Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Auf der Koppel

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Breitenau

Markgräflicher Marstall in der Baronie Hexenhain

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae


Sie betrachteten noch eine Weile die Ausbildung der Zweijährigen, bis ein Reitertrupp in Schwadronsstärke vom Gut her auf sie zu geprescht kam. „Hej hoh, da kommt unser Mittagsmahl“.

Da lösten sich die ersten sieben Reiter seitlich aus dem Zug. Ardo und Mechthild konnten jetzt Renzi, Gerbald, Rondrian, Meran, Praiolin und ein ebenso altes Mädchen erkennen, welches dem Jungen zum Verwechseln ähnlich sah. Ardo fiel sofort auf, dass Baradur fehlte. Am gestrigen Abend hatte er bemerkt, dass sich dieser sehr stark auf seinen Stab stützen musste. Sicherlich war er von einer der letzten Missionen noch zu stark beeinträchtigt, um einen Ausritt zu verkraften.

Weiterhin fiel ihm auf, dass eines der Pferde, welches an Ihnen vorbei preschte ein rein weißer Fell hatte. Darauf würde er Urion bei Gelegenheit noch einmal ansprechen, hatte er doch bisher immer von Urion zu hören bekommen, wie wichtig Tarnung im Gefecht war.

Die Reiffenberger stoppten ihre Rösser, die alle aus der hiesigen Zucht stammten. Bis auf Renzi saßen alle umgehend ab. Ihr Pferd, ein Rapphengst tänzelte leichtfüßig hin und her, bevor es mit in den Vorderhufen einknickte. Ardo war schon halb auf dem Weg, die stürzende Edle aufzufangen als er erkannte, das sie nicht in Not war. Sie lehnte sich leicht zurück und balancierte das Gefälle aus. Dann ging der Hengst auch in den Hinterbeinen herunter und Renzi hatte etwas Mühe abzusteigen. Da keiner der Anwesenden Anstalten machte ihr zu helfen, hielt sich auch Ardo zurück. Renzi sah das erstaunen in Ardos und Mechthilds Augen und nach dem sich ihr Hengst wieder erhoben hatte sprach sie die beiden an. „Wundert euch nicht, meine Lieben. In den Kämpfen um Tobrien gegen den Spährenschänder Borbarad wurde ich verstümmelt und kann seither nur sehr eingeschränkt laufen. Dank der Künste meiner lieben Schwägerin und Freundin Meran hier“, mit einem Blick voller Dankbarkeit, Zuneigung und Freude blickte sie Meran an, „geht es zwar wieder etwas besser, aber es wird nie wieder ganz verheilen. Und Dank der Gelehrigkeit meines Gefährten,“ sie deutete auf Ihr Pferd, „ist das Pferd nun an die Stelle meiner Beine getreten.“ Sie lächelte und tätschelte ihr Perd.

Jetzt erst merkte Ardo, dass ihm die Gebrechlickeit der jungen Frau gestern gar nicht aufgefallen war. Urion hatte sie am Arm geführt, wie es sich gehörte und von ihrer Statur her sah Renzi nicht nur wie eine Kriegerin aus. Auch ihre Bewegungen deuteten auf eine gewandte Kämpferin hin. Auch sie trug eine leichte Lederrüstung und ein Schwert an ihrer Seite. Am Sattel des Pferdes war der rote Schild mit dem steigenden weißen Ross der Reiffenbergs befestigt.

„Bitte verzeiht die ungebührliche Neugier. Ich bin auch überrascht über die Kunstfertigkeit des Pferdes. Von derlei Kunststücken habe ich aus dem Almadanischen gehört, doch diese sicherlich nicht bei einem Greifenfurter Kalten erwartet.“ Ardo war es sichtlich unangenehm, dass er so tölpelhaft auf Renzis Gebrechen aufmerksam geworden war, aber die Frau wischte seine Gedanken mit einem herzlichen Lächeln beiseite. Ihm wurde klar, dass er sicherlich nicht der erste gewesen war, der sich über die Auswirkungen ihrer verdeckten Kriegsverletzung gewundert hatte.

