Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Rosskuppe für den eiligen Besucher

Aus GaretienWiki
Version vom 25. Januar 2014, 08:55 Uhr von VerschiebeBot (D | B) (Textersetzung - „{{#set:Erstellt am=(.*)}} {{#set:Seitenersteller ist=(.*)}}“ durch „“)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Breitenau

Markgräflicher Marstall in der Baronie Hexenhain

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae


Als sie das Essen beendet hatten, räumten die Reiffenberger alles schnell zusammen, ließen es aber auf dem provisorischen Tisch stehen. „Das nehmen Alrik und seine Jungs nachher mit. Lasst uns los, wir sollten das schöne Wetter nutzen“, meinte Renzi und ging leicht hinkend zu ihrem Rappen.

Auch die anderen hatten den letzten Bissen gerade mit einem Schluck leicht säuerlich Weines herunter gespült. Als alle auf Ihren Pferden saßen, übernahm Gerbald die Führung.

Ardo und Mechthild reihten sich ein. Ardo hielt sich bei Gerbald und Urion, während seine Knappin mit den Zwillingen ritt. Mechthild war zuerst ein wenig verlegen, weil selbst die beiden halb so alten Kinder bessere Pferde ritten als sie. Aber sie erinnerte sich auch an das Lob von Urion, dass er ihr vor kaum einer Stunde ausgesprochen hatte. Wenn der Rittmeister ihre Reitkünste für gut befand, dann war ihr das mehr wert als auf einem edlen Ross zu sitzen. Wenn sie erst Junkerin war, wollte sie aber unbedingt auch so ein Tier haben, dass ohne Furcht zu zeigen durch Feuer gehen konnte.

Sie ritten den Weg weiter gen Praios und bogen an einem Grenzstein, welcher am Wegesrand halb von hohem Gras verdeckt stand, gen Rahja ab. „Hier endet der Grund des markgräflichen Lehens und wir würden gen Praios nach Ährenfeld kommen, einem Rittergut und Weiler welches zu Hexenhain gehört. Aber ihr wollt ja noch Rosskuppe kennenlernen.“ Gerbald trieb seinen Rappen nun abseits des Weges auf die Wiesen und spornte ihn zu einem leichten Trab an. Sie ritten in einem weiten Bogen wieder firunwärts.

Auf beiden Seiten ihres Weges erblickte Ardo blühende Wiesen und saftige Weiden. Nur hin und wieder gab es kleine Baumgruppen, die wie Inseln aus der Landschaft ragten. Nur zwei Tagesreisen entfernt, war Hexenhain doch so ganz anders als seine Baronie im Reichsforst. Solch große freie Flächen würde man dort vergeblich suchen. Zu seiner Freude schien die Landschaft heil und vollkommen erholt von den verheerenden Orkzügen der letzten Jahrzehnte. BOROMIL unter ihm machte ebenfalls den Eindruck, dass er den Ausritt aus vollen Zügen zu genoss. Das gemächliche Tempo stellte für das junge Schlachtross keine Herausforderung dar und Ardo musste ihn zuweilen zügeln wenn er seine Kräfte zu sehr spielen ließ.

Schließlich näherten sie sich jenem kleinen Weiler, den Ardo und Mechthild bereits gestern in der Dämmerung kurz gesehen hatten. Der Weiler schmiegte sich in das Tal des Perlenbaches, welcher in einiger Entfernung vorbeifloss. Die acht Höfe, alles mittelgroße Bauernhöfe in der für Greifenfurt so typischen Bauweise, lagen in einem Kreis um einen Platz, auf dem ein großer uralter Eichenbaum neben einem kleinen Gasthaus stand. Etwas außerhalb lag ein weiterer aber größerer und teilweise befestigter Vierseithof.

Als sie den Innenhof erreicht hatten, konnte man erkennen, dass überall noch rege Bautätigkeit herrschte. Die Gäste konnten erkennen, das neben wenigen anderen nur das Hauptgebäude fertiggestellt war.

