Maultier für den Weitertransport in die Heimat erworben. Dennoch gestaltete sich der Transport schwierig. Nur wie durch ein Wunder konnte es ohne größere Beschädigung sicher heimgebracht werden. Doch die Mühe hatte sich gelohnt: es diente Irnfrede nicht nur als exotische Bereicherung ihres Musikzimmers, sondern gleichzeitig auch als Ausrede dafür so lange fortgeblieben zu sein. Schließlich musste das Instrument ja erst aufwendig angefertig werden. Ihr Vater würde wütend sein, wenn er die Rechnung zu Gesicht bekam, doch das war ihr jetzt erstmal noch egal.
Schließlich erreichten sie die Burg, wo sie von Josmin und Lachwige sowie von den anderen Bediensteten freudig in Empfang genommen wurden. Irnfrede versuchte ihnen ebenfalls eine gewisse Fröhlicheit entgegenzubringen, doch wollte ihr es nicht so recht gelingen. Deswegen verabschiedete sie sich auch recht schnell von der Willkommensfeier und wollte etwas Zeit für sich alleine haben, während Ernhelm und die anderen noch weiter feierten, und vieles, aber nicht alles, von ihrer langen Reise berichteten.
Sie hatte sehr viel gewagt, sogar ihr Leben riskiert, doch am Ende hatte Sie Geromel verloren. Es saß wie eine tiefe Wunde in ihrem Herzen, aber dennoch war es ihr lieber nun Gewissheit über sein Schicksal zu haben, als in ständiger Ungewissheit leben zu müssen. Und immerhin hatte sie alles versucht, um ihn zu retten. Doch hatten die Götter es wohl anders entschieden.
Sie lang eine ganze Weile lang ruhig atmend auf ihrem Bett alleine mit ihren Gedanken und weinte leise.
Bald schon würde sie nochmal ihr Kind auf Burg Freudenstein besuchen, wenn die Strassen besser passierbar waren. Der kleine Junge war das letzte, was ihr noch von Geromel geblieben war. Und eines Tages, würde er erfahren, dass sein wirklicher Vater der mutigeste Mann war, den sie je gekannt hatte. Das hatte sie sich fest vorgenommen.
ENDE
| ◅ | Abschied unter Tränen |
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