„Soviel dazu, aber ich denke ihr werdet bereits hungrig und durstig sein,“ meinte Renzi, und sie, Meran und Rondrian begannen ihre Satteltaschen zu leeren. Zum Vorschein kamen kleine Pakete und zinnerne Krüge und Becher. Gerbald löste einen großen Schlauch von seinem Streitross und gab es frei. Die Reitknechte traten heran und bekamen ebenfalls zwei Packen gereicht.

Dann errichten sie in den Ecken der Koppel zischen den hölzernen Gitterstangen mit Brettern zwei kleine Tische. Mechthild lief das Wasser im Munde zusammen. Der Duft welcher aus den Paketen aufstieg, roch köstlich. Sie freute sich schon auf die Reste des kalten Schweinsbraten, frisches Brot und Zwiebeln.

Die Reitknechte hatten bereits mit Ihrer Mahlzeit begonnen, als Renzi den Gästen Ihre Portion reichte. „Guten Appetit und lasst es Euch schmecken. Übrigens diese junge Dame hatte ich euch noch gar nicht vorgestellt,“ sie wies auf das Mädchen. „Das ist Merans Tochter Madalieb, die Zwillingsschwester von Praiolin. Sie hat die Gabe ihrer Mutter geerbt und wird uns nach dem Sommer gen Gareth verlassen, um ebenfalls ihre Ausbildung zu beginnen.“ Das Mädchen verneigte sich höflich.

„Oh wirklich?“ Mechthild vergaß für einen Moment ihre sonstige Zurückhaltung und sah das Mädchen mit freundlicher Neugier an. „Vielleicht siehst du ja dann meinen Bruder. Baldasar ist jetzt schon fast ein ganzes Jahr mit Mutter in Gareth.“

Mit ihren stahlblauen Augen musterte Madalieb das ältere Mädchen. Der Blick erschien Mechthild eisig, aber das Lächeln, welches das Kind ihr schenkte wahr aufrichtig und warm. „Stell dir vor, mich haben sie auf der Akademie der magischen Rüstung angenommen. Mutter meinte, die Schwert und Stab sei seid ihrem Umzug nach Gareth nicht mehr das, was sie noch in Beilunk war, obwohl Foslarin noch immer sein eisernes Regiment führt. Wo ist denn dein Bruder? Es wäre ja schön einen Kameraden aus Greifenfurt zu haben.“

Die Knappin war durch den Kontrast der Augen zum restlichen Gesicht ein wenig verunsichert, bemühte sich jedoch, das nicht zu zeigen. Immerhin war sie die Ältere. „Baldasar ist ebenfalls auf der Akademie zur magischen Rüstung, wie meine Mutter vor ihm. Ich werde ihm von dir schreiben. Dann kann er dir gleich alles zeigen, wenn du ankommst.“ Mechthild wusste aus seinen Briefen, wie einsam es für ihren Bruder an der großen Akademie geworden war, nachdem ihre Mutter inzwischen wieder ihren Pflichten für die Weiße Gilde nachgehen musste. Sie strahlte über das ganze Gesicht bei dem Gedanken, dass er nun bald nicht mehr so allein in der Fremde sein würde.

„Das wäre sehr nett von dir, Mechthild“, Madalieb zeigte ein dankbares Lächeln, „Wie sieht er denn aus? Schließlich muss ich ja irgendwie erkennen“, sie sah an sich herab auf ihr eigenes schlichtes Gewand und grinste, „obwohl, er sich wahrscheinlich, wie auch ich, aus den feinen garetischen Schülern, durch sein einfaches Gewand abhebt.“

„Halte einfach nach einem großen blonden Jungen mit Sommersprossen und braunen Augen Ausschau. Wenn er mir dann auch noch ein wenig ähnlich sieht, hast du Baldasar gefunden. Was die Kleidung angeht hast du wahrscheinlich recht. In Perricum und Gareth tragen sie heutzutage ganz komische Sachen. Diese Nebachoten haben Stoffe, die sind so dünn, da kann man durchschauen! Ich will nur hoffen, dass diese Mode nicht bis nach Greifenfurt durchdringt, denn ich würde mich schämen so etwas zu tragen.“