Renzi ritt ein Stück vor: „Nun auch auf dem Edlengut Rosskuppe ein herzliches Willkommen. Auch dieses wurde wie der Marstall vollkommen zerstört und befindet sich im Wiederaufbau. Gerbald und Urion hatten in den letzten Jahren allerdings nicht die Zeit und die notwendigen Mittel um Marstall und Gut wieder aufzubauen. Jetzt, wo der Marstall wieder auf eigenen Beinen steht, können wir endlich auch die Frondienste der Bauern und Handwerker auf dem Gut abverlangen. Da meine Eltern, der Baron und die Baronin von Hesindelburg, uns zu unserem Traviabund auch eine kleine Herde von tobrischen Schafen geschenkt haben, haben wir hier eine kleine Zucht begonnen. Ferner haben wir aus Hesindelburg auch eine torbrische Weberfamilie bekommen, die die Wolle verarbeitet. Da Urion soviel unterwegs ist, hat er mir hier freie Hand gelassen. Und ich beabsichtige in nächster Zeit die Befestigungen abzuschließen. Parallel dazu entstehen die neuen Stallungen und Lagerschuppen. Letztlich soll das Gut in allen Bereichen autark produzieren können. Es steckt aber alles noch in den Kinderschuhen, ist mir aber jeden Tag Ansporn und Freude. Aber lieber Ardo, die meiste Arbeit fällt beim Führen der Bücher an. Es wird meist dann kompliziert, wenn Urion und Gerbald wieder mal untereinander hin und her handeln. Da meine Schwägerin in Hexenhain die Bücher führt, kannst du dir vorstellen, wie viel Freude wir haben, wenn mal drei Hauptbücher in unserer großen Halle nebeneinander liegen. Und dann kommt da noch unser geliebter und geachteter Cämmerer der Mark, Hilgert aus dem Finsterkamm hinzu. Aber auch der Meister der Mark feilscht um jeden zusätzlichen Knochen, den er bekommen kann.“

„Letzteres ist mir nur zu bewusst, auch wenn wir in Kressenburg nur ein Buch zu führen haben. Mein Vogt und Schwertvater lässt keine Gelegenheit aus mich über die finanzielle Situation zu unterrichten und zumeist sagt er, dass ich zu viel Geld ausgeben würde.“ Ein unbeschwertes Grinsen ließ erkennen, dass zumindest an der Tatsache nicht zu rütteln war. Seine Reisen und die standesgemäße Ausrüstung kosteten nun einmal Geld. „Manchmal glaube ich es wäre ihm lieber gewesen, wenn gar kein neuer Baron eingesetzt worden wäre und er weiterhin als alleinverantwortlicher Vogt hätte schalten und walten können. Die Kosten eines barönlichen Haushalts werden Phexian einige Löcher in die jährliche Abrechnung reißen, vor allem nachdem er nun sieben Götterläufe alles bestens geregelt hatte. Aber die gesteigerten Wünsche des Nebelsteiners sind ebenfalls nicht ohne. Möge Praios geben, dass wir die Wildermark bald wieder in den Griff bekommen und uns wieder auf den Finsterkamm konzentrieren können. Zwar ist es dort derzeit, nach allem was man hört, ruhig. Aber der Schwarzpelz wird nicht ewig in seinen Löchern bleiben. Dann wäre es gut den Rücken frei zu haben.“

Renzi lächelte: „Wahrscheinlich hat der alte Phexian ganz Recht, wenn er zur Disziplin bei den Ausgaben rät. Meistens sind diese es, die für das Loch in der Kasse verantwortlich sind. Und gerade in den Greifenfurter Landen gilt das viel mehr als im reichen Garetien. Aber nach deinen Schilderungen bin ich zuversichtlich, dass dein Vogt nicht mehr nur jammert wenn es wirklich kritisch sein sollte. Die Einnahmen kann man ja leider nicht so stark beeinflussen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass man bei den Frondiensten durchaus auch mal ein wenig mehr verlangen kann, wenn man dann anderswo etwas nachgibt. Dabei kommt es im Wesentlichen auf die Priorisierung der Arbeiten an. In Friedenszeiten versteht der normale Bauer nicht warum die Herrschaft die Befestigungen ausbaut. Und in Kriegszeiten hat er anderes zu tun, als die Abwässergräben und Feldmauern in Stand zu halten. In Kressenburg werden es wahrscheinlich eher die Wege und Straßen sein, sowie die Minenstollen und Nutzwälder, aber letztlich muss immer genau darauf geachtet werden, dass nichts verfällt, vielmehr es muss Neues geschaffen werden. Das Gleiche gilt für eine gewisse Vorratshaltung. Auch wenn das Leben hier in der Mark deutlich schwerer ist, als in der Goldenen Au. Seit ich hier bin habe ich festgestellt, dass genau diese Einfachheit den Märker auszeichnet. Zwar achtet jeder Edle ganz genau auf den Standesunterschied zu seinen Hörigen, aber wenn es nichts mehr zu essen gibt sterben halt beide den Hungertod, der Edle nur ein paar Tage später. Im Kampf gegen die Orks gilt es dann sowieso wieder gemeinsam zu streiten. Und dass es wirklich ruhig und beschaulich geworden ist, kann ich nicht bestätigen. Es kommt schon noch vor, dass sich einzelne kleine Raubtrupps über den Finsterkamm wagen. Erst vor gut zwei Monaten konnte Urion mit den Grenzreitern einen Trupp aufspüren, der sich im Finsterkamm versteckt hatte, nachdem er einen Freibauernhof im Donfangerschen überfallen und niedergebrannt hatte. Deshalb hat Urion auch alle Freien von Rosskuppe angewiesen stets gerüstet und bewaffnet zu sein.“

Diese Mitteilung überraschte Ardo dann doch. Wie konnte es sein, dass solche Meldungen nicht bis zu ihm durchgedrungen waren? Auch Phexian hatte nichts davon erzählt. Sicherlich hätte der alte Vogt auf mehr Bedeckung bestanden, wenn er von möglichen Räuberbanden gewusst hätte. Gut, Kressenburg lag so weit weg vom Finsterkamm, wie es in der Mark überhaupt nur möglich war. Trotzdem war der Schwarzpelz auch seine Aufgabe.

„Ich denke wir sollten die Nachrichtenwege überprüfen lassen. Irgendwer in der Kanzlei scheint geschlampt zu haben. Seit ich als Baron in Kressenburg sitze habe ich noch nicht eine Meldung über diese verlausten Orks gehört. Auf dem Baronsrat in Weiden diesen Traviamond habe ich sogar vollmundig verkündet, dass die Greifenfurter Wacht sicher sei und nichts zu vermelden hätte. So wie du es erzählst, Renzi, scheint da doch die eine oder andere Lücke in der Finsterwacht zu bestehen. Urion, wenn du wieder so eine Begegnung hast oder von Schwarzpelzen hörst, dann lass es mich doch bitte direkt wissen. Anscheinend hält man es in der Kanzlei nicht für notwendig, uns Kressenburger ins Bild zu setzen.“

Der junge Baron schaute ein wenig sauertöpfisch drein, ganz so als sähe er den Mangel an Informationen als persönlichen Affront. Tatsächlich machte Ardo sich nun mit einem Mal Sorgen, was ihm vielleicht noch alles entgangen sein könnte. Vielleicht sollte er sich gar durchringen und an den Keilholtzer Patriarchen schreiben, der seine Burg oben in Nebelstein hatte, dort wo die Berge und Pässe des Finsterkamms am höchsten waren.

Urion hob die Hand zu einer beschwichtigenden Geste. „Diese Nachrichten kann ich dir natürlich gerne zukommen lassen, aber glaube nicht, dass die Wacht am Finsterkamm jeden Ork, der übers Gebirge kommt, entdecken und ausschalten kann. Diese kleinen Trupps sind meist von ihren eigenen Clans verstoßen worden und suchen als Marodeure und Räuber ihr Glück in den Landen der Menschen. Selbst wenn es einem Wachtritter mal gelingt, die Burschen frühzeitig zu bemerken, bedarf es doch meist der Hilfe der Grenzjäger oder der örtlichen Barone. Und da dies lokale Vorkommnisse sind und die Trupps meistens vernichtet werden, melden wir es einfach nach Greifenfurt weiter. Danach kümmern wir uns meistens um den verursachten Schaden. Im letzten Fall haben meine Grenzreiter mit Genehmigung des Donfanger Barons beim Wiederaufbau des Hofes geholfen. Sollte es aber eine richtige Invasion geben, dann fungiert die Wacht vor allem als Meldekette und als Sammel- und Versorgungsstützpunk für die markgräflichen Truppen. Aber sei dir gewiss, diese Nachricht würdest du auch nicht von der Kanzlei erhalten, sondern von den Grenzjägern oder von einem meiner Botenreiter, mit der Bitte um Beistand.“ Er grinste. „Aber ich kann deinem Groll verstehen. Wie so häufig fließen die Informationen nicht so, wie sie es müssten. Dann gilt, dass zunächst vor Ort entschieden wird. Meistens habe ich schlichtweg nicht die Zeit, mir irgendwelche Befehle aus Greifenfurt einzuholen. Und was diese Orkstrupps angeht, ist mir die Meinung unseres verehrten Tilldans auch herzlich egal. Kopf ab und gut.“

Gerbald nickte: „Genauso, mein Junge, halte ich es auch mit Orks und anderem Gelichter. Neulich bat mich der Sindelsaumer um Hilfe bei der Jagd auf zwielichtiges Gesindel und Schmuggler aus dem Kosch, die immer wieder über die grüne Grenze nach Hexenhain flüchteten. Leider konnten wir nur einen dingfest machen. Den haben meine Armbruster aber gleich vor Ort aufgeknüpft. Weißt du, ich habe keine Zeit zu warten. Wenn die Schuld erwiesen ist, habe ich als Baron das Recht und die Pflicht auch vor Ort zu richten. Du weißt, dass mit der Ochsenbluter Urkunde den Baronen wieder die Halsgerichtsbarkeit zuerkannt wurde?“

„Ja, das war eines der ersten Dinge, die ich mir damals von Phexian habe erklären lassen. Zum Glück musste ich bisher eine solche Entscheidung nicht fällen. Dafür war ich wohl einfach zu selten im Lande. Abgesehen davon ist Kressenburg einfach ein ruhiger Ort. Ich will gar nicht daran denken, dass ich einmal über Leben und Tod entscheiden muss. Sicherlich, in der Schlacht habe ich auch schon getötet, aber da hieß es er oder ich. Eine Hinrichtung, jemand Wehrlosen zu töten, das käme mich nur schwer an.“ Man sah ihm deutlich an, dass hier seine Vorstellung von Ritterlichkeit mit den Rechten und Pflichten eines Barons kollidierten. Für den Moment jedoch ließ Ardo sich von Renzi wieder auf andere Gedanken bringen.

„Aber jetzt wollte ich euch noch einen der neuen Webstühle zeigen, die mit der Weberfamilie aus Hesindelburg gekommen sind. Nebenbei kannst du ja auch mal schauen, ob du Bedarf an meinem Wolltuch hast? Und wenn dein Preis für Bauholz das des Barons von Donfanger unterbietet, könnten wir uns sicherlich auch dort einig werden.“

Urion seufzte leise und Gerbald schmunzelte: „Unsere kleine fleißige und umtriebige Biene!“ Renzi stubste ihn und lächelte verlegen. Dann wies sie auf einen Hof, der am nördlichen Ende des Dorfplatzes stand und ritt darauf zu.

Ardo lachte kurz über Gerbalds Bemerkung und stellte fest, dass Renzi die verlegene Miene sehr gut zu Gesicht stand. Urion war für seine Familie wirklich zu beneiden und der Keilholtzer bemerkte überrascht, dass es ihn sehr traurig stimmte, dieses harmonische Beieinander zu beobachten. Fast kam er sich wie ein Eindringling vor. Er unterdrückte den Gedanken, auch wenn er das Gefühl nicht ganz loswerden konnte.

„Phexian wäre jetzt sicherlich Feuer und Flamme von deinen Ausführungen, Renzi. Aber du hast recht, warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.“ Er sah sich im Dorf um, während sie hindurch ritten. „Auch bei uns haben sich einige Tobrier niedergelassen und haben ihr Handwerk mitgebracht. Wolle haben wir in Kressenburg also genug für den eigenen Bedarf, wenn auch nicht viel mehr. Das mit dem Bauholz ist auch so eine Sache. Das meiste brauchbare Holz benötigen wir für die Zinnmine, der Rest geht als Teil der Abgaben nach Greifenfurt, um den Aufbau der Stadt zu unterstützen. Selbst jetzt, knapp zwanzig Götterläufe nach dem Orkensturm, ist dort vieles noch nicht wieder aufgebaut. Aber wenn ihr einen Gong für einen neuen Tempel oder Zinnfiguren für die Kinder braucht, damit kann ich dienen. Beste zwergische Handwerkskunst mit jahrhundertealter Tradition.“

Urion trat zur Tür und klopfte laut vernehmlich: „Liebste Renzi, werter Ardo, über das Geschäftliche lasst uns heute Abend bei einem Bier reden. Jetzt wollen wir doch mal schauen, ob die Dame des Hauses da ist?“

Die Tür wurde geöffnet und eine dralle Mitvierzigerin mit einer Teigrolle in der Hand stand im Rahmen. Urion trat einen Schritt zurück: „ Huch, welch höflicher Empfang Frau Tobelstein, oder erwartet ihr euren Gatten?“ Er grinste als die Frau die Herrschaften erkannte und in eine tiefe Verbeugung tauchte. Renzi gab ihr zu verstehen, dass sie sich wieder erheben konnte. „Nun Dana, ich habe hier hohe Gäste, die sich gerne einmal deinen Webstuhl ansehen würden. Dies ist der Baron von Kressenburg, Ardo von Keilholtz und seine Knappin Mechthild von Kieselholm.“ Dana verneigte sich wieder tief vor den beiden Adeligen und begrüsste sie: „Travia zum Gruße, Hochwohlgeboren, edle Dame. Willkommen in unserem bescheidenen Heim. Darf ich Euch etwas zu Trinken anbieten, während ihr euch den Webstuhl anschaut?“ Auf ein Nicken watschelte die korpulente Bauersfrau zu einer Anrichte auf der zwei zinnerne Humpen standen. Sie nahm sie und füllte aus einem Fass eine bräunliche Flüssigkeit ein. Dann kam sie zurück und reichte den Gästen die Humpen: “Auf Euer Wohl Hochwohlgeboren, es ist einfaches Bier, sicherlich kein Ferdoker, aber dafür obergärig und heute angezapft.“

Mechthild ließ es sich sofort schmecken. Der Ritt hatte sie durstig gemacht und zudem nutzte sie die Gelegenheit gutes unverdünntes Bier zu trinken. Wenn ihr Großonkel in Kressenburg Hof hielt, so gab es zumindest für Mannschaften und Gesinde nur Dünnbier. Zum einen weil es billiger war und zum anderen, weil er keine betrunkenen Bediensteten duldete. Auch Ardo ließ es sich wohlschmecken, trank jedoch deutlich bedächtiger als seine Knappin.

Renzi bat die Gäste ihr zu folgen und trat in einen großen Nebenraum, wo ein gewaltiger Webstuhl stand. Während die Bauersfrau auch die anderen mit Bier versorgte, diesmal allerdings aus Holzhumpen, erklärte Renzi Ardo voller Stolz die Funktionsweise des Gerätes. „Du musst wissen, dass dies eine Entwicklung ist, die wir damals, mit so wenigen anderen Dingen, aus unserer tobrischen Heimat retten konnten. Manchmal wenn ich den Webern zuschaue bekomme ich immer noch ein wenig Heimweh. Aber zurück will ich heute erst recht nicht mehr.“

„Na das will ich wohl recht verstanden haben“, meinte Urion gespielt empört, „schließlich hast du hier Haus und Hof zu versorgen und Kinder großzuziehen.“

Ardo war gut überrascht, als er die riesige Maschine stehen sah, die wohl die Hälfte des großen Raumes einnahm. Er hatte zwar bei seinen Bauern schon Webstühle gesehen, aber diese waren deutlich kleiner und einfacher gewesen. Die Erklärungen die Renzi dazu abgab ließen ihn den Webstuhl fast wie Zauberei erscheinen, aber er war sich sicher, dass der Zwergenälteste Kressenburgs zu allem nur genickt und wahrscheinlich noch Verbesserungsvorschläge gemacht hätte. Die Feinheiten der Mechanik waren einfach nicht sein Gebiet, stellte der Baron resignierend fest.

„Aber nun lasst uns wieder aufbrechen, damit wir pünktlich zum Abendessen wieder im Marstall sind.“ riet Gerbald, der nun auch dazu getreten war. „Ich hörte, wie die Brechlin heute erwähnt hat, dass es heute einen kräftigen Hexenhainer Eintopf gibt, und den möchte ich wirklich nicht verpassen.“ Zu Ardo gewandt spöttelte er: „Urion und Renzi behaupten ja immer ich käme nur zu Besuch, weil ich dann meinen geliebten Eintopf bekomme. Nun ja, nicht nur, aber wohl auch, weil meine Köchin auf Burg Weissenfels so hoffnunglos schlecht kocht. Auch meine Tochter Hesindiane, die Burgsassin, hat sich versucht, aber ohne Erfolg.“

Sie traten heraus ins Licht der Praiosscheibe und erkannten, dass sie schon ein gutes Stück am Firmament gen Efferd gewandert war. Sie saßen auf und ritten im gemächlichen Tempo zum Marstall zurück.